Politik

„Rechtsradikale Gesinnungshasardeure“: Abgeordneter Swoboda tritt aus der AfD aus – und erhebt Vorwürfe

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Die AfD sitzt erstmals im Bayerischen Landtag. Doch von Harmonie ist wenig zu spüren. Nun verlässt der Abgeordnete Raimund Swoboda Partei und Fraktion. 

Update vom 29. März, 12.05 Uhr: Der Landtagsabgeordnete Raimund Swoboda begründet seinen Austritt aus der AfD mit einem für ihn unerwarteten Rechtsruck in der bayerischen Landtagsfraktion. Wenn er nunmehr erkennen müsse, „wie sich Leute im geistigen Gewand und Jargon eines neonational-revolutionären Extremismus-Denkens eine Fraktion „unter den Nagel reißen“, (…) dann entspricht das weder diesem Wählerwillen, noch seiner Vorstellung von gemäßigter Politik für Deutschland und Bayern“, schreibt er in einer am Freitag versandten Stellungnahme. Zuvor hatten andere Medien darüber berichtet.

Die AfD-Landtagsfraktion denke „nicht einmal im Traum daran“, eine bürgerlich-konservative Politik aus der Mitte der Gesellschaft voranbringen zu wollen. Vielmehr wollten die Abgeordneten „mit steter Provokation als rechtsradikale Gesinnungshasardeure“ auftreten. Er bedauere die Entwicklung der AfD im Landtag nach Rechtsaußen unter Stärkung des sogenannten „Flügels“ ebenso sehr, wie er die fehlende Professionalität in der Fraktion kritisiere.

Swoboda zufolge kriselt es in der Fraktion wegen des selbstherrlichen Verhaltens von Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner „ganz gewaltig“. Wenn Ebner-Steiner Swobodas Austritt mit dessen persönlicher Enttäuschung erkläre, „so verkennt sie wieder einmal die Lage oder will vom eigentlichen Übel der mangelnden Professionalität ablenken.“

Update 13.08 Uhr: Auch nach seinem Austritt aus der AfD will der Mittelfranke Raimund Swoboda Abgeordneter des bayerischen Landtags bleiben. Dies geht aus dem Schreiben über den Fraktionsaustritt Swobodas hervor, welches nach Angaben eines Sprechers am Donnerstag bei der Landtagsverwaltung eingegangen ist. Damit ist klar, dass die AfD-Landtagsfraktion ab sofort mit nur noch 21 Mitgliedern hinter der SPD-Fraktion mit 22 Mitgliedern fünftstärkste Kraft im Parlament ist.

Sowoboda ist damit partei- und fraktionsloser Abgeordneter – und dem Vernehmen nach könnten sich ihm schon bald weitere Mitglieder der AfD-Fraktion anschließen. Innerhalb der Fraktion gelten fünf weitere Abgeordnete als „Wackelkandidaten“, weil sie mit dem konfrontativen Kurs von Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner nicht einverstanden seien, darunter soll auch Mit-Fraktionschef Markus Plenk sein. Dieser war am Donnerstag aber zunächst nicht erreichbar.

Am Mittwoch hatte Swoboda gegenüber Plenk zunächst telefonisch und später auch schriftlich seinen Austritt aus der AfD und der Landtagsfraktion angekündigt. Ebner-Steiner hatte ihn daraufhin aufgefordert, auch sein Mandat zurückzugeben. In dem Fall hätte die AfD einen neuen Abgeordneten benennen können.

News vom 28. März, 9.30 Uhr: München – Der Spaltpilz, im Frühstadium eher unauffällig, war neulich im Landtag mühelos zu erkennen. Die AfD verließ verärgert eine Gedenkveranstaltung im Plenarsaal. Ein gutes Drittel der Fraktion blieb allerdings sitzen. Die Szene gilt als Beleg, wie heterogen, in Sachfragen uneins, die AfD-Fraktion in Bayern ist. Nun kommt es zur ersten Trennung: Der Abgeordnete Raimund Swoboda – der am Eklat nicht teilnahm – verlässt Partei und Fraktion.

Per Brief und in einem Telefonat teilte der 68-jährige Mittelfranke das intern mit. Die Zerrüttung hat eine wochenlange Vorgeschichte: Swoboda war mit mehreren Ambitionen aufgelaufen. Als Landtagsvizepräsident fiel er bei den anderen Parteien durch; sie hatten Äußerungen gefunden, wonach er Politiker als „Schurken“ beschimpft, ihnen „die Auflösung unseres Volkes“ vorgeworfen hatte. „Dem ist die AfD noch zu liberal“, wurde gespottet. AfD-intern scheiterte der ehemalige Polizeioberrat dann mit einer Kandidatur für den prestigeträchtigen Innenausschuss.

Im Bayerischen Landtag sorgte Raimund Swoboda für Schlagzeilen. Ein Video ging sogar viral.  

Macht Swoboda einem AfD-Nachrücker Platz?

Das Tischtuch dürfte zerschnitten sein. Die Fraktionsvorsitzende Katrin Ebner-Steiner teilt schriftlich mit, der Abgeordnete habe wohl „persönliche Gründe“. Sie erwarte, „dass er nun auch sein Mandat zurückgibt und einem Nachrücker Platz macht“. Dazu macht Swoboda aber keine Anstalten, er kann auch nicht gezwungen werden. Er wird wohl als erster fraktionsloser Abgeordneter dieser Legislaturperiode einen Platz in der letzten Reihe einnehmen. Die AfD hat dann 21 statt 22 Abgeordnete, ihre Fraktionszuschüsse sinken monatlich um 7250 Euro.

Bei CSU und Freien Wählern wird er keine Heimat finden. Politisch fehlten da Welten, heißt es in der CSU. Man werde ihn „fair und anständig behandeln, nicht mehr, nicht weniger“, sagt der Parlamentarische Geschäftsführer Tobias Reiß. Eine Aufnahme „liegt völlig außerhalb meiner Vorstellungskraft“, sagt auch FW-Kollege Fabian Mehring. Er prognostiziert, dieser Austritt werde „nicht der einzige bleiben – die AfD zersetzt sich.“

Gibt es Konflikte in der AfD?

Tatsächlich gibt es in der AfD nach Angaben von Abgeordneten wachsende Differenzen zwischen (national-) konservativ Gesinnten und der weit rechts stehenden Ebner-Steiner; die Niederbayerin vereint über die Hälfte der Fraktion hinter sich. Viele Abgeordnete, die ihr zugerechnet werden, haben zuletzt im Landtag mit vom Blatt abgelesenen Reden immer wieder provoziert und Aufmerksamkeit erzeugt. Bisher wurden diese Konflikte ein Stück weit durch die Doppelspitze überdeckt: Neben Ebner-Steiner führt der moderatere Bio-Landwirt Markus Plenk die Fraktion. Weitere Austritte sind nun denkbar. So geschehen im Bundestag und in einigen Landesparlamenten, darunter Baden-Württemberg, Sachsen und NRW.

Und in Bayern? Der Rosenheimer Franz Bergmüller fiel früh als gemäßigter Gegenpol zu Ebner-Steiner auf und wurde nach der Wahl unsanft in die letzte Reihe verfrachtet. Zwar sagt er nun, ein Austritt sei für ihn kein Thema. Die Partei müsse aber das Zeichen verstehen, das Swoboda habe setzen wollen. „Wir müssen über unseren grundsätzlichen Kurs diskutieren“, sagt Bergmüller. „Wenn die Protagonisten des bürgerlich-liberalen Flügels gehen, ist die Perspektive der AfD nicht 15, sondern fünf Prozent.“

Swoboda war offenbar vor allem unglücklich darüber, dass ihm der Platz im Innenausschuss verwehrt blieb. Er sei „ein verdienter Polizist“, sagt Bergmüller. „Aber die Fraktion wusste das nicht zu schätzen.“ Er habe noch versucht, Swoboda abzuhalten. „Aber vielleicht hat er mit seinem Schritt ja einige in der Fraktion wachgerüttelt.“

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