Politik

Türkische Zentralbank mit Finanzspritze für Erdogan – US-Konsulatsmitarbeiter muss weiter in Haft bleiben

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sieht sich heftiger Kritik ausgesetzt und kämpft derzeit an einigen Fronten. Der Antrag der Opposition, die Präsidentschaftswahl zu annullieren, ist jedoch gescheitert. Der News-Ticker.

  • Die Partei des türkischen Präsidenten Erdogan annulliert Wahlergebnis von Istanbul. 
  • Die Neuwahlen in der Metropole Istanbul sind für 23. Juni terminiert.
  • Folter-Vorwürfe und annullierte Bürgermeister-Wahl: Hier geht‘s zu den bisherigen Ereignissen.
  • Am 13. Mai kündigt die Türkei ein riesiges Marinemanöver in umliegenden Meeren an. 

Update vom 15. Mai 2019:

Ein in der Türkei wegen Spionagevorwürfen inhaftierter US-Konsulatsmitarbeiter muss weiter in Haft bleiben. Ein Istanbuler Richter lehnte bei einer Anhörung am Mittwoch einen Antrag von Metin Topuz auf Freilassung ab, wie eine AFP-Reporterin berichtete. Die nächste Verhandlung wurde für den 28. Juni angesetzt. Der Fall belastet seit Monaten die Beziehungen zu Washington, die wegen einer Reihe von Streitfragen ohnehin angespannt sind.

Dem türkischen Übersetzer und Verbindungsmann der US-Drogenbehörde in Istanbul werden Kontakte zu Polizisten und Staatsanwälten mit Verbindungen zur verbotenen Gülen-Bewegung vorgeworfen, die Ankara für den Putschversuch von Juli 2016 verantwortlich macht. Topuz beteuerte aber unter Tränen erneut seine Unschuld und betonte, alle seine Kontakte zu Vertretern des türkischen Staats seien Teil seiner Arbeit gewesen.

Der US-Geschäftsträger in Ankara, Jeffrey Hovenier, forderte von den türkischen Behörden, "den Fall rasch, transparent und fair aufzuklären". Sie hätten vor Gericht noch immer "keine glaubwürdigen Beweise für ein kriminelles Fehlverhalten von Metin Topuz" gesehen, sagte Hovenier vor Journalisten vor dem Gericht. Seine Anwälte legten dem Richter am Mittwoch eine Liste mit Topuz' Telefonkontakten vor und betonten, sie seien alle rein arbeitsbezogen gewesen.

Lira-Krise spitzt sich zu: Türkische Zentralbank mit Finanzspritze für Erdogan

Update vom 14. Mai 2019, 21.08 Uhr: Die Finanzkrise in der Türkei erreicht ihren nächsten negativen Höhepunkt. Nun soll die türkische Notenbank der Regierung Erdogans finanziell aushelfen. So arbeitet das Finanzministerium mittlerweile an einem Gesetzesentwurf, der es möglich machen soll, Geldreserven der türkischen Zentralbank in den Regierungshaushalt zu übertragen. 

Dabei geht es laut Angaben der Finanzagentur Reuter um 40 Milliarden Lira, umgerechnet um die 6 Milliarden Euro. Grund für diese extreme Maßnahme sei ein höheres Staatsdefizit als ursprünglich von Erdogan und seiner Regierung geplant. Laut der FAZ sind für dieses gravierende Defizit die ergriffenen Maßnahmen zur Konjunkturbelebung verantwortlich. Die türkische Regierung hatte zu diesem Zweck große Investitionen getätigt und darüber hinaus die Steuern gesenkt. 

Die Finanzspritze der Zentralbank entspringt allerdings nicht den Devisenreserven, sondern ausschließlich aus Ersparnissen für besondere Fälle, die aus Gewinnen der Notenbank hervorgingen.  

Streit um Kommunalwahlen in der Türkei: Antrag der Opposition abgelehnt

12.05 Uhr: Die türkische Wahlkommission hat den Antrag der Opposition auf Annullierung der gesamten Kommunalwahl in allen Bezirken Istanbuls abgelehnt. Die Behörde stimmte am Montag zudem gegen die Forderung, die Präsidenten- und Parlamentswahl von 2018 für ungültig zu erklären, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.

Alle elf Mitglieder der Hohen Wahlkommission (YSK) wiesen nach Angaben des Senders CNN Türk den Antrag der größten Oppositionspartei CHP und der nationalkonservativen Iyi-Partei zurück. Eine Begründung lag zunächst nicht vor.

Die Opposition hatte mit ihrem Antrag auf die Entscheidung der YSK reagiert, ihr den Sieg bei der Oberbürgermeisterwahl von Ende März abzuerkennen und die Wahl wiederholen zu lassen. Als Begründung gab die Behörde an, dass die Wahlräte teils rechtswidrig zusammengestellt worden seien. Die CHP hatte argumentiert, dass die Wahl der Bezirksbürgermeister und der lokalen Parlamente in Istanbul, die gleichzeitig mit der Oberbürgermeisterwahl stattfand, dann auch annulliert werden müssten. Damit sei auch die Parlaments- und Präsidentenwahl von 2018 fragwürdig.

Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu warf der Wahlbehörde vor, auf Anweisung der Regierung zu handeln. Er sei daher von der Entscheidung, den Antrag der Opposition abzulehnen, nicht überrascht.

10.30 Uhr: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin am Telefon über die eskalierende Lage im nordwestsyrischen Idlib gesprochen. Erdogan habe sich besorgt über die Verletzung des Waffenstillstands gezeigt, teilte sein Kommunikationsdirektor Fahrettin Altun am späten Montagabend mit. Er habe zudem deutlich gemacht, dass der Angriff auf Zivilisten, Schulen und Krankenhäusern nicht mit dem Kampf gegen den Terrorismus erklärt werden könne.

Aus dem Kreml hieß es, die Initiative für das Gespräch sei von türkischer Seite ausgegangen. Beide Seiten hätten betont, dass es wichtig sei, sich in Syrien weiter eng miteinander abzustimmen – auch auf der Ebene der Verteidigungsministerien. Bei dem Gespräch hätten sich Putin und Erdogan auch über bilaterale politische und wirtschaftliche Fragen sowie über einige internationale Probleme ausgetauscht, teilte die Präsidialverwaltung in Moskau mit.

In Idlib liegt das letzte große Rebellengebiet in Syrien neben den Kurdengebieten. Syriens Regierung und ihr Verbündeter Russland hatten Anfang Mai Angriffe auf die Rebellenhochburg in den Provinzen Idlib und Hama begonnen. Auch Kliniken und Gesundheitszentren wurden bombardiert. Zuletzt hatten die Rebellen in Idlib an Boden verloren.

Russland sowie die Türkei als Verbündeter der Opposition hatten die Region zu einer Deeskalationszone erklärt und sich im September auf eine entmilitarisierte Pufferzone geeinigt. Sie sollte eine Offensive der Regierung verhindern.

Video: Deniz Yücel: Foltervorwürfe gegen Erdogan in Gerichtsaussage

Lira-Krise in der Türkei: Spott für Finanzminister - „müsste jedem Mittelstüfler auffallen“

20.18 Uhr:Der türkische Finanzminister Berat Albayrak hat für seine Aussagen in Bezug auf die anhaltende Inflation und die schwache Konjunktur in der Türkei, mächtig Kritik einstecken müssen. Der Schwiegersohn von Präsident Erdogan sagte am Sonntag dem Sender CNN Turk: „Die Türkei wird, besonders bei der Inflation und der Arbeitslosigkeit, bis zum Jahresende deutlich besser dastehen.“

Bei den Aussagen zu der Inflationsrate, die derzeit bei knapp über 20 Prozent liegt, bedient sich Albayrak aber eines einfachen rechnerischen Mittels. Denn am Ende des Jahres würde der starke Einbruch des Lira-Kurses im September 2018 nicht mehr in den Vorjahresvergleich einwirken, was die Inflationsrate im Vergleich zum Vorjahr automatisch beschönigen würde. 

Focus.de zitiert Analysten der Commerzbank, die sich skeptisch darüber zeigen, ob sich der Devisenmarkt von einem Effekt beeindrucken lässt, „der jedem Mittelstufen-Schüler auffallen müsste.“ Darüber hinaus prophezeit die Bank, dass die Inflation weiterhin zum Problem für die Lira werden wird, da die Türkei keine Maßnahmen zur Inflationssteuerung ergreifen würde. Die Lira steht momentan bei 0,15 Euro. Vor einem Jahr waren es noch 0,19 Euro. 

Türkei: Erdogan startet riesiges Marinemanöver in umliegenden Meeren

13.20 Uhr: Inmitten eines Streits mit Zypern um die Ausbeutung eines Gasfelds hat die Türkei am Montag ihr bislang "größtes Marinemanöver" gestartet. Wie der Generalstab des Landes verkündete, nehmen an der knapp zweiwöchigen Militärübung im Mittelmeer, in der Ägäis und auch im Schwarzen Meer 131 Kriegsschiffe, 57 Flugzeuge und 33 Helikopter teil. Das Manöver dauert bis zum 25. Mai und fällt in eine Zeit von starken Spannungen mit Zypern. Hierbei geht es um wertvolle Rohstoffe:

Der kleine EU-Mitgliedstaat hat sich mit mehreren Mittelmeer-Anrainern auf die Aufteilung des Seegebiets im östlichen Mittelmeer geeinigt, in dem vor einigen Jahren ein großes Gasfeld entdeckt worden war. Die Türkei ist an dieser Vereinbarung nicht beteiligt und sieht sich auch nicht daran gebunden. Anfang Mai kündigte die türkische Regierung an, in dem von Zypern beanspruchten Seegebiet eigene Probebohrungen vorzunehmen.

Die EU und die USA äußerten sich "besorgt" über die geplanten Probebohrungen in der "exklusiven Wirtschaftszone Zyperns". Nikosia hat bereits Aufträge zur Gasförderung an internationale Ölkonzerne wie Eni, Total und ExxonMobil vergeben. Die Türkei fordert jedoch, dass die international nicht anerkannte Türkische Republik Nordzypern an der Ausbeutung des Gasfelds beteiligt wird, und warnt, sie werde "ihre Rechte" mit allen Mitteln verteidigen.

Türkei: Fußball-Fans legen sich mit Erdogan an

10.11 Uhr: Recep Tayyip Erdogan legt sich mit Fußballfans aus der Heimat an. Kurz vor Beginn einer Partie in der türkischen Liga hatten Fans des kriselnden Spitzenklubs Fenerbahce Istanbul politisch Partei ergriffen und im Chor die Parole „Alles wird sehr gut werden!“ gerufen. Diese Bezeichnung war nicht etwa auf die sportlichen Geschicke ihres Lieblingsklubs bezogen, vielmehr zieht der Oppositionskandidat Ekrem Imamoglu mit diesem Motto in die Wiederholung der Bürgermeisterwahl der Metropole Istanbul. 

Ekrem Imamoglu hatte Ende März die bereits durchgeführte Wahl knapp gegen den Kandidaten von Erdogans Partei für sich entschieden. Auf Antrag des türkischen Präsidenten wurde diese jedoch mittlerweile annulliert und soll nun am 23. Juni wiederholt werden. Recep Tayyip Erdogan übte Kritik an den Fußballfans und wies darauf hin, dass seine Partei das Stadion von Fenerbahce schließlich gebaut habe: „Wir haben das gemacht, wir!“

Zuvor hatte Erdogan die Kritik an der Annullierung der Bürgermeisterwahl scharf zurückgewiesen und die NATO-Länder um Deutschland attackiert: "Unser Volk wird sich Drohungen und dem Druck nicht beugen", sagte das Staatsoberhaupt bei einem Auftritt in der Millionenmetropole am Bosporus. Wer versuche, den "gewählten venezolanischen Staatschef" Nicolás Maduro zu stürzen, "der kann nicht von Demokratie sprechen", sagte Erdogan. Mit Blick auf die Situation im Nahen Osten fügte Erdogan außerdem hinzu, wer nichts gegen den "israelischen Terror" unternehmen, dürfe auch "nichts über unseren Kampf für Rechte sagen". Die türkische Wahlkommission hatte in der vergangenen Woche einer Beschwerde der Regierungspartei AKP von Erdogan stattgegeben und eine Wiederholung der Wahl in Istanbul vom 31. März angeordnet.

Video: Demo in Instanbul

Erdogan reagiert auf Kritik zu Annullierung der Bürgermeister-Wahl

09.05 Uhr: Die Foltervorwürfe des Journalisten Deniz Yücel haben zu neuen Spannungen zwischen der Türkei und Deutschland geführt. Das Außenministerium in Ankara wies die Aussage des Welt-Reporters, er sei während seiner einjährigen Haftzeit in der Türkei gefoltert worden, am Sonntag scharf zurück. Präsident Recep Tayyip Erdogan reagierte außerdem gereizt auf Kritik an der Annullierung der Bürgermeisterwahl in Istanbul.

Die zuständige Staatsanwaltschaft habe die Vorwürfe im Fall Yücel in der Vergangenheit bereits untersucht und entschieden, dass die Sache nicht weiter verfolgt werde, teilte der Außenamtssprecher Hami Aksoy mit. Die Mahnung des Auswärtiges Amtes, sich an die Anti-Folterkonvention der Vereinten Nationen zu halten, bezeichnete er als völlig unbegründet.

Yücel war bis Februar 2018 ein Jahr lang ohne Anklageschrift in der Türkei inhaftiert. Gleichzeitig mit seiner Entlassung aus dem Hochsicherheitsgefängnis Silivri bei Istanbul und der Ausreise nach Deutschland erhob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Terrorpropaganda und Volksverhetzung. Am Freitag hatte Yücel in dem Prozess vor dem Amtsgericht Berlin ausgesagt, er sei in den ersten Tagen seiner Haft gefoltert worden, und er machte Erdogan dafür verantwortlich.

dpa/afp/pf

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