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Grüne im Höhenflug: Jetzt wird ein Kanzlerkandidat gefordert – Partei hat ein Problem

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Probleme durch aktuelle Wahlerfolge

Grüne im Höhenflug: Jetzt wird ein Kanzlerkandidat gefordert – Partei hat ein Problem

Die Grünen eilen von Erfolg zu Erfolg – zuletzt bei der Europawahl. Nun müssen sich die Parteispitzen jedoch immer öfter einer Frage stellen, der sie am liebsten aus dem Weg gehen.

Update vom 16. Juni 2019: Trotz außergewöhnlich guter Umfragewerte hatten die Grünen zuletzt eine Debatte über einen möglichen Kanzlerkandidaten abgelehnt. Nun könnte sich der Wind in der Partei drehen: Bayerns Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann fordert für den Fall eines weiteren Höhenflugs seiner Partei die Abkehr von einer Doppelspitze vor der nächsten Bundestagswahl und die Ernennung eines Kanzlerkandidaten.

„Wenn es die Umfragen weiterhin hergeben, bin ich für eine klare Kanzlerkandidatur und gegen eine Doppelspitze bei der nächsten Bundestagswahl“, sagte Hartmann der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Mehrere Meinungsforschungsinstitute führen die Grünen derzeit als bundesweit stärkste Kraft noch vor der Union.

Heiß gehandelt als möglicher Grünen-Kanzlerkandidat für die nächste Bundestagswahl wird Parteichef Robert Habeck. In einer Emnid-Umfrage für die Bild am Sonntag sagten 51 Prozent der Befragten, wenn sie den Kanzler direkt wählen und zwischen Habeck und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer entscheiden könnten, würden sie für Habeck votieren. Kramp-Karrenbauer kam auf eine Zustimmung von 24 Prozent.

Hartmann sprach sich laut der Zeitung dafür aus, einen Kanzlerkandidaten in einer Urwahl bestimmen zu lassen. „Dieser basisdemokratische Prozess und grüne Inhalte sind wichtiger als Anzahl oder Geschlecht der Kandidierenden.“ Bei einer solchen Urwahl gehe es dann nicht nur darum, wer einen guten Wahlkampf mache, „sondern wer das Amt des Bundeskanzlers ausfüllen kann“. Heute schon sei es gang und gäbe, dass die Grünen nur einen Kandidaten aufstellten, wenn es um die Posten von Landräten und Bürgermeistern gehe, betonte er.

Hintergrund: Grüne im Höhenflug – aber eine Frage nervt, und die Partei steht vor einem Risiko

Der Höhenflug der Grünen hält an. Er ist derart ausgeprägt, dass es sogar den Grünen selbst unheimlich wird. Die Partei, die sich einst in den 1980ern vehement gegen das Establishment durchsetzen musste, die als erste grüne- und klimapolitische Anliegen in die Bundespolitik brachte – diese Partei hat es im Jahr 2019 offenbar in die Mitte der Gesellschaft geschafft. 

In den aktuellen Umfragen rangieren die Grünen tatsächlich an der Spitze aller Parteien. Das hätten wohl selbst die kühnsten Optimisten innerhalb der Partei vor einigen Jahren nicht zu hoffen gewagt. Und dieser Höhenflug geht weiter: Glaubt man den neuen Umfragen von infratest dimap und Forsa, liegen die Grünen bei 26,5 Prozent. Damit stehen sie deutlich vor denen, die sich immer noch als Volkspartei bezeichnen. 

Grüne: Eine Frage wollen sie derzeit um jeden Preis vermeiden

Je größer der Zuspruch bei Bevölkerung und Wählern wird, desto mehr bemühen sich die Grünen, auf dem Boden zu bleiben. Nichts kommt bei den Grünen-Anhängern schlechter an als Übermut, nichts wird von den Wählern und Mitgliedern mehr verlangt als akribische Programmarbeit. 

Dennoch wird den Spitzenkadern angesichts der Umfragewerte unvermeidlich auch die K-Frage gestellt; die nach der Kanzlerkandidatur. Die Antwort der Grünen lautete dabei zuletzt stets: Wir kümmern uns um die Sachfragen, Neuwahlen stehen nicht an. 

Forderung nach Kanzlerkandidaten wird bei den Grünen lauter

Doch immer mehr und auch prominente Grüne wie Hans-Christian Ströbele fordern längst, dass auch die Grünen endlich einen Kanzlerkandidaten aufstellen. Wobei allerdings noch zu klären wäre, wer es denn dann aus der Doppelspitze der Partei eigentlich machen soll: Robert Habeck oder Annalena Baerbock? Bei dem Thema halten sich die beiden aus guten Gründen zurück. So musste sich Habeck unlängst in einem Spiegel-Interview bei dieser Frage in den Humor flüchten. Kanzlerkandidat Habeck? Beliebter in den Umfragen ist er allemal – aber so einige Beobachter schätzen Baerbock wird für einen sachlichen und ausgleichenden Politikstil.

Grüne wurden bei Europawahl die zweitstärkste Kraft

Sichtbarstes Zeichen für den Höhenflug der Grünen waren zuletzt die Europawahlen. Dort hatte die Partei wahrhaft historische Erfolge gefeiert. Zweistellige Zuwachsraten waren vor allem in den Großstädten und im Westen Deutschlands zu beobachten. Ein Zuwachs, der nicht ohne Risiko ist: Weder die Strukturen noch die Finanzen der Grünen sind aktuell auf die aktuelle immens gewachsene Bedeutung ausgerichtet. 

Probleme für die Praxis werden auch an anderer Stelle deutlich: So verfügen die klassischen Volksparteien wie SPD und CDU ein Vielfaches an Mitgliedern. Eine Manpower, die den Grünen bei Veranstaltungen und Wahlkämpfen fehlt. Und es gibt einen weiteren Schwachpunkt: der deutsche Osten. Bis zuletzt schaffte es die Partei trotz diverser Anstrengungen nicht, hier zu punkten. 

Mehrheit der Deutschen wünscht sich Regierungsbeteiligung der Grünen

Dass die Grünen mit ihren Themen einen Nerv treffen, zeichnet sich schon seit Jahren ab. So wurde Joschka Fischer 1985 erster grüner Minister – in Hessen als Zuständiger für Umwelt und Energie. Seine Turnschuhe machten damals Furore. Seit 2011 und bis heute anhaltend ist Winfried Kretschmann einziger Ministerpräsident, der das Parteibuch der Grünen besitzt. Die CSU hatte die Grünen nach der Europawahl als neuen Hauptkonkurrenten ausgemacht. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ging nichtsdestotrotz zuletzt auch schon auf Tuchfühlung mit Kretschmann.

Kommunalpolitik, Bundestag, Landesregierung, Bundesregierung – da wäre eine Kanzlerschaft in naher oder ferner Zukunft nach Ansicht mancher grüner Wähler und Politiker nur der nächste logische Schritt. Es passt ins Bild, dass sich bei einer neuen Umfrage 58 Prozent der Grünen eine Regierungsbeteiligung im Bund ausdrücklich wünschen. 

Philipp David Pries

Um einen aktuellen Auftritt von Grünen-Chef Robert Habeck gibt es derzeit mächtig Wirbel – die Bayernpartei steckt dahinter. 

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