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ZDF wollte schockierenden Wahlwerbespot erst nicht senden – Hier sehen Sie das Video

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Das ZDF wollte einen Wahlwerbespot nicht ausstrahlen – weil er den „Anforderungen an Wahlwerbung nicht genügt“. Die PARTEI könnte ihr Ziel genau deswegen erreichen. Jetzt gab der Sender nach.

Update vom 14. Mai 2019: Das ZDF hat die schockierende Wahlwerbung der Partei ausgestrahlt. In dem Spot, für dessen Inhalt Sea-Watch verantwortlich ist, sieht man einen kleinen Jungen in einem roten Pulli unter Wasser. Er kämpft um das Überleben. Versucht nach oben zu schwimmen und nicht zu ertrinken. Aber er schafft es nicht und sinkt in die Tiefe.

Am Ende der Wahlwerbung wird der Satz „Ertrinken dauert so lange wie dieser Film“ eingeblendet. Genau eine Minute und 17 Sekunden dauert der Spot, der aufrütteln soll. Die Schuld am Ertrinken der Flüchtlinge wird der EU gegeben: „Denn die EU blockiert jede Rettung.“ 

ZDF sendet Wahlwerbespot der Partei nun doch

Update vom 8. Mai 2019: Erst hatte sich das ZDF geweigert, die Wahlwerbung der Satirepartei „Die PARTEI“ zu zeigen. Jetzt gibt der Sender nach und zeigt eine überarbeitete Version des Spots. In der neuen Version fehlen die Worte: „Die nachfolgende Wahlwerbung ist keine Wahlwerbung“ und am Ende wird auf „Die Partei“ verwiesen. Das ZDF teilte gegenüber Focus online mit, dass die neue Fassung ausgestrahlt wird.

Erstmeldung: ZDF will Wahlwerbespot der Partei nicht senden – das steckt hinter dem Streit

Mainz – Wahlwerbespots gehören für deutsche TV-Sender (und auch viele Zuschauer) buchstäblich zum Pflichtprogramm: Sowohl öffentlich-rechtliche als auch private Kanäle müssen den Parteien nämlich vor Wahlen Sendezeit gewähren. Und das beinahe unabhängig vom Inhalt – 2008 verpflichtete das Hessische Oberverwaltungsgericht etwa den HR dazu, einen Clip der NPD auszustrahlen, den der Sender für volksverhetzend hielt. 

Einen Spot der Satirepartei „Die PARTEI“ zur bevorstehenden Europawahl will das ZDF nun dennoch nicht zeigen. Die Begründung: Es handle sich gar nicht um Wahlwerbung, sondern um einen Aufruf, die Seenotrettungsorganisation Sea-Watch zu unterstützen. Deshalb genüge das Material nicht den Anforderungen an Wahlwerbung. Man sei nicht verpflichtet, den Spot auszustrahlen, zitiert die Webseite DWDL.de den Sender.

Wie der Clip tatsächlich aussieht, ist noch nicht bekannt. Offiziell bestätigt ist allerdings, dass die PARTEI die Gestaltung der Sendeminuten Sea-Watch überlassen hat.

Kein Wahlspot für die PARTEI? Sonneborn fordert „Politisierung der Politik“

Die PARTEI um den Satiriker und Europaabgeordneten Martin Sonneborn sieht die Sache jedenfalls naturgemäß anders als das ZDF. Man habe „zusammen mit Sea-Watch einen Wahlwerbespot zur EU-Wahl erstellt, der das anhaltende Sterben im Mittelmeer thematisiert“, teilte die PARTEI mit. Inzwischen liege der Spot dem ZDF in leicht überarbeiteter Fassung vor. Der Sender habe sich „Bedenkzeit“ auserbeten. Die neue Version werde „juristisch geprüft“, bestätigte eine ZDF-Sprecherin der Welt.

Sonneborn selbst äußerte sich am Dienstag in üblicher Manier launig bis bitterböse ernsthaft: „Für eine Politisierung der Politik! Im Mittelmeer sterben täglich Menschen. Ertrinken ist unangenehm“, erklärte er. „Eine Mitschuld tragen wir alle, insbesondere aber Merkel, Nahles, Seehofer, Juncker und der eine CSU-Spitzenkandidat, dessen Name mir gerade nicht einfällt.“

Streit um Wahlwerbung im ZDF: „Seit wann entscheidet mein alter Kumpel Bellut, was Wahlwerbung ist?“

Mitten in der in mehreren europäischen Ländern – nicht zuletzt im Nachbarland Österreich – schwelenden Debatte um Presse- und Meinungsfreiheit fügte Sonneborn hinzu: „Ich bin irritiert. Seit wann entscheidet mein alter Kumpel Bellut darüber, was Wahlwerbung für die PARTEI ist und was nicht?“ Bellut ist seit 2012 Intendant des ZDF. Unter seiner Ägide war Sonneborn auch für die ZDF-“heute show“ tätig.

„Der verfassungsrechtlich vorgegebene Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gilt auch bei für die Politik unliebsamen Themen, wie dem massenhaften Sterbenlassen im Mittelmeer“, erklärte Sea-Watch-Mitarbeiterin Marie Naass.

ZDF will Spot nicht senden – PARTEI dürfte schon jetzt zufrieden sein

Gewissermaßen hat die PARTEI mit der Debatte über den Spot schon jetzt mehr erreicht, als sie es mit ein paar Minuten Sendezeit hätte tun können – es wird nicht nur über die Partei selbst diskutiert, sondern auch über das Thema Seenotrettung. Das darf durchaus als ein Kernanliegen der Satiriker gelten: Sonneborn hatte 2018 mit einer seiner unorthoxen Reden im Parlament für Aufsehen gesorgt, in der er nebst drastischer Seitenhiebe auf EU-Politiker auch die hohen Zahlen von Todesopfern thematisierte.

Sonneborns Co-Spitzenkandidat für die bevorstehende Europawahl, der Kabarettist und Poetry-Slammer Nico Semsrott, brachte das in diesem Fall wohl erfolgreiche Anliegen für sich auf den folgenden Nenner: „Wenn die anderen Parteien keinen ernsthaften Wahlkampf betreiben, sind wir als Satiriker wohl verpflichtet, den ernsten Themen eine Bühne zu geben.“

Sollte das ZDF die Bühne im TV verweigern, wollen die PARTEI und Sea-Watch zum eigentlich angedachten Ausstrahlungstermin am Mittwochabend übrigens auf das Internet ausweichen – und den Spot einfach selbst zeigen. Auch auf ein bis zwei Sitze im neuen Europaparlament hat die PARTEI übrigens durchaus Chancen. Wegen einer für Deutschland ungewöhnlichen Regelung. 

Die aktuellen Umfragewerte zur Europawahl finden Sie in diesem Artikel.

fn

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