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Bei der Bahn-Tochter DB Cargo spitzt sich die Lage zu

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Weil Fachpersonal fehlt, kann DB Cargo Kunden nicht entsprechend bedienen. Deren Zufriedenheit sank 2018 auf ein historisches Tief, das operative Ergebnis auf ein Rekordminus.

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FRANKFURT/MAINZ – Ganze zwei Sätze widmete Alexander Doll, im Bahn-Vorstand unter anderem für den Güterverkehr zuständig, in seiner Rede zur Bahn-Bilanz der angeschlagenen Tochter DB Cargo. Dabei sind die Probleme des Bereiches, der für den Gütertransport auf der Schiene zuständig ist, maßgeblich mit dafür verantwortlich, dass der Gewinn des Gesamtkonzerns 2018 um 30 Prozent auf 542 Millionen Euro absackte.

Im zweitletzten Satz der Pressemeldung wird das Unternehmen etwas deutlicher und spricht bei DB Cargo, die in den Zentralen in Frankfurt und Mainz knapp 1500 Mitarbeiter beschäftigt, von einer „unbefriedigenden Situation“. Das ist noch harmlos ausgedrückt. Denn intern gelten die 2018er Zahlen als Desaster. Nahezu alle Kenngrößen, die man eigentlich verbessern wollte, verschlechterten sich weiter.

Beispiel operatives Ergebnis: Hatte das Management nach Informationen dieser Zeitung für dieses Jahr ein positives Ebit (Ergebnis vor Steuern und Zinsen) von 16 Millionen Euro angestrebt, stand 2018 am Ende mit 190 Millionen Euro ein mehr als doppelt so dickes Minus zu Buche als im Vorjahr. Die Pünktlichkeit wollte man wenigstens auf 75 Prozent hieven, doch es blieb in etwa beim schlechten 2017er Wert: Nur 72,8 Prozent der Züge kamen 2018 pünktlich an.

ZAHLEN 2018

Beförderte Güter: 255,5 Millionen Tonnen (– 5,7 Prozent)

Verkehrsleistung (Güter bezogen auf eine bestimmte Strecke): 88,24 Milliarden Tonnenkilometer (– 4,8 Prozent)

Mitarbeiter: 28 842 (+ 585)

Pünktlichkeit sinkt in Deutschland weiter

Und dieser Wert konnte dem Bahn-Geschäftsbericht zufolge auch nur gehalten werden, weil die Züge, die jenseits der deutschen Grenzen unterwegs sind, den Fahrplan 2018 besser einhalten konnten als 2017. In Deutschland hingegen ging die Pünktlichkeit weiter zurück. Die Folge: Der Index, mit dem DB Cargo per Befragung die Zufriedenheit der Kunden misst, sackte von 67 auf 60 und damit auf ein historisches Tief. 100 wäre optimal, 75 gilt bereits als gut. Kunden sprangen ab; sie wieder zurückzuholen, gilt als extrem schwierig.

Als Gründe für den zunehmenden Zeitverzug werden im Geschäftsbericht neben „Ressourcenengpässen“ ein „stark ausgelastetes“ Schienennetz sowie „externe Störereignisse“ genannt. Etwa das Orkantief Friederike oder die Streiks in Frankreich. In Unternehmenskreisen werden Letztere als „Alibi-Erklärungen“ bezeichnet. Denn solche Beeinträchtigungen gebe es immer wieder; sie könnten das stark rückläufige Geschäft nicht erklären, heißt es. Obwohl der Gütertransport auf der Schiene allgemein zulegt, sank bei DB Cargo der Frachtumsatz nach Informationen dieser Zeitung 2018 um gut 150 Millionen Euro (fünf Prozent) auf knapp drei Milliarden Euro. Davon schlagen Insider-Schätzungen zufolge rund 100 Millionen Euro auf das operative Ergebnis durch.

Verantwortlich ist vor allem der Mangel: an Loks und Güterwagen und an Personal insbesondere im operativen Bereich (Lokführer, Rangierer, Wagenuntersucher). Im Jahresdurchschnitt soll sich letzterer Mangel 2018 auf 360 Fachkräfte belaufen haben, in der Hochsaison seien es bis zu 600 gewesen, heißt es. Die Folge: Immer mehr Züge stehen, anstatt zu fahren. Im Durchschnitt des Jahres standen pro Tag Insidern zufolge 86 Züge, im Oktober waren es sogar 150. Leistung und Qualität seien insgesamt so schlecht gewesen, dass man noch nicht einmal vom historischen Niedrigwasser des Rheins habe profitieren können, ist zu hören. Intern wird befürchtet, dass der Marktanteil in Deutschland 2018 unter die magische Grenze von 50 Prozent gesunken ist. Genaue Zahlen liegen noch nicht vor. 2008 lag der Marktanteil noch bei fast 80 Prozent.

2019 will das Management laut Geschäftsbericht nun die Trendwende schaffen und setzt dabei auf eine „konsequente Wachstumsstrategie“. Im Unternehmen mag man daran nicht glauben. Wenn man schon das Tagesgeschäft nicht geregelt bekomme, könne man auch keinen zusätzlichen Güterverkehr auf die Schiene ziehen, ist zu hören. DB Cargo investiert zwar bereits massiv in Güter und Loks und stellt auch verstärkt Personal ein. Doch die erhoffte schnelle Abhilfe kann das Firmenkreisen zufolge nicht bringen. Erstens gibt es einen harten Konkurrenzkampf um die Fachkräfte. Zweitens müssen die neuen Mitarbeiter, meistens Quereinsteiger, noch aufwändig qualifiziert werden. Und das dauert. Nach Informationen dieser Zeitung geht man intern davon aus, den Personalmangel frühestens im Herbst 2020 in den Griff zu bekommen. Und das sei noch eine optimistische Prognose.

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