Politik

Brexit: Studie lässt enorme Einkommensverluste in Deutschland befürchten – Merkel warnt

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Laut EU-Ratschef Donald Tusk ist ein Brexit-Aufschub möglich. Unterdessen warnen Experten vor den EU-weiten Folgen. Der News-Ticker zum Brexit.

  • Geplante dritte Brexit-Abstimmung: Gesetz von 1604 macht Brexit-Absichten von Theresa May einen Strich durch die Rechnung.
  • Brexit ohne Austrittsabkommen mit der EU weiter als drohendes Szenario.
  • Premierministerin May hat die EU am Mittwoch um einen Brexit-Aufschub von drei Monaten gebeten.
  • Putsch-Gerüchte um das Amt der Premierministerin. Als Nachfolge-Kandidat wünschen sich viele Boris Johnson.
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    Merkel verknüpft Brexit-Verschiebung mit britischem Ja zu Austrittsvertrag

    9.38 Uhr:

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ein Ja der EU-Staaten zu der von Großbritannien beantragten Brexit-Verschiebung auf Ende Juni mit einer vorherigen Zustimmung des britischen Parlaments zu dem Austrittsabkommen mit der EU verknüpft. "Diesem Wunsch können wir im Grundsatz entsprechen, wenn wir nächste Woche ein positives Votum zu den Austrittsdokumenten vom britischen Parlament bekommen werden", sagte Merkel am Donnerstag in einer Regierungserklärung im Bundestag.

    "Über eine kurze Verlängerung kann man dann sicher positiv reden", sagte Merkel weiter mit Blick auf das am Nachmittag beginnende Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Wenn es allerdings zu keinem positiven Votum des britischen Parlaments komme, werde es möglicherweise zu einem weiteren EU-Spitzentreffen kommen müssen. Merkel bringt also einen weiteren EU-Gipfel zum Brexit ins Gespräch.

    "So sehr wir auf einen geordneten Austritt hinarbeiten, so bereiten wir uns auch darauf vor, dass es einen ungeregelten Austritt geben kann", sagte die Kanzlerin. Sie wies darauf hin, dass für diesen Fall Vorkehrungen von Deutschland und den übrigen EU-Staaten getroffen worden seien – sowohl was die Aufrechterhaltung des Verkehrs angehe als auch die Rechte etwa von Erasmus-Studenten oder in Deutschland lebenden Briten. Gleichwohl "werden wir uns bis zur letzten Stunde dafür einsetzen, dass diese Notfallmaßnahmen nicht zum Tragen kommen", hob Merkel hervor.

    Brinkhaus warnt vor Brexit-Panik

    8.55 Uhr:

    Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) warnt im Ringen um das weitere Vorgehen beim Brexit vor Panik. Derzeit seien die "Aufgeregtheiten" groß, was dem Prozess nicht gut tue, sagte er am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin". Stattdessen sollten alle Beteiligten "mit Ruhe und Bedacht 'rangehen".

    Brinkhaus betonte, "der Ball liegt im britischen Unterhaus". Es stelle sich manchmal die Frage, was die Briten eigentlich wollten. Das gelte auch bei der nun von Premierministerin Theresa May gewünschten Verschiebung des Brexit-Datums von Ende März auf Ende Juni. Eine solche Fristverlängerung ergebe nur Sinn, wenn es tatsächlich eine Perspektive für eine Lösung innerhalb dieses Zeitraums gebe.

    Am Donnerstag treffen sich die EU-Staats- und Regierungschefs zu einem Gipfel in Brüssel, um über das weitere Vorgehen zu beraten. In diesen Minuten gibt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundestag eine Regierungserklärung dazu ab.

    Brexit-News: Studie zeigt enorme Einkommensverluste in Deutschland – May kämpft

    7.12 Uhr: Der Brexit könnte das Bruttoeinkommen in Deutschland einer Studie zufolge in Milliardenhöhe schmälern. Komme es zu einem ungeregelten Austritt Großbritanniens ohne Vertrag, müssten sich die Deutschen wohl auf einen Einkommensverlust von fast 10 Milliarden Euro jährlich einstellen. Pro Kopf wären das rein statistisch gesehen rund 115 Euro weniger, schätzt eine Untersuchung der Bertelsmann Stiftung, die am Donnerstag in Gütersloh veröffentlicht wurde.

    Nach Großbritannien selbst wäre demnach das exportorientierte Deutschland beim Bruttoeinkommen am stärksten belastet, gefolgt von Frankreich und Italien. Auf das Vereinigte Königreich käme laut Simulation bei einem No-Deal-Austritt ein jährlicher Einkommensverlust von 57 Milliarden Euro zu – umgerechnet etwa 875 Euro pro Einwohner. Auf fast 8 Milliarden Euro weniger müssten sich die Franzosen und auf gut 4 Milliarden Euro weniger die Italiener gefasst machen, sagt die Studie voraus.

    Ein geordneter Brexit mit Austrittsabkommen würde die negativen Auswirkungen deutlich abmildern, betonen die Autoren. Sie hatten auf Basis von amtlichen Handelsdaten in zwei Szenarien – Brexit mit oder ohne Vertrag – Einkommensentwicklungen geschätzt, auf Grundlage erwarteter Veränderungen beim Bruttoinlandsprodukt.

    Brexit-Update 21. März 2019: Theresa May will weiter kämpfen

    6.46 Uhr: Die britische Premierministerin Theresa May will weiter für einen geordneten EU-Austritt ihres Landes kämpfen. "Ich hoffe leidenschaftlich, dass die Abgeordneten einen Weg finden, um das Abkommen zu unterstützen, das ich mit der EU ausgehandelt habe", sagte May am Mittwochabend in London. Der Austrittsvertrag war bereits zwei Mal vom britischen Unterhaus abgelehnt worden. 

    In ihrer Fernsehansprache sagte May weiter: "Sie wollen, dass diese Stufe des Brexit-Prozesses vorüber und fertig ist. Ich stimme zu. Ich bin auf Ihrer Seite." Ihr Bitte um einen Aufschub bis zum 30. Juni habe sie mit "tiefem Bedauern" vorgebracht.

    May hatte die EU am Mittwoch um einen Aufschub des für Ende März geplanten Brexit um drei Monate gebeten. EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärte daraufhin, die EU sei zu einer "kurzen Verschiebung" unter der Bedingung bereit, dass das britische Parlament das vereinbarte Austrittsabkommen annehme.

    In ihrer Ansprache bezeichnete May jedwede Verschieben über Ende Juni hinaus als eine Untergrabung des Wählervertrauens. "Es ist höchste Zeit, dass wir eine Entscheidung treffen."

    Berichte: May will am Abend Erklärung zum Brexit abgeben

    20.45 Uhr: Die britische Premierministerin Theresa May will Berichten zufolge noch am Mittwochabend eine Erklärung zum Brexit abgeben. Das berichtete unter anderem die BBC unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen. Auch Irlands Premierministerin Leo Varadkar sagte vor Journalisten in Dublin, er gehe davon aus, dass sich May noch am Abend äußern werde. Ein Regierungssprecher in London wollte sich auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur nicht dazu äußern.

    Brexit: „Kurze Verschiebung“ des Brexits wohl möglich – doch nur unter einer Bedingung

    17.50 Uhr: 

    EU-Ratschef Donald Tusk hält nach Rücksprache mit anderen europäischen Politikern eine „kurze Verschiebung“ des Brexits für möglich, falls das britische Parlament den Austrittsvertrag doch noch annimmt. Dies sagte Tusk am Mittwochnachmittag in Brüssel.

    Die von der britischen Premierministerin Theresa May vorgeschlagene Verlängerung der Austrittsfrist bis 30. Juni habe etwas für sich, fügte er hinzu. Allerdings werfe das neue Datum eine Reihe ernster juristischer und politischer Fragen auf. Die EU-Staats- und Regierungschefs würden dies beim Gipfel am Donnerstag besprechen. Kein Problem sieht Tusk darin, Zustimmung der übrigen 27 Länder für die letzten Nachbesserungen des Vertragspakets von voriger Woche zu bekommen.

    Derzeit erwarte er keinen Sondergipfel kommende Woche, sagte Tusk weiter. Die Entscheidungen der EU-Staats- und Regierungschefs beim Gipfel könnten im schriftlichen Verfahren unter Dach und Fach gebracht werden. Sollte es nötig werden, werde er aber auch nicht zögern, kommende Woche noch einmal nach Brüssel zu laden.

    Man habe jetzt den kritischsten Punkt des Austrittsverfahrens erreicht, sagte Tusk. Die Chancen für einen endgültigen Erfolg erschienen derzeit schwach, vielleicht sogar illusionär. Aber: „Wir können nicht aufgeben, eine Lösung zu suchen“, sagte Tusk.

    Ursprünglich wollte sich Großbritannien am 29. März von der Staatengemeinschaft trennen. Doch der Termin ist nicht mehr zu halten – es sei denn, das Land scheidet ohne Deal aus der EU aus.

    Gegen den 30. Juni als neuen Termin hat die EU-Kommission Bedenken. Sollte Großbritannien zum Start der Europawahl ab 23. Mai noch Mitglied sein, müsste es an der Wahl teilnehmen. May lehnt das jedoch ab.

    Frankreich droht zudem mit einem Veto für den Fall an, dass May beim EU-Gipfel keine „ausreichende Garantien“ für die Glaubwürdigkeit ihrer Strategie vorlege. In dem Fall würde Frankreich einen EU-Austritt Großbritanniens ohne Abkommen vorziehen. Ein ungeregelter Brexit könnte allerdings wirtschaftliche Schäden verursachen.

    15.22 Uhr: Während Großbritannien mit der Europäischen Union um den Austritt ringt, geht es im Parlament auch abseits der Brexit-Pläne turbulent zu. Premierministerin Theresa May ist auch wegen der chaotischen Umstände rund um die angespannte Situation mit den Bündnispartnern geschwächt. Schon seit geraumer Zeit gibt es politische Gegner, die einen Rückzug der Parteichefin der britischen Konservativen lieber heute als morgen begrüßen würden. Londons Ex-Bürgermeister Boris Johnson spielt bei diesen Gedankenspielen eine tragende Rolle. „Er hat immer noch Star-Qualitäten, die wir für die Wähler brauchen, um Corbyn zu schlagen, falls bald Wahlen stattfinden sollten. Und 2019 wird es Wahlen geben, wenn Sie sich das Parlament mal anschauen“, hat sich ein Abgeordneter der Konservativen laut Guardian geäußert. 

    Nachdem Johnson bis 2018 oberster Politiker der Metropole London war, trat der 54-Jährige daraufhin das Amt des britischen Außenministers an. Zuvor hatte Johnson die Kampagne der Befürworter eines EU-Austritts des Vereinigten Königreichs angeführt und gilt als harter Brexit-Verfechter. Schon vor seinem Antritt als Außenminister galt der Populist und bekennende „Krawall-Politiker“ als möglicher Nachfolge-Kandidat des damaligen Premiers David Cameron, welche dann jedoch May antrat. Wie der namentlich nicht erwähnte Abgeordnete gegenüber dem Guardian weiter sagte, würde er sich wünschen, dass Johnson der Nachfolger von Theresa May wird und das unabhängig vom Ausgang der Brexit-Verhandlungen.

    Dem Bericht zufolge besitzen viele Konservative die Meinung, dass nur Boris Johnson die nötige Stärke habe, um sich in einer neu durchgeführten Parlamentswahl gegen den Labour-Kandidaten Jeremy Corbyn durchzusetzen. Dass dann im britischen Parlament Ruhe einkehrt, erscheint jedoch ausgeschlossen: So gebe es auch Regierungspolitiker, die Johnson als Parteichef ablehnen und dies verhindern möchten. Die Bild zitiert einen unabhängigen britischen Politik-Experten mit der Einschätzung, dass parallel zur Brexit-Debatte hinter den Kulissen ein Führungswettbewerb entbrannt ist. Ein weiterer Kandidat für die Nachfolge von Theresa May als Oberhaupt der Konservativen sei Dominic Raab. Das Lager der Unterstützer von Johnson hält den Newcomer allerdings für zu unerfahren und unbekannt, um erfolgreich als neuer Parteichef fungieren zu können.

    Raab wurde im Juli 2018 zum Minister für den Austritt aus der Europäischen Union bestimmt, wenig später übernahm Theresa May jedoch selbst die Verhandlungen mit der EU. Nachdem die britische Regierung dann einem Entwurf der EU-Kommission für ein Austrittsabkommen zugestimmt hatte, trat Raab im November aus dem Ministerium zurück. Begründung: Er könne dieses Abkommen „nicht guten Gewissens verantworten“.

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