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Umstrittener Artikel 13: SPD-Mann mit dringendem Appell an Merkel und Barley

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Nach EU-Abstimmung

Umstrittener Artikel 13: SPD-Mann mit dringendem Appell an Merkel und Barley

Urheberrechtsreform: Artikel 13 und Artikel 11 sind umstritten. Die EU stimmte heute über einen Kompromiss ab, den Unterhändler mit den EU-Staaten verhandelt hatten.

Umstrittener Artikel 13: Appell an Merkel und Barley

Update 27. März 2019, 07.12 Uhr: Nach der Zustimmung des Europaparlaments zur Reform des Urheberrechts sind nun die EU-Staaten erneut am Zug. Sie müssen dem Kompromiss noch einmal zustimmen. Dies hatten sie – auch mit einem deutschen Ja – im Februar schon einmal getan. Als möglicher Termin für das neue Votum gilt der 9. April. Die Gegner erhoffen sich, dass die Bundesregierung die Zustimmung dann verweigert. Das gilt jedoch als unwahrscheinlich. Falls die EU-Staaten erneut zustimmen, hätten sie rund zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln in nationales Recht umzusetzen.

Der SPD-Europapolitiker Tiemo Wölken rief die Bundesregierung dazu auf, dem Vorhaben nicht erneut zuzustimmen. „Katarina Barley (SPD) als Justizministerin und die Bundeskanzlerin sollten ihre Zustimmung zu der Urheberrechtsreform nun überdenken“, sagte Wölken der „Rheinischen Post“ (Mittwoch). Durch ein deutsches Nein wäre die nötige Mehrheit unter den EU-Staaten unwahrscheinlich.

Barley hatte am Dienstag das Votum bedauert, aber nicht erkennen lassen, dass sie ihre vorherige Zustimmung zurückzieht. In der ARD verwies die SPD-Politikerin auf die zweijährige Umsetzungsfrist und betonte, alle Beteiligten müssten nun schauen, die Richtlinie so „userfreundlich“ wie möglich umzusetzen, um eine größtmögliche Freiheit im Netz zu erhalten.

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EU-Abstimmung über Urheberrechtsreform: Entscheidung gefallen

14.37 Uhr: Die CDU-Spitze pocht nach dem Ja des Europaparlaments zum neuen Urheberrecht auf eine Umsetzung in Deutschland ohne die umstrittenen Uploadfilter. Nach der Abstimmung schrieb CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak am Dienstag auf Twitter: „Nun geht es um die nationale Umsetzung.“ Die CDU habe hier gute Vorschläge gemacht: „Urheber schützen, Nutzer & Meinungsfreiheit stärken, Plattformen verpflichten – und das ohne #Uploadfilter.“

Das Parlament in Straßburg hatte am Dienstag der Reform des Urheberrechts ohne Änderungen zugestimmt und damit den Weg für eine baldige Umsetzung geebnet. Auch der besonders umstrittene Artikel 13, der Plattformen wie YouTube beim Urheberrecht stärker in die Pflicht nehmen soll, blieb Teil des Vorhabens.

Nach dem maßgeblich von Ziemiak mitorganisierten CDU-Vorschlag zur Umsetzung der Reform in Deutschland soll als Grundsatz die Regel gelten: „Bezahlen statt Blocken.“ Demnach sollen zunächst grundsätzlich alle Inhalte hochgeladen werden können. Unterhalb einer zeitlichen Grenze sollen Uploads von Lizenzgebühren frei sein. Darüber hinaus soll die jeweilige Plattform für urheberrechtlich geschützte Werke, die einen digitalen Fingerabdruck – eine Kennzeichnung des Urhebers – besitzen, Lizenzen erwerben.

Entscheidung des EU-Parlaments zum Urheberrecht: Edward Snowden meldet sich zu Wort

14.16 Uhr: Whistleblower Edward Snowden hat die Entscheidung des EU-Parlaments in Sachen Urheberrechtsreform scharf kritisiert. „Vergiss nie, was sie hier gemacht haben“, twitterte der 35-Jährige auf Deutsch. Dabei richtete er sich besonders gegen die Unionsfraktion im Straßburger Parlament: „Da die @CDU_CSU_EP gestimmt hat für nie mehr Internetfreiheit, muss das Internet für nie mehr @CDU_CSU_EP stimmen. #nieMehrCDU.“ Snowden, der 2013 die ausufernde Überwachung durch den US-Geheimdienst NSA öffentlich gemacht hatte, lebt nach wie vor im russischen Exil.

Nutzer kommentierten das holprige und fehlerhafte Deutsch in Snowdens Tweet – worauf dieser auf Englisch schrieb: „Mein Deutsch würde besser sein, wenn ich dort leben könnte ;)“ Die Bundesregierung verweigert dem früheren NSA-Mitarbeiter Asyl, auch um die Beziehungen zu den USA nicht zu belasten. Die US-Justiz will Snowden wegen Spionage und Diebstahl von Regierungseigentum den Prozess machen. Im Fall einer Verurteilung droht ihm unter Umständen die Todesstrafe.

Vergiss nie, was sie hier gemacht haben. Da die @CDU_CSU_EP gestimmt hat für nie mehr Internetfreiheit, muss das Internet für nie mehr @CDU_CSU_EP stimmen. #nieMehrCDU https://t.co/fyGLXfGw3n

— Edward Snowden (@Snowden) March 26, 2019

Barley bedauert Entscheidung des EU-Parlaments zu Urheberrecht

14.02 Uhr: Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) bedauert die Zustimmung des Europaparlaments zu einigen sehr umstrittenen Punkten bei der Reform des Urheberrechts. „Ich bedaure sehr, dass das Europäische Parlament sich heute nicht gegen Uploadfilter positioniert hat“, sagte Barley am Dienstag in Berlin. „Sie sind der falsche Weg.“ Barley betonte: „Jetzt geht es darum, die Richtlinie so umzusetzen, dass Künstlerinnen und Künstler tatsächlich davon profitieren und Meinungsfreiheit und Vielfalt im Netz erhalten bleiben.“ Im Vorfeld hatte Barley die Union dazu aufgerufen, im Europaparlament Auflagen für Internetplattformen wie Youtube zu verhindern, die den Einsatz von Filterprogrammen nach sich ziehen könnten.

Grundsätzlich sei die Reform für ein besseres Urheberrecht im Internet und eine faire Vergütung der Künstler überfällig und wichtig, sagte Barley. Kreative müssten stärker an den Gewinnen beteiligt werden, die andere mit ihren Werken machten. „Die notwendige Neuregelung des Urheberrechts darf nicht zulasten der Meinungsfreiheit gehen“, unterstrich Barley aber. „Diesen Bedenken muss Rechnung getragen werden.“ Die harten Auseinandersetzungen zwischen den widerstreitenden Interessen hätten zu einer Spaltung geführt, „die wir überwinden müssen“. Die Mitgliedsstaaten muss die den Beschluss des Europaparlaments erst noch erneut bestätigen.

EU-Abstimmung über Urheberrechtsreform: Entscheidung gefallen

Update vom 26. März, 2019, 12.58 Uhr: Das EU-Parlament hat der umstrittenen Reform des Urheberrechts ohne Änderungen zugestimmt und damit den Weg für eine baldige Umsetzung geebnet. Auch der besonders kontrovers diskutierte Artikel, der Plattformen wie Youtube stärker in die Pflicht nimmt, fand am Dienstag in Straßburg eine Mehrheit unter den Abgeordneten.

Die Reform soll das veraltete Urheberrecht in der EU ans digitale Zeitalter anpassen und Urhebern für ihre Inhalte im Netz eine bessere Vergütung sichern. Mitte Februar hatten sich Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten nach mühsamen Verhandlungen auf einen Kompromiss geeinigt. Darüber stimmte das Parlament nun ab. 348 Abgeordnete stimmten dafür, 274 dagegen. Die EU-Staaten hatten den Kompromiss bereits bestätigt.

Nun müssen die Mitgliedsstaaten die Einigung jedoch erneut bestätigen. Als möglicher Termin dafür gilt der 9. April.

EU-Abstimmung über Urheberrechtsreform: Noch nie so breiter Protest

Update vom 26. März 2019, 09.58 Uhr: Die schärfste Kritikerin des neuen Urheberrechts im Europaparlament, Julia Reda, hat die Abgeordneten dazu aufgerufen, Änderungen an der geplanten Reform vorzunehmen. „Noch nie hat es einen derart breiten Protest gegen eine EU-Richtlinie gegeben“, sagte die Piraten-Politikerin am Dienstag während einer hitzigen Debatte im Europaparlament. Die Reform hätte in ihrer jetzigen Form nicht nur verheerende Folgen für das Internet, sondern würde auch einer ganzen Generation das Vertrauen in die Politik nehmen, und das Gefühl von Machtlosigkeit würde sie prägen.

Am Mittag (ab 12.30 Uhr) soll das Plenum über einen Kompromiss abstimmen, den Unterhändler Mitte Februar mit den EU-Staaten ausgehandelt hatten. Die Mehrheitsverhältnisse waren unklar. Reda forderte, Artikel 11 und Artikel 13 der Reform zu streichen. Der Protest gegen die Copyright-Reform war zuletzt – vor allem in Deutschland – immer größer geworden. Eigentlich soll das Vorhaben das veraltete Urheberrecht in der EU ans digitale Zeitalter anpassen und Urhebern für ihre Inhalte im Netz eine bessere Vergütung sichern.

Kritiker wenden ein, dass Plattformen wie YouTube nach Artikel 13 – der im finalen Gesetzestext Artikel 17 heißt – künftig schon beim Hochladen überprüfen sollen, ob Inhalte urheberrechtlich geschütztes Material enthalten. Das ist ihrer Meinung nach nur durch sogenannte Upload-Filter möglich, bei denen die Gefahr bestehe, dass viel mehr als nötig aussortiert werde. Dies führe zu Zensur. Artikel 11 sieht ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage vor. Danach müssen Nachrichten-Suchmaschinen wie Google News für das Anzeigen von Artikel-Ausschnitten künftig Geld an die Verlage zahlen.

Sollten die Abgeordneten Änderungen an der Reform vornehmen, müssten die EU-Staaten dem noch zustimmen. Das ist allerdings fraglich. Falls sie nicht zustimmen, müssten Parlament und EU-Staaten erneut verhandeln.

Update vom 24. März 2019, 13.27 Uhr: Der CDU-Europaabgeordnete Daniel Caspary hat den Verdacht geäußert, dass US-Internetkonzerne mit „gekauften Demonstranten“ die Reform des EU-Urheberrechts verhindern wollten – und damit helle Empörung auch in den eigenen Reihen ausgelöst. „Nun wird offensichtlich versucht, auch mit gekauften Demonstranten die Verabschiedung des Urheberrechts zu verhindern“, sagte der Vorsitzende der deutschen CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament „Bild“. „Bis zu 450 Euro werden von einer sogenannten NGO für die Demoteilnahme geboten“.

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Die CDU/CSU-Fraktion im Europaparlament verbreitete das Zitat am Samstagvormittag über ihren Twitteraccount – kurz bevor in vielen deutschen Städten Zehntausende gegen die EU-Urheberrechtsreform demonstrierten, die am Dienstag im Europaparlament verabschiedet werden soll.

Parteifreunde in Deutschland reagierten entsetzt. „Ich finde für diesen Irrsinn keine Worte mehr. Egal welcher Meinung man ist, man muss immer Respekt vor der Meinung Andersdenkender haben“, twitterte der CDU-Digitalexperte Thomas Jarzombek. Der Bundestagsabgeordnete Sebastian Steineke schrieb auf Twitter, die Kommunikation der CDU/CSU im Europaparlament sei katastrophal: „Man kann mit guten Argumenten anderer Meinung sein, aber den Protest gegen den Artikel 13 so herabzuwürdigen darf niemals unser Stil sein.“

Der CDU-Abgeordnete Tino Sorge twitterte: „Langsam wird es echt skurril. Ich würde anregen, etwas Sonntagsruhe in Brüssel zu nutzen, nochmal über Respekt vor anderen Meinungen nachzudenken.“ Und sein CDU-Kollege Matthias Hauer kritisierte: „Das schadet CDU und CSU massiv.“

Caspary warf Internetkonzernen in den USA in dem Interview vor, den Kampf gegen die Urheberrechtsreform mit allen Mitteln zu führen. Bis zu 450 Euro habe eine Nichtregierungsorganisation für die Teilnahme an den Demonstrationen geboten, sagte er. „Das Geld scheint zumindest teilweise von großen amerikanischen Internetkonzernen zu stammen.“

Am Sonntag ruderte Caspary dann zurück: „Vor den vielen Menschen, die für ihre Meinung auf die Straße gehen, habe ich großen Respekt. Immer werde ich mich für Freiheit, Demokratie und das Recht auf Demonstration einsetzen. Ich bedauere, wenn ein anderer Eindruck entstanden sein sollte.“

Brok sieht Urheberrechtsreform auf der Kippe

11.32 Uhr: Vor der Abstimmung im Europaparlament über das neue EU-Urheberrecht sieht der CDU-Abgeordnete Elmar Brok die Mehrheit auf der Kippe. „Ich habe die Sorge, dass das am Dienstag schief geht“, sagte Brok am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Im Falle einer Ablehnung wäre diese Reform nach Broks Einschätzung tot. Vor der Europawahl im Mai gäbe es keine Möglichkeit der Nachbesserung und danach müsste man von vorne anfangen, sagte er.

Brok beklagte eine massive und von Algorithmen gesteuerte Kampagne der großen Internetkonzerne gegen das Vorhaben. Er habe in den vergangenen Tagen Tausende gleichlautende Briefe und Emails erhalten, die sämtliche Postfächer verstopften. „Die haben die Leute kirre gemacht, bis in die Junge Union hinein“, sagte Brok und fügte hinzu: „Das ist kein normaler demokratischer Prozess mehr.“

Die Furcht der Reform-Kritiker vor einer Einschränkung der Meinungsfreiheit im Internet wies Brok zurück. Selbst wenn bei der Nutzung von Filterprogrammen „mal eine Satire hängenbleibt“, gebe es die Möglichkeit eines Beschwerdeverfahrens. „Wo liegt die Gefahr? Ich sehe keine“, sagte Brok.

CDU-Europaabgeordnete Axel Voss beklagt Verrohung der politischen Kultur

10.31 Uhr: Der CDU-Europaabgeordnete Axel Voss, einer der Väter der geplanten EU-Urheberrechtsreform, beklagt eine beispiellose Kampagne gegen sich. „Das zielt alles darauf ab, meine Person zu diskreditieren“, sagte Voss der „Bild am Sonntag“. In der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) sprach er von einer enormen Verrohung der politischen Kultur: „An die Stelle der sachlichen Debatte über das Urheberrecht ist der Versuch getreten, mich im Schutze der Anonymität als Person anzugreifen, zu diskreditieren und mit Gewaltdrohungen politisch einzuschüchtern.“

Voss hatte die umstrittene Reform des EU-Urheberrechts für das Europaparlament federführend ausgehandelt. Seither sieht er sich massiven Angriffen ausgesetzt. Nach eigenen Angaben erhielt er seit dem Sommer 2018 immer wieder Morddrohungen gegen sich und seine Familie. Vorige Woche wurde im Internet eine Bombendrohung gegen das Bonner Büro des CDU-Politikers veröffentlicht. Voss schaltete daraufhin die Polizei ein.

„Ich mache mir schon Sorgen, wie ich unter diesen Umständen den Wahlkampf für die Europawahl bestreiten kann“, sagte er der FAS. Er mache zwar mit Leidenschaft Politik, frage sich in letzter Zeit aber, „ob es das noch wert ist“.

Am Dienstag will das Europaparlament über die Reform entscheiden, mit der das veraltete Urheberrecht an das Internet-Zeitalter angepasst werden soll. Die Kritiker wenden sich vor allem dagegen, dass Anbieter-Plattformen wie YouTube in Zukunft bereits beim Hochladen überprüfen sollen, ob Inhalte urheberrechtlich geschütztes Material enthalten. Das ist nach ihrer Meinung nur über automatisierte Filter möglich, bei denen die Gefahr bestehe, dass viel mehr als nötig aussortiert werde.

Update vom 23. März 2019, 20.04 Uhr: In Deutschland tobt der Streit um Artikel 13 besonders heftig – am Samstag sind in vielen Städten Menschen zu Demonstrationen gegen die EU-Urheberrechtsreform auf die Straße gegangen. In München versammelten sich gar mindestens 40.000 Menschen zu Protesten gegen Artikel 13.

Wikipedia war in ganz Deutschland offline – das hat einen Grund

Update vom 21. März 2019, 09.45 Uhr: Wer heute einen Artikel in der Online-Enzyklopädie Wikipedia aufrufen will, wird lediglich eine schwarze Startseite mit einer Botschaft an die User auffinden. Denn aus Protest gegen Teile der geplanten EU-Urheberrechtsreform, die am 27. März vom Parlament der Europäischen Union verabschiedet werden soll, wurde Wikipedia am heutigen Donnerstag abgeschaltet und ist den ganzen Tag nicht zu erreichen. Die Autorinnen und Autoren hatten sich gemeinsam für diese Form des Protests entschieden, der sich vor allem gegen die umstrittenen Artikel 11 und Artikel 13 der geplanten Reform richten.

Auf der Wikipedia-Startseite werden die Besucher auf den Zweck des Protests hingewiesen. Mit den Worten „Dies ist unsere letzte Chance. Helfen Sie uns, das Urheberrecht in Europa zu modernisieren“ leitet Wikipedia das Protestschreiben auf der Startseite ein. Schließlich fordert Wikipedia die User auf, ihre jeweiligen Abgeordneten des Europäischen Parlaments zu kontaktieren und diese über ihre Haltung zur geplanten Reform zu informieren.

Wikipedia verteidigt Abschaltung am Donnerstag

Unterdessen hat der Förderverein Wikimedia die Abschaltung von Wikipedia verteidigt. John Weitzmann, der Leiter für Politik und Recht, sagte dem Radio-Sender Bayern 2: „Das ist das drastischste Mittel, das wir zur Verfügung haben um auf etwas hinzuweisen.“ Weitzmann gab auch Entwarnung für alle Wikipedia-Nutzer: Die Abschaltung von Wikipedia am heutigen Donnerstag bleibe „erstmal eine einmalige Sache.“ Die Abschaltung werde in Zukunft nicht der Standard werden. „Wir werden dadurch keine politische Plattform werden“, so Weitzmann.

Laut Weitzmann sei es immer noch nicht klar, ob für nicht-kommerzielle Plattformen Ausnahmeregeln gelten werden: „Der ganze Ansatz über Ausnahmeregelungen, die im jetzigen Entwurf sehr lückenhaft sind, ist sehr schwierig. Es ist ein bisschen so, also ob man mit der Schrotflinte auf alle Plattformen schießt, und vorher ein paar schusssichere Westen verteilt. Das ist weder zukunftssicher, noch bietet der Entwurf Rechtssicherheit“, so Weitzmann. Weitzman befürchtet, dass Wikipedia Deutschland für Bilder und Videos haftbar gemacht werden, die Nutzer ohne urheberrechtliche Erlaubnis auf die Plattform stellen.

Mit der Urheberrechtsreform sollen Online-Plattformen unter anderem verpflichtet werden, Inhalte zu entfernen, für welche die Urheber keine Lizenz erteilt haben. Von dieser Reglung sollen Firmen ausgenommen werden, die seit weniger als drei Jahren bestehen, deren Jahresumsatz weniger als zehn Millionen Euro beträgt und deren Nutzerzahl unter fünf Millionen pro Monat liegt.

Video: "Down" wegen Artikel 13 – So können Sie Wikipedia trotzdem benutzen

Am Donnerstag wird Wikipedia in Deutschland abgeschaltet – das ist der Grund

Update vom 20. März 2019: Am morgigen Donnerstag wird das beliebte und viel genutzte Online-Lexikon Wikipedia abgeschaltet. Die Entscheidung erfolgt jedoch nicht wegen ausbleibender Klicks – schließlich wird das Portal allein in Deutschland täglich rund 33 Millionen Mal angesteuert – sondern aus Protest. Grund ist die geplante EU-Urheberrechtsreform, laut der Plattformen wie beispielsweise Youtube für alle Inhalte auf der Seite haften muss, die von Nutzern hochgeladen werden. In Artikel 13 soll die geplante Änderung der Haftungsregeln für Internetplattformen verankert werden. 

Zwar ist Wikipedia als nicht-kommerzieller Betreiber nicht von der geplanten Urheberrechtsreform der EU betroffen, doch als Zeichen der Solidarität hat sich die Online-Enzyklopädie dazu entschlossen, für einen ganzen Tag offline zu gehen. 

Wie die FAZ berichtet, geht Wikipedia damit nicht zum ersten Mal gegen die Pläne der EU vor. Bereits im vergangenen Jahr schalteten mit der spanischen, italienischen und polnischen Seite gleich mehrere Wikipedia-Ausgaben ihre Dienste zwischenzeitlich ab. 

Gegenüber rbb24.de begründete zudem John Weitzmann, Leiter Politik & Recht Wikimedia Deutschland den Schritt: „Die Wikipedianer wollen nicht die Oase in der Wüste sein.“

Aus Protest gegen Artikel 13: Wikipedia wird in Deutschland abgeschaltet

Update vom 9. März 2019:Seit Wochen warnen Kritiker vor den Folgen der EU-Urheberrechtsreform und die mögliche Einführung von Upload-Filtern durch den Artikel 13. Sie befürchten durch die Reform eine Zensur im Internet. 

Wie das Portal heise.de berichtet, macht die Online-Enzyklopädie Wikipedia jetzt Ernst und ruft mit einer Protestaktion zum Widerstand gegen die EU-Urheberrechtsreform auf. Demnach wird für einen ganzen Tag, nämlich den 21. März, die deutschsprachige Wikipedia-Ausgabe komplett abgeschaltet werden. Statt der normalen Artikel werden die Nutzer ein Banner sehen, der die befürchteten Gefahren der Urheberrechtsreform aufzählen soll. Speziell soll Wikipedia das in Artikel 11 vorgesehene Leistungsschutzrecht für Presseverleger und die in Artikel 13 geplante Änderung der Haftungsregeln für Internetplattformen kritisieren. Auf der Plattform konnten zuvor Wikipedia-Autoren abstimmen, ob sie nochmals gegen die geplante EU-Urheberrechtsreform protestieren wollen. 

Außerdem sollen in dem Banner die Wikipedia-Leser aufgefordert werden, ihre EU-Abgeordneten zu kontaktieren, damit möglichst viele EU-Abgeordnete in der finalen Abstimmung Ende März gegen die Reform in der jetzigen Form aussprechen. Zudem soll auf die für den 23. März geplanten Straßen-Protesten aufmerksam gemacht werden.

Update vom 2. März 2019: Rund 3500 Menschen haben in Berlin gegen die EU-Urheberrechtsreform und die mögliche Einführung sogenannter Upload-Filter demonstriert. Die von den Veranstaltern am Samstag genannte Zahl deckte sich in etwa mit der Schätzung eines dpa-Reporters. Angemeldet waren nach Polizeiangaben nur 300.

Die Demonstranten zogen vom Axel-Springer-Verlag im Stadtteil Kreuzberg vorbei am Bundesjustizministerium zur Vertretung der EU-Kommission am Brandenburger Tor. Der mit der Reform geplante Artikel 13 werde „massive Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit und die Vielfalt des Internets haben“, teilte das Bündnis „Berlin gegen 13“ mit.

Befürchtungen wegen „Artikel 13“

Artikel 13 sieht vor, kommerzielle Plattformen wie YouTube beim Urheberrecht stärker in die Pflicht zu nehmen. Von Benutzern hochgeladenes Material wie zum Beispiel Videos soll überprüft werden. „Das wird aber nur mit automatischen Filtern funktionieren, die dann zuviel wegfiltern könnten“, sagte Volker Grassmuck vom Verein Digitale Gesellschaft. Demnach sei zu befürchten, dass auch legale Zitate, etwa aus Nachrichten, in Beiträgen von Internetnutzern aussortiert werden könnten. „Dann muss man Beschwerde einlegen oder am Ende sogar klagen“. Das würde zu einem Rückgang der Meinungsvielfalt im Internet führen, sagte Grassmuck.

Aufgerufen zur Demonstration hatten Organisationen wie der Chaos Computer Club, der Journalistenverband Freischreiber und der Verein Digitale Gesellschaft.

Lindner kritisiert: Upload-Filter öffnen Tür zu „automatisierter Zensur“

Update vom 23. Februar 2019: FDP-Chef Christian Lindner fordert das Europaparlament auf, die Reform des europäischen Urheberrechts „in letzter Minute“ zu stoppen. „Was jetzt auf dem Tisch liegt, öffnet die Tür zu automatisierter Zensur“, sagte Lindner der Deutschen Presse-Agentur. „Es gibt mildere Wege, um das Urheberrecht durchzusetzen.“ Die EU-Staaten haben sich vor wenigen Tagen auf die Reform des europäischen Urheberrechts verständigt. Die Zustimmung des Europaparlaments steht noch aus.

Stein des Anstoßes sind so genannte Upload-Filter. Plattformen wie YouTube könnten sie einsetzen, um beim Hochladen zu prüfen, ob Bilder, Videos oder Musik urheberrechtlich geschützt sind. Ohne solche Filter sei es für Plattformen nicht möglich, in der Reform vorgesehenen neuen Pflichten zum Urheberrechtsschutz nachzukommen, warnen Kritiker.

„Bundesjustizministerin Katarina Barley offenbart eine Doppelmoral, wenn sie erst die Hand für einen Beschluss hebt, von dem sie sich später wieder distanziert“, sagte Lindner. Barley (SPD) ist gegen Upload-Filter, ließ am Ende aber dennoch zu, dass Deutschland auf EU-Ebene für die Reform stimmte. Es gehe um bessere Vertragsbedingungen für Künstler und Kreative, um grenzüberschreitende Bildungsangebote oder rechtliche Grundlagen für die Entwicklung künstlicher Intelligenz, sagte sie zur Erklärung.

Ursprungsmeldung: Bringt „Artikel 13“ das Ende von YouTube in Europa? 

Brüssel – Ein neues Urheberrecht hat das Europäische Parlament (Liste der reichsten YouTuber – Platz 1 ist einfach nicht zu glauben, wie extratipp.com* berichtet) bereits beschlossen. Wie das neue Gesetz genau aussehen soll, darüber beraten die Parlamentarier nun gemeinsam mit den Mitgliedsländern und der EU-Kommission. 

Besonders über den Artikel 13 des Gesetzes wird im Moment im Netz heftig diskutiert. In dem Artikel werden die Plattform-Betreiber für Inhalte, die von Nutzern hochgeladen werden, verantwortlich und damit haftbar gemacht. Um sich vor Strafen zu schützen, müssten Portale wie YouTube Upload-Filter einführen, um zu verhindern, dass Inhalte hochgeladen werden, für die die Nutzer nicht das Urheberrecht haben. Das würde das Ende von Memes, Zitaten, Remixes und ähnlichem bedeuten. 

YouTuber nutzen die Panik wegen „Artikel 13“ für Klicks

Kinder und Jugendliche haben große Angst um ihre YouTube-Stars wie Julien Bam, Dagi Bee, Bibi und die Lochis. Grund dafür ist ein YouTube-Video des Kanals „Wissenswert“, das die User warnt: „In einigen Monaten werden fast alle Kanäle, die wir kennen, lieben und immer wieder gucken, gelöscht werden. Egal wie groß und beliebt, niemand wird übrig bleiben. Bis auf einige Kanäle von sehr großen Firmen.“

3,5 Mio Klicks hat das Video mit dem Titel  „Warum es Youtube nächstes Jahr nicht mehr gibt" von Simon Difabachew und Felix Härlen bereits. Difabachew gestand gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“, dass sie möglicherweise „etwas zu stark emotionalisiert“ haben. Er steht aber zu den Inhalten des Clips.

YouTube ist gegen die neue Richtlinie

Auch Susan Wojcicki, die Vorstandsvorsitzende von YouTube, kritisiert die neuen Richtlinien. Sie schreibt in einem Blog-Beitrag: „Die Erschaffer-Ökonomie ist bedroht durch ein Element des Bestrebens der EU, ihre Urheberrechts-Direktive zu überarbeiten. Wir unterstützen die Ziele des Artikels 13, allerdings wird er in der aktuellen, vom Europäischen Parlament beschlossenen Form unbeabsichtigte Konsequenzen haben, die einen profunden Einfluss auf das Leben Hunderttausender Menschen haben werden.“ Doch stimmen die Behauptungen überhaupt und schränken die neuen Richtlinien die User tatsächlich so stark ein?

Ist die Urheberrechtsreform mit „Artikel 13“ wirklich so schlimm?

Das Ziel der EU ist nicht, Kreative einzuschränken, sondern die Position der Urheber gegenüber Online-Konzernen zu stärken. YouTube und Co. sollen sogar mehr an die Kreativen auszahlen. Ob das durch die Reform erreicht wird, ist zweifelhaft.

Die Marktposition der großen Firmen wie Google, Facebook und Amazon könnte sich sogar vergrößern, da nur sie die finanziellen und technischen Möglichkeiten haben, die Upload-Filter umzusetzen. Das könnte die Verhandlungsposition der Künstler schwächen, da die Inhalte entweder zu den Konditionen der Konzerne hochgeladen werden oder eben gar nicht.

Besonders betroffen dürften Gelegenheitsnutzer sein, da sich die professionellen YouTuber ohnehin mehr mit dem Urheberrecht auskennen und versuchen, Verstöße zu vermeiden. Aber auch ihre Videos könnten verschwinden. Besonders älteres Material könnte wegen fehlender Lizenzen gelöscht werden. 

Deutsches Justizministerium prüft andere Optionen

Es gibt auch andere Vorschläge. Anstatt das Urheberrecht zu verschärfen, soll eine Regelung gefunden werden, in der die Plattformbetreiber die Urheber pauschal entschädigen. Dann könnten User weiterhin Inhalte hochladen, für die sie keine Rechte besitzen, solang sie diese nicht gewerblich nutzen. Das deutsche Justizministerium hatte selbst gefordert, diese Option überprüfen zu lassen. 

Die Sorgen der YouTuber und ihrer Fans sind auf jeden Fall berechtigt. Aber noch ist nichts in Stein gemeißelt. Erst im Mai 2019 wird endgültig entschieden, wie es mit den neuen Urheberrechts-Richtlinien weiter gehen soll. Dass YouTube komplett aus Europa verschwindet, scheint übertrieben. Wahrscheinlicher ist, dass die EU und die Konzerne einen Kompromiss finden werden.

Update vom Februar 2019: Artikel 13 und Upload-Filter: Demos gegen neues EU-Urheberrecht geplant

md/dpa

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