Wirtschaft

Gastbeitrag von Holger Zinke zur deutschen Volkswirtschaft

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Der Mikro- und Molekularbiologe Dr. Holger Zinke, Gründer des Biotechnologieunternehmens Brain in Zwingenberg, fordert in Sachen Wettbewerbsfähigkeit ein „Umparken“ im Kopf.

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ZWINGENBERG – Meine Unternehmerkollegen und ich werben seit Jahren mit der Initiative „Ein Prozent für die Zukunft“ für ein politisches „Umparken im Kopf“. Wir fordern Incentives (Anreize) auf Anlegerebene zur Mobilisierung von einem Prozent des anlagesuchenden Kapitals für Technologieunternehmen. Denn es geht bei den Themen Start-ups, Venture Capital und Kapitalmarkt eben nicht um öffentliche Förderung kleiner und kleinster Anfänge, sondern um knallharte Industriepolitik: Eine Erneuerung der industriellen Strukturen, deren Produkte und Geschäftsmodelle hierzulande gerne 100 Jahre alt sind, ist für jede Volkswirtschaft essenziell. Und diese Erneuerung geht nur über neue, wachstumsstarke Unternehmen mit neuen Technologien und Geschäftsmodellen. So ist die IT-Industrie entstanden, und so ist die Biotech-Industrie entstanden, beide mit Hunderten von Unternehmen, hunderttausenden von Arbeitsplätzen und Milliardenwertschöpfungen. Aber eben nicht hierzulande.

Im Jahre 2019 gab es bis zum heutigen Tag keinen einzigen Börsengang hierzulande. Schon gar nicht von einem wachstumsstarken Technologieunternehmen und erst recht nicht von einem Biotechnologieunternehmen, einer der Wachstumsbranchen überhaupt. Das ist für eine Industrienation, Exportweltmeister und selbsternannten Technologieführer (und ehemalige „Apotheke der Welt“) nicht zu akzeptieren. Deshalb ist der Ruf nach einer Reaktivierung eines innovationsorientierten Kapitalmarkts kein Ruf nach Subventionen oder Steuergeschenken, sondern schlicht eine Erinnerung an vernünftige Industriepolitik, wozu auch ein funktionsfähiges Kapitalmarktökosystem mit all den Einzelakteuren dazugehört. Auch die „grünen Technologien“ hängen davon ab. Der Staat hat die Rahmenbedingungen zur Mobilisierung von (privaten) Investitionen zu schaffen. Nicht mehr und nicht weniger. Das hat in der Gründerzeit im 19. Jahrhundert funktioniert, das funktioniert heute in den USA, aber auch in Kanada, in Großbritannien, in Israel. Diese Volkswirtschaft fällt im internationalen Wettbewerb dramatisch zurück, stattdessen wird politische Innovationsfolklore betrieben.

ZUR PERSON

Dr. Holger Zinke Jahrgang 1963, ist Mikro- und Molekularbiologe, Gründer und 1993-2015 CEO des Biotechnologieunternehmens Brain in Zwingenberg. Er ist engagiert im gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Diskurs zum biobasierten Wirtschaften, seit 2009 Mitglied des Bioökonomierates,Träger des Deutschen Umweltpreises.

Wichtig für Deutschland: Wagniskapital schafft neue Jobs

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