Politik

„Ideologischer Linksruck“: CSU-Chef Söder nimmt Sozialstaats-Konzept der SPD auseinander 

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Abschied von Hartz IV und eine Grundrente, wie sie vom Koalitionsvertrag nicht gedeckt ist: Die SPD will beim Wahlvolk endlich wieder punkten. Führende Politiker von CDU und CSU, haben die geplante Neuausrichtung der SPD scharf kritisiert. 

11.45 Uhr: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat die SPD aufgefordert, sich an den Koalitionsvertrag zu halten und die Pläne zur Grundrente entsprechend zu ändern. Grundsätzlich stellte sich der Christdemokrat im Interview mit Zeitungen der Funke-Mediengruppe hinter das vereinbarte Vorhaben, jahrelangen Beitragszahlern eine Rente oberhalb der Grundsicherung zu garantieren. Altmaier pochte aber auf die im Koalitionsvertrag vereinbarte Bedingung, dass nur Bedürftige diese Sonderleistung erhalten. „Für jemanden mit viel Geld stellt sich die Lage anders dar als für eine Witwe mit einem kleinen Häuschen, das sie den Kindern vererbt. Deshalb ist die Bedürftigkeitsprüfung bei der Grundrente elementar.“

8.20 Uhr:Der CSU-Vorsitzende Markus Söder hat die Pläne der SPD für eine Grundrente als „nicht finanzierbar“ bezeichnet. Zudem seien diese Vorschläge nicht vom Koalitionsvertrag gedeckt, sagte Söder der „Bild am Sonntag“. „Wir verhandeln keinen neuen Koalitionsvertrag. Natürlich reden wir miteinander, aber es darf keinen ideologischen Linksruck der Regierung geben.“ Vor allem brauche es eine Bedürftigkeitsprüfung, damit Leistungen gezielt dort ankämen, wo sie gebraucht würden. Für das weitere Vorgehen innerhalb der Bundesregierung schlug Söder vor: „Mit der Grundrente soll sich die Rentenkommission beschäftigen und dort in Ruhe darüber diskutieren. Wir werden keine übereiligen Entscheidungen bei der Rente treffen.“

Update vom 10. Februar 2019, 6.32 Uhr: Führende Politiker von CDU und CSU haben die geplante Neuausrichtung der SPD scharf kritisiert und ihr eine Abkehr vom Koalitionsvertrag vorgeworfen. „Die SPD plant die Beerdigung der sozialen Marktwirtschaft“, sagte der CDU-Vizevorsitzende Volker Bouffier den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Mit ihrem Wunsch, wieder Wähler zu gewinnen, hat sie sich für einen strammen Linkskurs entschieden.“ 

Reform des Arbeitsmarkt, von Hartz IV und finanzieller Leistungen für Kinder: Klausur der SPD-Parteiführung

Der SPD-Vorstand will mit einem umfassenden Paket für eine Reform des Arbeitsmarkts, von Hartz IV und der finanziellen Leistungen für Kinder das linke Profil der Partei schärfen und aus dem anhaltenden Umfragetief wieder herausfinden. Dazu kommt die Parteiführung an diesem Sonntagnachmittag (14.00 Uhr) im Berliner Willy-Brandt-Haus zu einer zweitägigen Klausur zusammen.

Die wegen des Umfragetiefs unter Druck stehende Partei- und Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles will mit dem Konzept eine Trendwende erreichen – es ist das bisher umfassendste Ergebnis des Erneuerungsprozesses. Weiteres Thema soll am Montag auch der anstehende Europawahlkampf sein.

Kritik an Plänen: „So entzaubert sich die SPD vollends“

Bouffier sagte: „Die SPD kann nicht Verantwortung in der Bundesregierung übernehmen und zugleich täglich Vorschläge machen, die in dieser Koalition nicht zu machen sind. So entzaubert sich die SPD vollends.“ Und: „Das ganze Land nimmt Schaden, wenn der eine Regierungspartner sich von der Grundlinie des Koalitionsvertrags absetzt und in eine andere Richtung rennen will.“

Bouffier bezog sich damit wie Söder auf die Pläne von Arbeitsminister Heil, für langjährige Beitragszahler die vereinbarte Grundrente oberhalb der Grundsicherung einzuführen – und zwar unabhängig von einer Bedürftigkeit. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD war eine Bedürftigkeitsprüfung aber ausdrücklich als Bedingung vereinbart gewesen.

Söder sagte: „Die große Koalition sollte in diesem Jahr gemeinsam regieren und nicht überwiegend Wahlkampf machen.“ Er schlug vor, über die Grundrente in der Rentenkommission „in Ruhe“ zu diskutieren – das will Heil aber nicht.

Positives Echo: Darum befürwortet die SPD Nahles‘ Sozialstaats-Konzept

Berlin – SPD-Chefin Andrea Nahles geht mit breiter Unterstützung aus den eigenen Reihen in die am Sonntag beginnende Vorstandsklausur. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) stellte sich hinter ihre Pläne für eine Reform des Sozialstaates. Parteivize Malu Dreyer sagte: "Wir haben gute Argumente, den Menschen wieder besser zu erklären, warum die SPD gebraucht wird." Der frühere Parteichef Sigmar Gabriel forderte, die SPD müsse "mehr wollen als gute Sozialpolitik betreiben".

Scholz sagte der "Süddeutschen Zeitung" vom Wochenende, es sei die SPD, die den Sozialstaat "auf der Höhe der Zeit hält". Und weil die Zeit sich gewandelt habe, schlage die SPD gut 15 Jahre nach den bislang letzten grundlegenden Reformen nun "abermals eine Modernisierung des Sozialstaates vor".

Der Wandel der Arbeitswelt durch technischen Fortschritt und Globalisierung dürfe nicht mit weniger Sicherheit einhergehen. "Das ist kein Naturgesetz", sagte Scholz. Er halte deshalb etwa "Verbesserungen bei der Dauer des Arbeitslosengeldbezuges" für nötig.

Das Reformkonzept, das auf der SPD-Vorstandsklausur beraten werden soll, sieht ein Bürgergeld statt des bisherigen Hartz IV, längeres Arbeitslosengeld I sowie eine Kindergrundsicherung vor.

Wer länger in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, soll auch länger ALG I erhalten. Unabhängig vom Alter soll sich die Anspruchszeit bei mindestens 20 Jahren Beitragszeit um drei weitere Monate, ab 25 Jahren um sechs Monate und ab 30 Jahren um neun Monate erhöhen. Bislang liegt die maximale Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld I für Menschen unter 50 Jahren bei zwölf Monaten.

Zudem will die SPD einen Leistungsanspruch für Qualifizierung einführen, das Arbeitslosengeld Q. In der geplanten Kindergrundsicherung sollen das Kindergeld, der Kinderzuschlag, das Bildungs- und Teilhabepaket und etwaige Hartz IV-Zahlungen zusammengeführt werden.

Im Zuge des neuen Bürgergeldes will die SPD ein Recht auf Arbeit einführen, außerdem sollen die bisherigen Hartz-IV-Sanktionen gelockert werden.

„Die zentrale Säule des Sozialstaats“

Dreyer sagte der Zeitung "Welt" vom Samstag, Fort- und Weiterbildung sollten zu einer "neuen zentralen Säule des Sozialstaats werden". Arbeitnehmer könnten den bevorstehenden Strukturwandel bewältigen, wenn der Sozialstaat der Weiterbildung entsprechende Priorität gebe. Dafür müsse auch die Arbeitslosenversicherung verändert werden. Sie bekräftigte die Forderung nach einem Mindestlohn von zwölf Euro. Diese Höhe hatte auch Scholz ins Gespräch gebracht.

Mit Blick auf kritische Äußerungen von Altkanzler Gerhard Schröder und Ex-Parteichef Gabriel in Richtung Nahles sagte Dreyer: "Es gibt derzeit in der Tat einzelne Stimmen, die dazwischenfunken, während wir größtenteils gemeinsam an einem Strang ziehen." Für bestimmte Kommentare "fehlt mir da das Verständnis". Personaldebatten hätten "erst recht keinen Sinn". Schröder hatte Nahles kürzlich "Amateurfehler" bescheinigt und sich für eine Rückkehr Gabriels an die Parteispitze ausgesprochen.

Gabriel mahnte seine Partei derweil erneut, die eigene Wirtschaftskompetenz zu stärken. Die SPD dürfte sich nicht auf das Thema Soziales reduzieren lassen, sagte er der "Augsburger Allgemeinen" vom Samstag. "Wir müssen mehr sein wollen als der Betriebsrat der Nation."

AFP

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