Wirtschaft

YouTube droht Europa mit Blockade

0

EU-Parlament, Kommission und Europäischer Rat suchen eine Lösung im Streit um die europäische Urheberrechtsreform. Kritiker fürchten, dass Inhalte im Internet zensiert werden.

Jetzt teilen:

WIESBADEN – Die Europäische Union will bei der Videoplattform YouTube den Stecker ziehen. Tausenden Kreativen droht das Aus. Das ist zumindest die Überzeugung vieler YouTube-Stars, die ihre jugendlichen Fans derzeit auf allen Kanälen kräftig einheizen. Anlass für die Kampagnen ist die geplante EU-Urheberrechtsreform, um die eine regelrechte Lobbyschlacht entbrannt ist.

Die Weichen werden an diesem Donnerstag gestellt. Europaparlament, EU-Kommission und Europäischer Rat treffen sich, um einen Kompromiss auszuloten. Die Europaabgeordneten hatten im September überraschend die Initiative für ein striktes Urheberrecht beschlossen. Der heftig umstrittene Artikel 13 sieht eine direkte Haftung von Internetplattformen wie YouTube vor, wenn es zu Urheberrechtsverletzungen kommt. Die Haftung für alle Rechtsverletzungen, die ein vorgeschalteter Filter nicht findet, soll bestehen bleiben.

YouTube-Chefin Susan Wojcicki kritisiert auf ihrem Blog, dass das alle Internetunternehmen unfassbaren finanziellen Risiken aussetze, da viele Rechte nicht geklärt seien. Zur Not müsse YouTube Europa für bestimmte Inhalte blockieren. Die EU-Ratspräsidentschaft will daher die Internetplattformen von der Haftung befreien, wenn sie Urheberschutzfilter einsetzen und bei Beschwerden, wenn trotzdem geschützte Inhalte wie Videos oder Musik durchrutschen und auf YouTube veröffentlicht werden, schnell löschen. Wer sich durchsetzt, gilt als offen.

Der Berichterstatter im Europaparlament zur Urheberrechtsreform, Axel Voss (CDU), hofft, dass in den sogenannten Trilogverhandlungen insbesondere zu Artikel 13 eine Einigung erzielt werden kann. „Die Reform der Haftung der Plattformen ist immens wichtig für das Überleben unserer europäischen Kreativindustrie“, betont Voss auf Anfrage. Die Künstler gingen zurzeit komplett leer aus und „müssen endlich an den riesigen Einnahmen von YouTube und Co. beteiligt werden“.

Aus Sicht des Bundesverbands der Musikindustrie (BVMI) ist YouTube mit 1,3 Milliarden Nutzern der größte Musik-Streamingdienst der Welt. „Weil YouTube sich aber konsequent weigert, am Markt verhandelte Lizenzen zu zahlen, trägt Videostreaming dieser Internetplattform gerade einmal 2,2 Prozent zum Umsatz der Musikindustrie bei“, kritisiert der BVMI-Vorstandsvorsitzende Florian Drücke. „Audiostreaming via Spotify oder Apple dagegen hat einen Umsatzanteil von 47 Prozent.“ Das Ungleichgewicht führe seit vielen Jahren zu einer deutlichen Marktverzerrung. „Es kann nicht sein, dass ein großer Dienst, der massiv kreative Inhalte Dritter nutzt und durch Kuratierung und Werbeschaltungen daran verdient, diese Dritten nicht angemessen an den Erlösen beteiligt.“

Der Digitalverband Bitkom hält dagegen die Urheberrichtlinie für nicht entscheidungsreif. Trotz intensiver Verhandlungen sieht der Verband bis dato keine inhaltlichen Verbesserungen. Mit der Richtlinie bestehe die Gefahr, dass Internetplattformen sämtliche Inhalte einzelner Nutzer bereits vor dem Hochladen auf vermeintliche Urheberrechtsverletzungen hin prüfen und bei potenziellen Rechtsverletzungen maschinell blockieren müssen – egal ob Texte, Bilder, Musik, Videos oder Software. „Wenn sie solche Uploadfilter verlangt, muss sich die EU zu Recht den Vorwurf der Zensur gefallen lassen“, erklärt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Zahlreiche Plattformen, die Inhalte Dritter speichern, könnten betroffen sein.

Piraten: Parodien und Memes sind gefährdet

„Uploadfilter verdrehen die Unschuldsvermutung“, schreibt die Europaparlamentarierin Julia Reda (Piraten) in einer Stellungnahme. Der Nutzer gelte als schuldig, solange nicht bewiesen sei, dass er unschuldig ist. „Damit ist garantiert, dass absolut legale Inhalte zurückgehalten werden – insbesondere im Fall von Parodien, Memes und anderen kreativen Werken, die auf existierenden Werken aufbauen.“

Verstopfte Nase frei bekommen ohne Medizin

Previous article

Bahn mit neuem Tarifangebot – Streik vorerst nicht in Sicht

Next article

You may also like

Comments

Leave a reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

More in Wirtschaft