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Wahl Dänemark: Hohe Wahlbeteiligung zeichnet sich ab – Sozialdemokraten mit guten Chancen

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In Dänemark könnten bei der Wahl am Mittwoch die Sozialdemokraten die stärkste Kraft werden. Es zeichnet sich außerdem eine hohe Wahlbeteiligung ab.

  • Am 5. Juni 2019 wird in Dänemark gewählt. 
  • 179 Parlamentssitze werden vergeben, darunter jeweils zwei für Politiker aus Grönland und von den Färöer-Inseln.
  • Die sozialdemokratische Partei könnte laut Umfragen knapp 30 Prozent der Stimmen auf sich vereinen und die Wahl gewinnen.
  • Der amtierende Premierminister Lars Løkke Rasmussen der liberal-konservativen Venstre-Partei liegt in den Umfragen zurück. 
  • Auch der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei drohen Verluste. Wähler könnten zu rechtsextremen Parteien abwandern.

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Update vom 5. Juni, 13.39 Uhr:

Bei der Parlamentswahl in Dänemark zeichnet sich eine höhere Wahlbeteiligung als vor vier Jahren ab. Bis zum Mittwochmittag hatten schätzungsweise 37 Prozent der rund 4,2 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben, wie Stichproben der Nachrichtenagentur Ritzau zeigten.

Bei der letzten Parlamentswahl 2015 hatten zu dem Zeitpunkt etwas mehr als 27 Prozent der Wähler abgestimmt, am Ende waren es 85,9 Prozent gewesen. An der Europawahl vor zehn Tagen hatten sich so viele Dänen wie noch nie beteiligt, die Wahlbeteiligung beim nördlichsten aller deutschen Nachbarstaaten lag bei 66 Prozent. Die Wahllokale sollten um 20.00 Uhr schließen. Danach wurden erste Prognosen erwartet.

Auch der amtierende Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen und seine sozialdemokratische Herausforderin Mette Frederiksen warfen ihre ausgefüllten Stimmzettel am Vormittag in die Wahlurnen. Frederiksens Sozialdemokraten galten laut Umfragen als Favoriten auf den Wahlsieg.

Unmittelbar vor der Wahl hatte Løkke darum geworben, eine Regierungskoalition in der Mitte – und damit über die traditionellen Bündnisblöcke hinweg – zu bilden. Frederiksen wies diese Möglichkeit am Wahltag zurück. „Ich halte es für etwas unseriös, während des Wahlkampfes drei, vier unterschiedliche Vorschläge für eine Regierung vorzulegen“, sagte sie bei der Stimmabgabe in Værløse.

Parlamentswahlen in Dänemark haben begonnen

10.01 Uhr: In Dänemark haben am Mittwoch die Parlamentswahlen begonnen, die laut Umfragen zu einem Regierungswechsel führen könnten. Es wird erwartet, dass die oppositionellen Sozialdemokraten von Parteichefin Mette Frederiksen die meisten Stimmen auf sich vereinen. In Umfragen lagen sie zuletzt bei 27,2 Prozent der Stimmen und damit rund zehn Prozentpunkte vor der Liberalen Partei von Regierungschef Lars Lokke Rasmussen. Seine Partei war in den vergangenen 18 Jahren 14 Jahre lang an der Macht.

Lokkes rechtskonservative Minderheitsregierung führte in den vergangenen Jahren das Land mit Unterstützung der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei, die bei der Wahl Stimmen verlieren dürfte. Ein großer Teil ihrer Wähler könnte zu zwei neuen rechtsextremen Parteien abwandern, darunter die Partei Strammer Kurs.

Beherrschende Themen des Wahlkampfs waren Klimaschutz, Sozialstaat und Einwanderung. Rund 4,2 Millionen Menschen waren aufgerufen, bis zur Schließung der Wahllokale um 20.00 Uhr ihre Stimme abzugeben.

Mette Frederiksen: Wohlfahrt für die Dänen und Härte gegen die Anderen

9.20 Uhr: Mette Frederiksen steht kurz davor, die jüngste Regierungschefin in der Geschichte Dänemarks zu werden. Mit ihren 41 Jahren kann die Vorsitzende der Sozialdemokraten bereits auf eine steile politische Karriere zurückblicken. Als 15-Jährige trat sie den Jungsozialisten bei, mit 24 Jahren wurde sie Abgeordnete, danach Arbeits- und Justizministerin, 2015 schließlich trat sie an die Spitze ihrer Partei.

Vor den Wahlen an diesem Mittwoch kristallisierte sich immer stärker heraus, dass Frederiksen gute Chancen hat, als Ministerpräsidentin gewählt zu werden. Die Sozialdemokraten dürften Wählerstimmen aus dem rechten Lager zurückgewinnen und am Ende die Nase vorn haben. Selbst wenn es nicht für eine eigene Regierungsmehrheit reicht, ist das nach den dänischen Gepflogenheiten nichts Ungewöhnliches. Minderheitsregierungen gehören in Kopenhagen zur Normalität.

Frederiksens Programm lässt sich auf einen einfachen Nenner bringen: Wohlfahrt für die Dänen und Härte gegen die Anderen. Wohlfahrt für die Dänen könnte etwa bedeuten, das Renteneintrittsalter für bestimmte Gruppen herabzusetzen und die Ausgaben für Gesundheit und Bildung aufzustocken.

Härte gegen die Anderen ist in Dänemark in den vergangenen Jahrzehnten zum Standard geworden. Die Anderen werden üblicherweise als die "Nicht-Westlichen" bezeichnet. Frederiksen vertritt die Ansicht, Asylbewerber sollten unter UN-Aufsicht auf dem afrikanischen Kontinent in Lagern untergebracht werden.

"Ich stelle lediglich fest, dass heute drei Viertel aller Abgeordneten für eine harte Einwanderungspolitik sind", sagte Frederiksen jüngst in einem Interview-Buch. Ihr Kalkül läuft darauf hinaus, das Stimmenpotenzial der rechten Volkspartei und der noch rechteren Neuen Rechten abzugraben. Dann könnte sie sich in Migrationsfragen im Parlament von einer Mitte-Rechts-Mehrheit unterstützen lassen, in der Sozialpolitik von einer Mitte-Links-Mehrheit.

"Ich habe nie Zweifel daran gehegt, dass Mette, wenn sie es denn will, ans Ziel gelangt", sagt ihr Vater, Flemming Frederiksen. Schon zu Beginn ihrer Grundschulzeit habe sie sich für Politik begeistert.

Innerhalb der Sozialdemokraten wird ihr bescheinigt, die Partei zu einem hohen Maß an Geschlossenheit geführt zu haben. 2010 zog Frederiksen sich Kritik zu, weil sie in politischen Reden das Konzept der staatlichen Schulen hochhielt, ihre eigenen Kinder aber auf eine Privatschule schickte. Mette Frederiksen hat zwei Kinder und ist geschieden.

Dänemarks konservativer Regierungschef in Not: Kehrtwende kurz vor der Wahl stößt auf Unverständnis

Update vom 4. Juni, 19.30 Uhr: Angesichts schwacher Umfragewerte hat Dänemarks Regierungschef Lars Løkke Rasmussen kurz vor der Wahl eine überraschende Wende aufs Parkett gelegt – und angekündigt, eine neue Regierungskoalition der Mitte anzustreben. Bislang führt Rasmussen eine Minderheitsregierung aus seiner rechtsliberalen Venstre, der Konservativen Volkspartei und der rechts-liberalen bis -libertären Liberal Alliance (LA).

Scharfe Kritik erhielt er dafür aus Reihen der LA. „Er scheitert im Kampf, eine andere Option als eine sozialdemokratisch-sozialistische zu eröffnen“, zitiert der dänische Rundfunk DR den Parteivorsitzenden Anders Samuelsen. Rasmussen werfe sich noch vor der Wahl „direkt in die Arme“ seiner sozialdemokratischen Herausforderin Mette Frederiksen, fügte Samuelsen hinzu.

Aber auch bei Fredriksen stieß Rasmussen am Dienstag auf Ablehnung: „Für uns geht es nicht darum, ein paar Minister auszutauschen. Für uns geht es darum, Dänemark mit einer neuen Politik in eine neue Richtung zu führen“, betonte sie.

Erstmeldung: Sozialdemokraten in Europa hoffen auf Wahl in Dänemark

Kopenhagen – Am Mittwoch, 5. Juni, wird in Dänemark gewählt. Und das wissen die Dänen erst seit knapp drei Wochen. Denn Wahlen werden in Dänemark erst kurzfristig angekündigt. Was dahinter steckt: die Dänen machen keinen Straßenwahlkampf. 

Und noch etwas ist anders in Deutschlands nördlichem Nachbarland: Die dänischen Sozialdemokraten konnten mit ihrer Spitzenkandidatin Mette Frederiksen in den vergangenen Monaten nicht nur die klassischen Mitte-Links-Themen wie Klimawandel und Rente für sich kapern, sondern auch das Thema Zuwanderung. Dabei macht die Partei einen Sprung in Richtung rechts, der bei einigen Beobachtern auch auf Kritik stößt.

Das Konzept scheint nichtsdestotrotz aufzugehen: Umfragen kündigen seit Monaten einen Durchmarsch für Frederiksen an, sie könnte den rechts-liberalen Regierungschef Lars Løkke Rasmussen (Venstre) aus dem Amt zu drängen. Zuletzt kam ihre Partei in einer Befragung des Analyseinstitutes Voxmeter auf mehr als 29 Prozent, der sogenannte rote Block um ihre Sozialdemokraten auf 108 der 179 Sitze im Parlament. 

Dänemark wählt: Strategie der Sozialdemokraten beim Thema Einwanderung

Frederiksens Partei will die Zuwanderung aus nicht-westlichen Staaten begrenzen und Aufnahmelager für Asylbewerber außerhalb Dänemarks einfordern. Diese restriktivere Migrationspolitik hat einerseits zu Spannungen mit den anderen Parteien im „roten Block“ geführt, fischt sie damit doch auf der anderen Seite des politischen Spektrums um Stimmen. Gleichzeitig nimmt Fredriksen der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei damit den Wind aus den Segeln. Die Rechtspopulisten müssen Umfragen zufolge – wie bereits bei der Europawahl – mit deutlichen Verlusten rechnen.

Geht diese Strategie auf? Frederiksen selbst warnte trotz der Umfragewerte, die Stimmen für den 5. Juni seien noch nicht abgegeben. Und auch die Europawahl dürfte sie verunsichern: In Prognosen hatten die Sozialdemokraten am Wahlabend noch vor der Regierungspartei Venstre gestanden – am Ende gewannen Løkkes Liberale dann aber doch.

Sollten sich die Umfragewerte aber am Wahlmittwoch bewahrheiten, dürfte Dänemark zum zweiten Mal nach Helle Thorning-Schmidt von einer Frau regiert werden und noch dazu von der mit 41 Jahren jüngsten Person, die jemals an der Spitze einer dänischen Regierung gestanden hat.

Wahl in Dänemark: Mette Frederiksen ist die Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten

Frederiksen sagt von sich selbst, sie habe sozialdemokratische Werte schon von klein auf im Blut gehabt. Sie stammt ursprünglich aus einem Arbeiterviertel der Stadt Aalborg in der Region Nordjütland. Unter Thorning-Schmidt war sie Arbeits- und später Justizministerin. 

Nach der Niederlage bei der Parlamentswahl 2015 übernahm sie die Parteiführung und greift nun mit einer deutlich anderen Strategie an als Thorning-Schmidt. Während sie wirtschaftspolitisch weiter links steht, wagte sich Frederiksen an ein Thema heran, an dem die Sozialdemokratie anderswo seit langem nagt: die Einwanderung.

Dänemark-Wahl 2019: Premierminister Lars Løkke Rasmussen ließ sich Zeit

Apropos Løkke: Aus taktischen Gründen ließ er sich mit dem Ausrufen der Wahl – das darf in Dänemark nur der Regierungschef tun – angesichts der Umfragewerte so lange Zeit wie kein Ministerpräsident vor ihm. Das Ergebnis der EU-Wahl, immerhin das beste von Venstre jemals, macht ihm nun Hoffnung. In den Umfragen für die nationale Wahl kommt er dennoch seit Wochen nicht vom Fleck – Venstre stand zuletzt weiter bei etwa 17,5 Prozent.

Schlimmer sieht Løkkes Lage aus, rechnet man die Werte seiner Partner hinzu. Besonders die Dänische Volkspartei, die seine Regierung bislang mit ihren Stimmen unterstützt hat, steckt in der Krise. Bei der Europawahl kamen die Rechtspopulisten auf weniger als 11 Prozent. Fünf Jahre zuvor waren es noch 26,6 Prozent gewesen. Droht nun ein weiteres Debakel? Bei der Parlamentswahl 2015 hatten die Rechtspopulisten 21,1 Prozent erreicht – und damit sogar mehr als Løkkes Venstre.

Dänemark-Wahl 2019: Erfolgschancen für die Sozialdemokraten

Der Politikwissenschaftler Kasper M. Hansen spricht bereits von der „rötesten“ Wahl seit fast 50 Jahren. Die Einwanderung werde dabei – neben Klima sowie Fragen des Renten- und Gesundheitswesens – besonders wichtig sein, sagt der Wissenschaftler der Universität Kopenhagen. Es sei durchaus realistisch, dass die Sozialdemokraten es im Falle eines Wahlsieges zunächst mit einer Minderheitsregierung versuchen werden: Am Ende könnte Frederiksen so bei der Einwanderung mit dem blauen Block zusammenarbeiten und bei allem Weiteren mit ihren traditionellen Partnern.

13 Parteien stehen den Dänen am Mittwoch zur Wahl. Die Lage der Rechtspopulisten wird dabei nicht nur durch die sozialdemokratische Einwanderungspolitik erschwert, sondern auch durch Konkurrenz von Rechtsaußen. Dort sagen die Neue Bürgerliche und die Partei Strammer Kurs dem Establishment mit einwanderungs- und islamfeindlichen Ideen den Kampf an. Die Dänische Volkspartei, die sich einst als „Alternative“ zu den etablierten Parteien profilierte, wird von rechts nun als Teil ebendieses Establishments angegangen.

nai/dpa/fn

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