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Koalition einigt sich: Anti-Baby-Pille bis 22 – So sollen Ärzte über Abtreibungen informieren

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Es ist eine sensible Frage für viele Frauen – und ein für die Koalition: Wie dürfen Ärzte über Abtreibungen informieren? Nun ist ein Kompromiss gefunden.

Update vom 28. Januar, 21.58 Uhr: Schwangere sollen sich künftig leichter über Möglichkeiten für eine Abtreibung informieren können. Außerdem sollen junge Frauen die Verhütungspille zwei Jahre länger, bis zum 22. Geburtstag, von der Krankenkasse bezahlt bekommen. Das sieht ein Referentenentwurf vor, auf den sich die Bundesregierung nach langem Streit um das sogenannte Werbeverbot für Abtreibungen verständigt hat. Er liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Das Werbeverbot selbst bleibt demnach bestehen, der Paragraf 219a wird aber ergänzt.

„Wir stellen sicher, dass betroffene Frauen in einer persönlichen Notsituation an die Informationen gelangen, die sie benötigen“, sagte Justizministerin Katarina Barley (SPD) der dpa. Die neue Vorschrift sorge zudem für Rechtssicherheit für die Ärzte, betonte Familienministerin Franziska Giffey (SPD). „In Zukunft wird jede Ärztin und jeder Arzt in Deutschland über die Tatsache informieren dürfen, dass er oder sie Schwangerschaftsabbrüche durchführt“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Jede Frau werde einfach Informationen finden, wo in ihrer Nähe mit welchen Methoden ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt werden könne.

Anti-Baby-Pille künftig kostenfrei bis 22 – Spahn lobt „Ergänzung“

Vorgesehen ist außerdem eine Neuregelung zur Kostenübernahme bei Verhütungspillen. Dass die Krankenkassen die Kosten künftig länger übernehmen sollen, helfe jungen Frauen, ungewollte Schwangerschaften zu vermeiden, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) der dpa. „Ich halte das im Rahmen des gefundenen Kompromisses für eine gute Ergänzung.“ Die Anhebung der Altersgrenze von 20 auf 22 Jahre kostet die gesetzlichen Krankenkassen laut Entwurf jährlich rund 40 Millionen Euro mehr.

Die große Koalition hatte monatelang heftig über Paragraf 219a des Strafgesetzbuches gestritten. Dieser verbietet „Werbung“ für Schwangerschaftsabbrüche. Demnach macht sich strafbar, wer „seines Vermögensvorteils wegen“ öffentlich Abtreibungen anbietet. Die SPD hatte – wie Grüne, Linke und FDP – eine Abschaffung des Verbots gefordert, die Unionsseite wollte das nicht.

Im Dezember handelten die fünf zuständigen Minister einen Kompromissvorschlag aus, der aber längst nicht alle Kritiker, auch innerhalb der SPD, zufriedenstellte. Auf diesen Kompromiss baut der Gesetzentwurf nun auf.

Paragraf 219a wird modifiziert: Ärzte dürfen auf der eigenen Internetseite informieren

Konkret soll in Paragraf 219a eine neuer Absatz eingefügt und damit eine zusätzliche Ausnahme festgelegt werden. Ärzte und Klinken dürfen demnach öffentlich – zum Beispiel auf der eigenen Internetseite – darüber informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Sie sollen zugleich auf weitere Informationen neutraler Stellen dazu hinweisen dürfen, etwa durch Links auf ihrem Internetauftritt.

Die Bundesärztekammer soll außerdem eine zentrale Liste mit Ärzten, Krankenhäusern und anderen Einrichtungen führen, die Abbrüche vornehmen – mit Angaben zu angewandten Methoden. Die Liste soll monatlich aktualisiert und von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Internet veröffentlicht werden.

Der Referentenentwurf wird nun innerhalb der Bundesregierung weiter abgestimmt und mit Ländern und Verbänden beraten. Am 6. Februar soll das Kabinett den Gesetzentwurf verabschieden.

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Erste Einigung im November: Werbeverbot für Abtreibungen – darauf hatte sich die GroKo verständigt

Update vom 12. November, 20.43 Uhr: Nun ist bekannt, worauf sich die GroKo in Sachen Paragraf 219a geeinigt hat: Die Bundesregierung will das umstrittene Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche beibehalten, jedoch ergänzen. Unter anderem solle rechtlich ausformuliert werden, dass und wie Ärzte und Krankenhäuser über die Tatsache informieren können, dass sie Abtreibungen durchführen, erklärten die zuständigen Minister am Mittwochabend. 

„Werbung für einen Schwangerschaftsabbruch darf es jedoch auch in Zukunft nicht geben“, betonte Kanzleramtschef Helge Braun. Die Bundesärztekammer und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sollten die Aufgabe bekommen, Kontaktinformationen für Betroffene zur Verfügung zu stellen.

Die Fraktionen von CDU und SPD müssen den Vorschlägen der Ministergruppe allerdings noch zustimmen. SPD-Chefin Andrea Nahles begrüßte den Kompromissvorschlag. „Wir werden jetzt den genauen Gesetzestext abwarten und sodann im Januar in unseren Fraktionen bewerten, beraten und darüber entscheiden“, kündigte sie an. Mehrere Medien veröffentlichten am Mittwochabend auch ein Papier der GroKo zum „Stand der Beratungen“: 

Update vom 12. November, 19.02 Uhr: Die große Koalition hat sich offenbar auf einen Kompromissvorschlag zum Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche verständigt. Man habe sich auf Eckpunkte geeinigt, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch.

Um 20.15 Uhr wollen Kanzleramtschef Helge Braun (CDU), Innenminister Horst Seehofer (CSU) sowie Justizministerin Katarina Barley und Familienministerin Franziska Giffey (beide SPD) im Kanzleramt vor die Presse treten. Das Bundesgesundheitsministerium wird durch den Parlamentarischen Staatssekretär Thomas Gebhart (CDU) vertreten.

Thema der Pressekonferenz ist der "Vorschlag der Bundesregierung zur Verbesserung der Information und Versorgung in Schwangerschaftskonfliktlagen".

Die Minister hatten am Mittag rund drei Stunden lang ohne Ergebnis zusammengesessen und ihre Gespräche dann telefonisch fortgesetzt. Besonders die SPD hatte Druck aufgebaut und eine Einigung verlangt.

Erstmeldung – Koalitionskonflikt um Werbeverbot für Abtreibungen: Abschließende Einigung erst im Januar

Berlin – Im Koalitionskonflikt um das Werbeverbot für Abtreibungen erwartet Unions-Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) eine abschließende Einigung erst im nächsten Jahr. Die zuständigen Minister wollen am Mittwoch über eine Lösung beraten, sagte Grosse-Brömer am Dienstag in Berlin. Die Unionsfraktion wolle einen möglichen Kompromiss dann "ausführlich" in ihrer nächsten Sitzung diskutieren. Die nächste reguläre Fraktionssitzung findet jedoch erst wieder im neuen Jahr statt. 

Eine mögliche Einigung solle im Januar "in aller Ruhe" diskutiert werden, fügte Grosse-Brömer hinzu. "Ich glaube, es haben alle Beteiligten den Willen, eine Lösung zu finden." Die SPD will das Werbeverbot für Abtreibungen abschaffen und den entsprechenden Strafrechtsparagraphen 219a streichen, die Union sperrt sich jedoch dagegen. CDU-Politiker schlagen als Kompromiss vor, im Internet eine Liste mit Praxen und Kliniken zu veröffentlichen, die Abtreibungen vornehmen.

Möglicher Kompromiss: Liste im Internet mit möglichen Kliniken

Auch Unionsfraktionsvize Hermann Gröhe (CDU) sieht Adresslisten im Internet als mögliche Kompromisslinie. Eine online verfügbare Liste könne nach Postleitzahlen entsprechende Praxen und Kliniken auflisten, die Abtreibungen vornehmen, sagte Gröhe der "Rheinischen Post" vom Dienstag. "Eine Aufhebung des Werbeverbots braucht es dafür wirklich nicht." Zuvor hatte bereits die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker, für eine solche Liste plädiert.

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Der frühere Bundesgesundheitsminister Gröhe sagte zugleich: "Ich bezweifele, dass es ein Informationsdefizit gibt in der Frage, wo eine Abtreibung vorgenommen werden kann. Auch heute schon werden Frauen von Beratungsstellen und von ihren Ärzten informiert." Der CDU-Politiker kritisierte die Tonlage in der Debatte um den Paragrafen 219a. Diese "lässt leider oft vermissen, dass wir auch über das Lebensrecht Ungeborener reden", sagte er.

Winkelmann-Becker sagte der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom Dienstag, eine Liste im Internet sorge "für eindeutige und leicht zugängliche Informationen und für Rechtssicherheit bei Ärztinnen und Ärzten, ohne das staatliche Schutzkonzept für das ungeborene Kind auszuhöhlen". Eine Freigabe der Abstimmung als Gewissensentscheidung sei nicht nötig, da es nicht um das "Ob" einer Abtreibung gehe, sondern nur um das "Wo" und das "Wie". Das sei " keine Gewissensfrage, sondern eine vergleichsweise geringfügige Berufsausübungsregelung".

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Auslöser für Diskussion: Gerichtsurteil wegen Abtreibungs-Werbung

Aus Sicht der SPD reicht die Einführung einer bundesweiten Liste jedoch nicht aus, um den Streit beizulegen. Ursprünglich hatten die Sozialdemokraten ebenso wie Linke und Grüne die Abschaffung des Paragrafen 219a angestrebt. Schließlich entschloss sich die SPD aber, mit der Union nach einem Kompromiss zu suchen, um den Frieden in der großen Koalition zu wahren. Das gestaltet sich jedoch schwierig.

Der Koalitionsstreit schwelt bereits seit Monaten. Auslöser der Debatte war ein Gerichtsurteil: Das Amtsgericht Gießen hatte die Ärztin Kristina Hänel wegen des Paragrafen 219a zu einer Geldstrafe verurteilt, das Landgericht bestätigte den Richterspruch.

AFP

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