Wirtschaft

Vom Tellerwäscher zum Milliardär

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HANGZHOU/LÜTTICH – Nahezu jeder kennt Alibaba und die 40 Räuber aus Tausendundeine Nacht. Auch einem jungen Chinesen gefiel die Geschichte vom armen Holzsammler, der per Zufall an die Formel gelangt, wie ein Felsen den Weg zu einem Schatz freigibt. Jack Ma heißt dieser Chinese, der 1999 die Online-Plattform Alibaba gründete. Mit einem Startkapital von rund 60 000 US-Dollar. „Alibaba öffnet Sesam für kleinere und mittlere Unternehmen“, sagte er einmal.

Heute sind Jack Ma und seine Plattform Giganten des Online-Handels. Alibaba kontrolliert rund zwei Drittel des chinesischen Internet-Handels. Und der zählt rund 800 Millionen Nutzer. Der Umsatz belief sich 2018 auf knapp 40 Milliarden Euro, das Ergebnis vor Steuern auf 13,2 Milliarden Euro. Das bedeutet eine Marge von 33 Prozent. Ma hat für Alibaba ein großes Ziel: die Eroberung des globalen Online-Handels.

Gelegenheitsjobs und eine Stelle als Übersetzer

Die Geschichte von Jack Ma selbst, der gebürtig Ma Yun heißt, ist, so schreiben es viele Zeitungen, die des Tellerwäschers. 1964 hineingeboren in die chinesische Kulturrevolution, brauchte er mehrere Anläufe für die Uni-Aufnahmeprüfungen, bis es endlich mit dem Englisch-Studium klappte. Zuvor hielt er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Als die Fastfood-Kette Kentucky Fried Chicken nach China kam, bewarben sich 24 Chinesen auf die Jobs in einem der neuen Restaurants. Jack Ma wurde als einziger Bewerber abgelehnt.

Als Übersetzer kam er 1995 mit einer Handelsdelegation in die USA – und dort zum ersten Mal in Kontakt mit dem Internet. Als er die Wörter „China“ und „Bier“ eingab, spuckte ihm die Suchmaschine keine Treffer aus. Und Bier gibt es in China in rauen Mengen. Welch ein Potenzial. Die Idee zu Alibaba reifte heran.

Heute gilt Jack Ma mit einem geschätzten Vermögen von rund 32,5 Milliarden Dollar als der reichste Mann Chinas. Jetzt greift er nach dem europäischen Markt. Denn im belgischen Lüttich baut das Unternehmen nach eigenen Angaben ein gigantisches Logistikzentrum. Ein Drehkreuz mit einer Fläche von 220 000 Quadratmetern. In Betrieb gehen soll es 2021. In Afrika und Südostasien konnte Ma solche Megaprojekte bereits umsetzen. In Bulgarien soll ebenfalls ein Versandlager entstehen. Mindestens 13 Milliarden Euro will Alibaba in den nächsten fünf Jahren in die globale Expansion stecken.

Von Lüttich aus sollen europäische Unternehmen Ware nach China liefern. In den kommenden fünf Jahren im Wert von mehr als 200 Milliarden Euro. Und natürlich soll der Handelsweg auch in der umgekehrten Richtung verlaufen. „Das neue Drehkreuz in Lüttich ist realistisch betrachtet der Baustein eines viel größeren Plans“, sagte Olaf Rotax, Managing Director des Digitalberatungsunternehmens dgroup, dem „Handelsblatt“. Die Chinesen bauten nicht weniger als ein „digitales Pendant zur Welthandelsorganisation“, so Rotax.

Und tatsächlich heißt die neu entwickelte Plattform „Electronic World Trade Platform“ (EWTP). Alibaba klingt nach Amazon, hat aber mit EWTP ein völlig anderes Konzept. Amazon ist selbst ein Handelsunternehmen und ermöglicht anderen Online-Händlern auf seinem Marktplatz den Verkauf ihrer Waren. Alibaba tritt mit dagegen als reine Vermittlungsplattform auf. Der Käufer wird direkt mit dem Hersteller in Kontakt gebracht.

Das Unternehmen ist hungrig. So hat der Internetkonzern das aufstrebende Berliner IT-Unternehmen Data Artisans übernommen. Auch Zalando wird als potenzieller Kandidat gehandelt. Selbst die Übernahme von Supermarktketten in Deutschland wird nicht mehr ausgeschlossen.

Im September tritt Ma als Alibaba-Chef ab

Alibaba kennt sich in der Branche aus, betreibt in China die Hema-Supermärkte. Die Kunden checken mit dem Handy ein und bekommen die Einkäufe per E-Scooter innerhalb von 30 Minuten nach Hause geliefert. Bezahlt wird über die Alibaba eigene Alipay-App.

Ma hat die großen Ziele vorgegeben, erreichen müssen sie künftig andere. Im September tritt er als Vorstandsvorsitzender ab. Er wolle sich dann vor allem wohltätigen Aufgaben widmen, schrieb er im September 2018 in einem offenen Brief.

DAX: Schlusskurse im XETRA-Handel am 15.01.2019 um 17:56 Uhr

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