Wirtschaft

Datenbrille ermöglicht Besichtigung vor dem Hausbau

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Virtuelle Touren revolutionieren die Arbeit der Immobilienmakler. Aber noch wird die Technik nur zögerlich eingesetzt. Die Naspa sieht sich als Pionier der Virtuellen Realität.

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WIESBADEN/FRANKFURT – Ein Haus betreten, bevor es gebaut worden ist? Mit der Datenbrille ist das kein Problem. Die Haustür öffnet sich, langsam taste ich mich im Wohnzimmer vorwärts. Die bis zum Boden gezogenen Fenster erlauben die freie Sicht auf den grünen Garten. Mit jeder Kopfbewegung erkunde ich eine andere Zimmerecke. Der nächste Blick geht hoch zur Galerie, wo die Küche untergebracht ist. Da ich mich zunächst nicht auf die virtuelle Treppe traue, beame ich mich einfach per Joystick in das nächste Stockwerk. Mit einem Klick verändere ich die Fliesen im Bad, um das Raumgefühl mit schwarzem Boden zu erleben. Das ist zu düster, also wieder zurück. Ein zaghafter, vorsichtiger Blick geht die Treppe runter. Denn wer zu schnell unterwegs ist, der spürt schon mal ein flaues Schwindelgefühl im Magen.

Das Architektenhaus in Kiedrich gibt es noch nicht. Die Immobilien GmbH der Nassauischen Sparkasse in Wiesbaden hat bei der Dortmunder Materna TMT die Immobilie komplett virtuell bauen lassen. „Die Resonanz ist extrem positiv“, berichtet Geschäftsführer Oliver Schwank. Anfänglich noch etwas unsicher auf den Beinen, habe sich der Kunde schnell in der virtuellen Realität (VR) zurechtgefunden. Mit 25 000 Euro war der Test nicht gerade kostengünstig. Die Technik ermögliche aber das Erleben einer Immobilie, als wäre man vor Ort. Schwank will VR auch bei weiteren Objekten nutzen. „Wir sehen uns als Pionier unter den Maklern.“

„Viele Unternehmen reagieren noch zurückhaltend, wenn es um den Einsatz der Technik in der Objektvermarktung geht“, kritisiert der Chef des Karlsruher VR-Entwicklers Inreal Technologies, Enrico Kürtös. In den USA und Asien werde Virtual Reality bereits häufiger genutzt. Die Art, wie Häuser gebaut und verkauft werden, verändere sich. „Virtuelle Gebäudebegehungen werden in fünf Jahren Standard in der Immobilienvermarktung sein.“ Damit könne beispielsweise die Aufteilung von Büroräumen simuliert und ausprobiert werden. „Das spart Zeit und Geld.“ Für die Sanierung des Bürogebäudes „Morrow“ im Frankfurter Westend seien beispielsweise in wenigen Wochen hunderte Quadratmeter virtuell abgebildet worden. „Wir konnten zeigen, wie zwei der zehn Stockwerke aussehen und wie sie genutzt werden könnten.“ Das verschaffe dem Projektentwickler Planungssicherheit.

VIRTUELLE REALITÄT

Bei Virtual Reality (VR) wird mithilfe des Computers ein dreidimensionales Bild simuliert. Der Nutzer taucht mit einer Datenbrille in eine virtuelle Umgebung ein und kann sich in ihr bewegen. Erste Anwendungen gab es bereits in den 1990er Jahren. Aber erst mit der verfügbaren höheren Rechnerleistung und besseren Grafikkarten werden VR-Anwendungen häufiger eingesetzt.

„Virtuelle Besichtigungen werden den Makler aber nicht überflüssig machen“, heißt es beim Immobilienverband IVD in Berlin. Aber er werde mehr Zeit für Beratung und Prüfung haben. Simple VR-Anwendungen per App auf dem Handy bieten bereits Technologiefirmen wie die Berliner Ogulu und AllVR. Dabei geht es vor allem um bereits bestehende Immobilien, die abgefilmt und dreidimensional in 360-Grad-Touren präsentiert werden. Auch einige Internetportale nutzen diese abgespeckte VR-Technik. Für Architekten und Projektentwickler bieten sie wesentlich ausgefeiltere und aufwendigere VR-Lösungen, wo verschiedene Anwender gleichzeitig im virtuellen Raum Raumzuschnitte und -ausstattungen live verändern und diskutieren können.

„Die Datenbrille wird aber nur eine Brückentechnik sein“, ist sich der Wiesbadener Immobilienexperte Schwank sicher. Die Zukunft gehöre der Holografie. Mit dieser Laser-Technik könne mit dem Handy eine Immobilie virtuell aufgezogen werden. Die Wohnung scheine bei der Betrachtung frei im Raum zu schweben. Viel realistischer gehe es kaum. „Das ist aber noch Zukunftsmusik.“

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