Wirtschaft

Steuerbetrug und Geldwäsche in Mainzer Bank?

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Die kleine Mainzer North Channel Bank soll mit einem der mutmaßlich größten Fälle von Steuerbetrug in Europa zu tun haben. Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat die Räume der Bank durchsucht.

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MAINZ/KOPENHAGEN – Was hat eine kleine Mainzer Bank mit einem der mutmaßlich größten Fälle von Steuerbetrug in Europa zu tun? Folgt man den Staatsanwaltschaften, offenbar viel. Es geht um die North Channel Bank, die in den höchsten Mainzer Bürohäusern residiert, den Bonifazius-Türmen. Die rund 50 Mitarbeiter erbringen der Homepage der Bank zufolge unter anderem „intelligente Kredit- und Kapitalmarktlösungen sowie Beratungsleistungen in den Bereichen der Finanzierung von US-Lebensversicherungen“. Und genau um Letztere geht es.

Der Staatsanwaltschaft Koblenz zufolge ist die Mainzer Bank in Machenschaften einer „international agierenden Tätergruppierung“ involviert gewesen, die das Land Dänemark um fast 1,7 Milliarden Euro erleichtert haben sollen – mit der Erstattung von Steuern für scheinbare Aktiengeschäfte angeblicher US-Pensionsfonds, die gar nicht gezahlt wurden. Auch Belgien soll einem Bericht des Handelsblatts zufolge so um rund 300 Millionen Euro gebracht worden sein.

In dem internationalen Wirtschaftskrimi läuft aus Sicht der Mainzer Bank gerade der zweite Teil. Bereits im Juni 2017 bekam das Institut in der Sache Besuch von der Staatsanwaltschaft Koblenz, die mit einem Durchsuchungsbeschluss vor der Tür stand. Nun wird es konkret: Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach eigenen Angaben gegen zwei Ex-Geschäftsführer und zwei weitere ehemalige leitende Mitarbeiter wegen des Verdachts der Geldwäsche.

GEHEIMNISVOLLER BESITZER

Die Northchannel-Bank ging aus dem 1924 in Berlin gegründeten Bankhaus Oswald Kruber hervor. Es hat eine wechselvolle Geschichte. 2000 wurde Kruber von der Frankfurter Bank Hornblower Fischer übernommen. Nach dem Zusammenbruch der neuen Mutter ging Kruber 2004 an die amerikanische Ocwen Financial Corporation, die das Institut dann 2009 an eine neue Gesellschaft weitergab: Oban Holdings. Wer und was sich dahinter verbirgt, ist unklar. Oban, offenbar mit Sitz in der gleichnamigen schottischen Stadt, gab dem Bankhaus Kruber 2009 einen neuen Namen: North Channel Bank.

Die Ex-Banker sollen, so kann man die Vorwürfe interpretieren, Handlanger eines mutmaßlich dreiköpfigen Täterkreises gewesen sein. Dazu gehören der Süddeutschen Zeitung und dem Handelsblatt zufolge ein schwerreicher Banker und Investor aus London, der jetzt in Dubai lebt, sowie zwei US-Finanzer. Deren Vorgehensweise erinnert an bekannte Steuerraubzüge. Zum einen an den viele Milliarden Euro schweren Cum-Ex-Skandal, bei dem Banken und Aktienhändler Aktien so lange hin und her schoben, bis sie sich eigentlich nicht zustehende Kapitalertragssteuer erstatten ließen. Zum anderen an die jetzt bekannte gewordenen „Cum-Fake“-Geschäfte, bei denen sich den Vorwürfen der Ermittler zufolge Banken und Broker für Aktien, die gar nicht existierten, Kapitalertragssteuern erstatten haben lassen sollen.

Millionen an Steuergeldern für Luftnummern?

Den Vorwürfen zufolge gründeten beziehungsweise erfanden im vorliegenden Fall die Drahtzieher US-Pensionsfonds, die mit Aktien handelten, die zu einem Großteil gar nicht existierten. Und das nur zu einem einzigen Zweck: sich Steuergelder zu erschleichen. Laut Süddeutscher Zeitung hätten die Fonds offiziell weit mehr Aktien von Unternehmen besessen, als sich nach Berechnungen der Staatsanwaltschaft Kopenhagen überhaupt in ausländischer Hand hätten befinden können. Klassische Luftnummern also.

Das Ganze lief der Staatsanwaltschaft Koblenz zufolge so ab: Dem dänischen Fiskus wurde vorgegaukelt, dass die angeblichen Pensionsfonds dänische Aktien gekauft und dafür auch Dividenden erhalten hätten, von denen der dänische Fiskus wiederum Quellensteuer einbehalten habe. Tatsächlich seien die Aktiengeschäfte nicht durchgeführt und daher auch keine Dividende ausgeschüttet worden, werden die dänischen Ermittlungsbehörden weiter zitiert. Dennoch hätten die Beschuldigten beim dänischen Fiskus angemeldet, dass die betreffenden US-Pensionsfonds bereits in den USA Steuern abgeführt hätten – um sich dann die in Dänemark gezahlte Quellensteuer erstatten zu lassen.

Die angeblichen US-Pensionsfonds unterhielten den Ermittlern zufolge bei einigen Banken Konten, über die das mutmaßlich ergaunerte Steuergeld weitergeleitet wurde, um es zu waschen. Die Mainzer North Channel Bank soll laut Staatsanwaltschaft Koblenz eine davon gewesen sein. Die vier Ex-Banker des Instituts, gegen die nun ermittelt wird, sollen den Behörden zufolge „in Kenntnis“ der Machenschaften solche Gelder „teilweise auf Konten anderer Firmen bei der Mainzer Bank, teilweise auf Firmenkonten in Steueroasen“ weitergeleitet und dadurch „die Herkunft der Gelder verschleiert haben“. Also wäre das ein klassischer Fall von Geldwäsche. Konkret geht es den Angaben zufolge um 30 Millionen Euro.

Die Beteiligung an kriminellen Machenschaften, Geldwäsche – das alles sind schwere Vorwürfe. Das weitere Verfahren wird nun zeigen, ob sie zutreffen. Es steht viel auf dem Spiel. Geldwäsche wird der Staatsanwaltschaft zufolge mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren geahndet.

Die North Channel Bank selbst sagt unter Verweis auf das laufende Verfahren nur das: Man wisse auch nicht mehr als das, was in der Pressemeldung der Staatsanwaltschaft stehe. Ansonsten arbeite man „sehr eng und aktiv“ mit den Behörden zusammen.

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