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„Commerzbank ist kein Ersatzteillager“

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Aktionäre der Commerzbank sind glücklich über den Abbruch der Fusionsgespräche mit der Deutschen Bank. Aber sie wollen auf der Hauptversammlung in Wiesbaden wissen, wie es weiter geht.

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WIESBADEN – Der abgestürzte Aktienkurs der Commerzbank treibt den Privatanlegern Tränen in die Augen, aber die abgesagte Fusion mit der Deutschen Bank sorgt für hörbares Aufatmen. Doch nun wollen die Aktionäre auf der Hauptversammlung in Wiesbaden wissen, wie es weitergeht. Commerzbank-Chef Martin Zielke vertröstet die rund 1100 anwesenden Aktionäre allerdings auf den Herbst. Dann will der Vorstand eine „nachgeschärfte Strategie“ vorlegen. Im September trifft sich der Vorstand mit dem Aufsichtsrat zu seiner jährlichen Strategiesitzung und will danach die Ergebnisse präsentieren.

Aktionärsvertreter Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) will nicht bis zum Herbst warten. „Reichen die Neukundengewinne aus, um in Zeiten von Niedrigzinsen, Hyperregulierung und Digitalisierung Geld zu verdienen“, lautet seine von Beifall begleitete Frage. Schafft es die Commerzbank „stand alone“ zu bestehen oder muss die zweitgrößte deutsche Privatbank Partnerschaften mit europäischen Wettbewerbern eingehen? Und glaubt Zielke als Vorstandschef überhaupt an eine Eigenständigkeit, wo er doch als einer der größten Befürworter einer Fusion mit der Deutschen Bank gegolten hat?

In diese Kerbe schlagen mehrere Aktionärsvertreter an diesem Tag. „Das zinsgetriebene Geschäft mit Privat- und Mittelstandskunden allein wird nicht ausreichen“, betont Klaus Kienle von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Damit sei bisher nur eine noch stärkere Erosion der Ertragsbasis verhindert worden. Die digitale Disruption zwinge den Vorstand aber, die Bank völlig neu zu denken.

Vorstandschef Zielke verteidigt die Gespräche mit der Deutschen Bank, da der Vorstand alle Optionen prüfen müsse, das Institut einfacher, besser und schneller zu machen. Aber die Risiken und Kosten einer Fusion seien zu groß gewesen. „Wir werden alle Möglichkeiten des Wachstums nutzen. Das schließt Partnerschaften nicht aus“, berichtet Zielke. Es gebe keine konkreten Gespräche mit der ING, dessen Chef er zweimal in den vergangenen Monaten getroffen habe, wie andere Konkurrenten auch. Der Commerzbank-Chef setzt weiter auf Kundenwachstum. Das Ziel von zwei Millionen Neukunden Ende 2022 werde erreicht, da sei er zuversichtlich.

Doch die Aktionäre sind enttäuscht von den aktuellen Zahlen, an den Erfolg einer Fusion mit wem auch immer glauben sie aber nicht. Egal ob die italienische Unicredit oder die niederländische ING gehandelt werden, die Commerzbank sei „kein Ersatzteillager für die Konkurrenz“, betont Wolfgang Aleff von der Gesellschaft für Wertpapierinteressen. Das Fusionsgespenst mit der Deutschen Bank sei gebannt, man werde glücklicherweise nicht zum „Organspender“ für einen vermeintlichen Branchenprimus. Doch solange der Börsenwert unter dem Buchwert liege, sei die Gefahr nicht gebannt.

Seit der letzten Hauptversammlung haben die Commerzbank-Aktien rund ein Drittel ihres Werts eingebüßt. Im Herbst 2018 stieg die Commerzbank aus der ersten Börsenliga in den MDax ab. Da sind Anteilseigner schon froh, dass es eine Ausschüttung gibt, und entlasten Vorstand und Aufsichtsrat. „Eine Dividende von 20 Cent könnte depressive Schübe auslösen, aber immerhin gibt es überhaupt eine Dividende“, sagt Aktionärsvertreter Kienle. Nun hoffen die 1100 Anteilseigner, dass sie im nächsten Jahr mehr wissen. Klar ist, dass die Hauptversammlung wieder in Wiesbaden und nicht in Frankfurt stattfinden wird. Zielke macht klar: Aus Gründen guter Erreichbarkeit, geeigneter Räume und vertretbarer Kosten bietet Wiesbaden für die „Hauptversammlung die optimalen Voraussetzungen“.

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