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Rede auf Sicherheitskonferenz: Merkels Abrechnung mit Trump

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Eigentlich betreibt Angela Merkel eine eher stille Form der Außenpolitik. Auf der Sicherheitskonferenz überrascht sie aber mit klaren Worten – vorallem gegen die USA.

München – Vielleicht ist die Kanzlerin ja selbst einen Moment lang überrascht. Verwundert lächelt sie in die Runde, dann reißt sie sich zusammen. Im Publikum der Sicherheitskonferenz sitzen Staatschefs, Minister, Generäle und Diplomaten. Gemeinhin keine Menschen, die ob der Reden einer deutschen Bundeskanzlerin in große Euphorie ausbrechen. Und bei allen Stärken, die man Merkel nachsagen kann: Eine sprühende Rhetorik gehört eher nicht dazu. Am Samstagmittag aber, als die Noch-Bundeskanzlerin und Nicht-mehr-CDU-Chefin ihre Rede beendet hat, erheben sich viele von ihren Stühlen. Es liegt eine Spur Erleichterung in der Luft. Endlich wurden am Rednerpult nicht nur Floskeln bemüht. Für Merkel-Verhältnisse ist das richtiger Klartext.

Duell mit „Trumps Bauchrednerpuppe“

So bleibt von dieser Sicherheitskonferenz vor allem das Rede-Duell Merkel gegen Vize-Präsident Mike Pence, den der „Spiegel“ danach als „Trumps Bauchrednerpuppe“ bezeichnet. Die „New York Times“ attestierte Merkel eine „ungewöhnlich leidenschaftliche Rede“ – vermutlich die letzte bei dieser großen Sicherheitskonferenz –, in der sie Trump zwar nicht beim Namen genannt, aber sich klar gegen ihn gestellt habe. Die „Washington Post“ beobachtete, wie die Kanzlerin, entgegen ihrer Gewohnheit, „stechend, Punkt für Punkt aufzählte, wie die Regierung ihre Verbündeten als Gegner behandele“:

– Merkel verteidigt das Atomabkommen mit dem Iran, dass die Amerikaner unter immer offeneren Drohungen unter allen Umständen beerdigen wollen. Man habe ja das gleiche Ziel – aber mache es auf dem Weg dorthin wirklich Sinn, das einzige Bestehende Abkommen zu kündigen?

– Merkel stemmt sich gegen mögliche US-Strafzölle für die deutsche Autoindustrie. „Wir sind stolz auf unsere Autos“, sagt sie. Es erschrecke sie, dass diese plötzlich als eine Bedrohung der nationalen Sicherheit der Vereinigten Staaten von Amerika bezeichnet würden. Zumal sich das größte BMW-Werk nicht in Bayern, sondern in South Carolina befinde.

Wir sind stolz auf unsere Autos

Angela Merkel

– Merkel kritisiert die militärischen Pläne der USA. Dezent erinnert sie daran, dass die Bundeswehr seit 18 Jahre in Afghanistan stationiert sei, weil die USA nach dem 11. September den Nato-Bündnisfall nach Artikel 5 ausriefen. Da habe sie „die herzliche Bitte“, dass man auch über einen Abzug gemeinsam beraten solle. Sie warnt auch vor einem Abzug aus Syrien. Wenn die USA so sehr vor Russland und dem Iran warnten, wäre es doch nicht klug, ihnen in Syrien das Feld zu überlassen.

– Merkel nimmt sogar Russland in Schutz: „Geostrategisch kann Europa kein Interesse daran haben, alle Beziehungen zu Russland zu kappen“, sagt sie mit Blick auf die US-Kritik an Nord Stream 2 (siehe Seite 4).

– Merkel pocht auf Mitspracherecht bei den INF-Verhandlungen. Es sei schon eine „interessante Konstellation“, dass ein Abrüstungsvertrag, der eigentlich die Sicherheit Europas betreffe, von den USA und Russland gekündigt worden sei. Wie geht es weiter? „Die Antwort kann nicht in blindem Aufrüsten liegen“, sagt die Kanzlerin an die Herren Trump und Putin gerichtet. Gleichzeitig fordert sie China auf, an den Gesprächen teilzunehmen.

Es ist eine selbstbewusste Rede. Ohne die üblichen diplomatischen Girlanden. Merkel spricht von „unseren amerikanischen Kollegen“. Das fällt auf, weil seit einem halben Jahrhundert stets von „Freunden“ die Rede war. Am Ende stehe man vor der Frage, wie sie Gastgeber Wolfgang Ischinger vor der Konferenz gestellt hatte. Wer soll die Teile, in die die alte Weltordnung gerade zu zerbrechen droht, wieder aufsammeln?

Merkels klare Antwort an die Amerikaner: „Nur wir alle zusammen.“

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