Politik

Sozialkonzept der SPD: Nahles macht Aussage zu Zeitplan und GroKo-Frage

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Die SPD will mit einem Sozialstaatskonzept beim Wahlvolk endlich wieder punkten. Führende Politiker von CDU und CSU üben scharfe Kritik. Andrea Nahles äußerte sich jetzt zum Fahrplan.

SPD vor Kurswechsel in der Sozialpolitik

  • Der SPD-Vorstand beschloss am Sonntag eine Abkehr von Hartz IV. Das „Bürgergeld“ soll kommen: Weniger Sanktionen und eine längere Auszahlung von Arbeitslosengeld.
  • Außerdem will die SPD eine Grundrente durchsetzen. Sozialminister Heil stellte hierfür bereits ein Konzept vor.
  • Angesichts der katastrophalen Umfrageergebnisse scheint die Parteiführung auf einen Kurswechsel zu setzen.
  • Kritik kommt von den Koalitionspartnern im Bund: CSU-Parteichef Söder spricht von einem „ideologischen Linkskurs“, der nicht finanzierbar sei.
  • In der Presse wird spekuliert, dass die SPD ein vorzeitiges Ende der GroKo provozieren will.

15.07 Uhr: SPD-Chefin Andrea Nahles will zumindest Teile des von der Parteispitze beschlossenen Sozialstaatskonzepts noch in dieser Legislaturperiode umsetzen. Zwar werde dies nicht für das Konzept insgesamt möglich sein, doch für "eine ganze Reihe von Teilaspekten", sagte Nahles am Montag nach der Klausurtagung des Parteivorstandes in Berlin. Die Koalitionspartner CDU und CSU lehnen das Konzept der SPD größtenteils ab.

Nahles nannte gleichwohl als Beispiel für mögliche Teilergebnisse bis 2021 neben der im Koalitionsvertrag mit der Union vereinbarten Grundrente auch die Sanktionen im Hartz-IV-System. Diese will die SPD zwar nicht abschaffen, aber entschärfen. Die SPD-Chefin verwies hier auf ein anstehendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das möglicherweise die Regierung zu Korrekturen zwingen könnte.

Nahles: Koalitionsbruch „war null Thema“

Zu Fragen, ob die SPD mit ihren Beschlüssen vom Sonntag den Abschied aus der großen Koalition einleite, sagte Nahles: "Das war null Thema". Vielmehr wollten die Sozialdemokraten die im Koalitionsvertrag verabredete Halbzeitbilanz des Regierungsbündnisses zum Jahresende mit der Union gemeinsam gestalten. Die SPD-Chefin verwies dabei darauf, dass auch von CDU und CSU immer wieder inhaltliche Punkte neu eingebracht würden.

Arbeiterwohlfahrt lobt Vorschläge zu Sozialstaatsreform 

14.03 Uhr: Im Streit über ihre Vorschläge zu Sozialstaatsreform erhält die SPD Unterstützung aus den Reihen der Sozialverbände. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) lobte am Montag, die Partei habe "viele solidarische und gerechte Ideen und Forderungen" formuliert. Es sei zu begrüßen, "dass die Sozialdemokratie sich auf ihre Wurzeln besinnt und wieder stärker den Arbeitsalltag der Menschen in den Blick nehmen möchte", erklärte der AWO-Vorsitzende Wolfgang Stadler.

Unter anderem unterstützte Stadler das SPD-Vorhaben, Hartz IV abzuschaffen. "Hartz IV funktioniert nicht. Es ist vielmehr eine Brandmarke dafür, ganz unten zu stehen", erklärte er. Richtig sei auch die angestrebte längere Bezugsdauer für Arbeitslosengeld I. Die ebenfalls von der SPD gewünschte Kindergrundsicherung wiederum sei eine gute Möglichkeit, "allen Kindern unabhängig von ihrer sozialen Herkunft eine Chance auf gesellschaftliche Teilhabe zu geben".

Die AWO ist dafür, die SPD-Vorschläge bald umzusetzen

Die AWO sprach sich dafür aus, die SPD-Vorschläge bald umzusetzen. "Wir hoffen, viele der Vorhaben in den nächsten Jahren auch in konkreten Gesetzesvorhaben wiederzusehen", erklärt Stadler. Allerdings gibt es aus der Union deutliche Kritik an der Vorlage, die der SPD-Vorstand am Sonntag beschlossen hatte. Eine Umsetzung durch die große Koalition ist deshalb fraglich.

12.54 Uhr: Führende Unionspolitiker haben als Reaktion auf den SPD-Vorstoß zur Abkehr von Hartz IV und für Sozialreformen auf die Einhaltung des Koalitionsvertrags gepocht. CDU-Bundesvize Volker Bouffier sagte am Montag vor einer Präsidiumssitzung seiner Partei in Berlin, wenn die Regierung ihre Beschlüsse aus dem Koalitionsvertrag umsetze, werde dies die Bevölkerung am meisten überzeugen. Was die SPD beschlossen habe, sei in der Sache falsch: „Es klingt zwar gut. Aber das kriegen Sie nur hin mit deutlichen Steuererhöhungen.“

Bouffier warnt davor, die Koalition aufs Spiel zu setzen

Er wisse nicht, was es bringe, die Koalition aufs Spiel zu setzen, warnte Bouffier drastisch. Die Regierung sei noch nicht mal ein Jahr im Amt. „Das ständige Flattern mit der Frage, ob man aussteigt, ob man dabei bleibt, ob man nicht was ganz anderes machen soll: Ich glaube, das ist nicht Orientierung, das ist eher Verwirrung.“

Der Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels und nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann betonte: „Ein neues Frühverrentungsmodell geht mit uns niemals. Wir können nicht auf der einen Seite Fachkräfteeinwanderung machen, und auf der anderen Seite die Leute drei Jahre vor dem normalen Rentenbeginn in die Arbeitslosigkeit schicken.“ Die Pläne des Koalitionspartners im Bund seien nicht zu Ende gedacht, sondern die „Entschuldigung der SPD für Hartz IV, obwohl sie vom Grundsystem nicht weggehen“.

09.20 Uhr: Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus hat davor gewarnt, die sozialpolitischen Reformpläne der SPD überzubewerten. „Es ist total legitim von der SPD, dass sie sagen, wir möchten ein bisschen mehr nach links rücken, weil wir unser Profil schärfen möchten“, sagte der Christdemokrat im ZDF-„Morgenmagazin“. Man werde trotzdem am Koalitionsvertrag festhalten und gemeinsam weiterarbeiten. „Eine große Koalition ist immer ein Kompromiss. Wir würden auch einige Sachen gerne anders machen, wenn wir die SPD nicht dabei hätten.“

Brinkhaus zeigte sich zugleich überzeugt davon, dass die Vorschläge der SPD nicht finanzierbar seien. „Da haben die Menschen ein gutes Gespür für: All das, was ausgegeben wird, muss bezahlt werden“, sagte er. Die Union setze stattdessen darauf, die Arbeitslosigkeit zu reduzieren und nur die Menschen finanziell zu unterstützen, die wirklich in Problemlagen seien.

09.16 Uhr: SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hat den Vorwurf zurückgewiesen, das Sozialstaatskonzept seiner Partei sei ein Vorwand, um einen Austritt aus der großen Koalition zu rechtfertigen. "Wir wollen regieren", sagte Klingbeil am Montag im ZDF-"Morgenmagazin". "Aber wir wollen mit Ideen auch regieren, die auf der Höhe der Zeit sind."

Die SPD werde nun "sehr ernsthaft" mit der Union über ihre Beschlüsse reden. "Die Union hat ja auch Vorstellungen, was anders werden soll", fügte der SPD-Generalsekretär hinzu. Klingbeil zeigte sich überzeugt, dass die Mehrheit der Bevölkerung hinter den Ideen seiner Partei stehe. "Ich bin mir sicher, auch in der Union wird es Bewegung geben."

Spaltet neues SPD-Konzept die GroKo? Stegner teilt gegen CDU aus

06.57 Uhr: FDP-Chef Christian Lindner hat das Sozialstaatskonzept der SPD scharf kritisiert. "Anstatt neue milliardenschwere Wahlkampfgeschenke mit dem Gartenschlauch zu verteilen, sollte die SPD darüber nachdenken, wie wir zielgenauer gegen Altersarmut vorgehen können", sagte Lindner dem "Handelsblatt" vom Montag. Die Vorschläge zur Grundrente seien unfair, "weil sie ignorieren, ob Menschen gearbeitet und selbst vorgesorgt haben oder nicht".

Kritik kam auch vom CDU-Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann. "Die SPD hat in den letzten 20 Jahren 16 Jahre mitregiert und viel Sozialpolitik durchgesetzt", sagte Linnemann dem "Handelsblatt". Wenn sie jetzt den Eindruck vermittle, dass der deutsche Sozialstaat an allen Ecken und Enden nicht funktioniere, "macht sie sich kleiner, als sie ist". Dann brauche sich die SPD "über fehlende Zustimmungswerte nicht wundern".

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil verteidigte den Reformkurs seiner Partei dagegen. Es sei richtig, den Sozialstaat in diesen veränderten Zeiten neu aufzustellen, sagte Klingbeil der "Augsburger Allgemeinen". Er sehe der Debatte deswegen "sehr gelassen entgegen".

Mit Blick auf die Kritik des Koalitionspartners sagte der SPD-Generalsekretär: "Die Union ist vor allem nervös, weil bei ihr eine inhaltliche Leere ist. Außer Steuersenkungen für Superreiche habe ich keine programmatischen Vorschläge gehört in den letzten Wochen.

11. Februar 2019, 06.55 Uhr: Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner hat der CDU/CSU laut dpa vorgeworfen, Pläne für eine höhere Geringverdiener-Rente zu blockieren und sich nur für Wohlhabende einzusetzen. Wenn die Union behaupte, die Grundrente sei nicht finanzierbar, „selbst aber doppelt so teure Steuergeschenke für die Superreichen“ fordere, seien die politischen Unterschiede zwischen Union und SPD mehr als deutlich, teilte Stegner gegen die CDU aus. 

„Wir Sozialdemokraten treten für einen modernen solidarischen Sozialstaat ein, der auch in der digitalen Arbeitswelt den Menschen soziale Sicherheit garantiert“, sagte Stegner. Mit einem Bürgergeld als Alternative zu Hartz IV, einer neuen Kindergrundsicherung und einem höherem Mindestlohn werde man am Ende mehrheitlich eine Zustimmung finden. Die am Sonntag beschlossene Reform des Sozialstaates sieht unter anderem auch für ältere Arbeitslose einen längeren Bezug von Arbeitslosengeld I statt Hartz IV vor – diesen Begriff und das bisherige Konzept will man durch das „Bürgergeld“ ersetzen. Die Union lehnt das Konzept aber strikt ab.

Pressestimmen: Bastelt die SPD an einem Exit-Plan für die GroKo?

16.43 Uhr: In einem Kommentar auf tagesschau.de fordert Korrespondent Moritz Rödle die SPD dazu auf, nun konsequent zu bleiben. Rödle, der für das ARD-Hauptstadtstudio arbeitet, schreibt: „Mit ihrer Abkehr von Hartz IV ist die SPD auf dem richtigen Weg. Sie besinnt sich auf sozialdemokratische Werte.“ Nun müsse die Partei aber auch zeigen, dass sie sich durchsetzen könne. 

Die klarere Positionierung der SPD sei außerdem gut für die Demokratie in Deutschland, meint Rödle: „Die Sozialdemokraten wurden in den vergangenen Jahren viel zu häufig nur als schwaches soziales Korrektiv für die Unionsparteien wahrgenommen. Nun können die Wählerinnen und Wähler endlich wieder Unterschiede zwischen den Parteien erkennen.“ Nun dürfe sich die SPD von dem Weg nicht abbringen lassen - „egal wie groß der Widerstand ist“, fordert Rödle in seinem Kommentar. 

Focus Online meint, die 17 Seiten des SPD-Konzepts für einen neuen Sozialstaat seien die „vielleicht letzte Chance für Andrea Nahles“. „Nahles könnte das Konzept Luft verschaffen. Aber gehen die Wahlen schlecht aus, dürften Personalfragen wieder alles überlagern“, prognostiziert das Portal. Die SPD besinne sich nun auf linke Wurzeln, um nicht in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden.

Spiegel Online erkennt in den Reformplänen der SPD einen Exit-Plan. Kommentator Sebastian Fischer rechnet damit, dass die Sozialdemokraten mit Forderungen wie einer Erhöhung des Mindestlohns, einer Grundrente und der Abkehr von Hartz IV den Bruch der ungeliebten GroKo provozieren wollen, ähnlich wie es die FDP 1982 mit der Regierung von Helmut Schmidt getan haben. „Nur gibt es einen zentralen Unterschied: Die FDP provozierte den Bruch, um mit der Union eine neue Regierung zu bilden. Die SPD des Jahres 2019 legt alles darauf an, sich selbst aus dem Spiel zu nehmen“, schreibt Fischer. 

Auch bild.de schreibt, dass die SPD mit der sozialpolitischen Wende offenbar die „GroKo-Scheidung“ vorbereitet. Die SPD erfinde sich neu, wolle ihre sozialpolitische Identität wiederfinden, glaubwürdiger werden und damit Wähler zurückgewinnen. Auf Anfrage der Bild erklärte der bekannte Politikwissenschaftler Prof. Heinricht Oberreuter: „Die SPD bereitet die GroKo-Trennung längst vor – von Kühnert bis Gabriel. Sie hat bewusst mehrere Konfliktfelder eröffnet, mit legislatorischen Plänen an Kanzlerin und Koalitionspartner vorbei.“

Andreas Nahles (SPD): „Wir lassen Hartz IV hinter uns“

16.35 Uhr: Der SPD-Vorstand hat einstimmig eine Abkehr vom bisherigen Hartz-IV-Konzept beschlossen. „Wir können mit Fug und Recht behaupten: Wir lassen Hartz IV hinter uns“, sagte SPD-Chefin Andrea Nahles am Sonntag in Berlin nach dem Beschluss. An Stelle des von Kanzler Gerhard Schröder geformten Konzepts soll ein neues Bürgergeld treten. Die bisherigen Regelsätze sollen zwar unverändert bleiben. Aber wer lange eingezahlt hat, soll bei Arbeitslosigkeit auch länger Arbeitslosengeld statt Sozialhilfe bekommen, bis zu drei Jahre statt bisher maximal zwei Jahre. Arbeitslose sollen zudem schon nach drei Monaten ein Recht auf Weiterbildung bekommen. Im Gegensatz zum heutigen System soll es weniger Sanktionen und Druck geben.

SPD stärkt linkes Profil: 12 Euro Mindestlohn und weg von Hartz IV

15.18 Uhr: Die SPD will mit einer Aufweichung von Hartz IV, zwölf Euro Mindestlohn und Maßnahmen gegen Kinderarmut ihr linkes Profil wieder deutlich schärfen. „Wir haben uns ein Jahr Zeit genommen, in die Partei hineinzuhorchen“, sagte Generalsekretär Lars Klingbeil am Sonntag in Berlin zu Beginn einer zweitägigen Vorstandsklausur. Man habe tausende Vorschläge bekommen, die in die Erneuerung der Partei eingeflossen seien. Klingbeil betonte, die SPD habe in Zeiten großer Veränderung und eines aufstrebenden Rechtspopulismus den Anspruch, „Zusammenhalt zu organisieren“.

Minister Altmaier pocht auf Einhaltung des Koalitionsvertrags

11.45 Uhr: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat die SPD aufgefordert, sich an den Koalitionsvertrag zu halten und die Pläne zur Grundrente entsprechend zu ändern. Grundsätzlich stellte sich der Christdemokrat im Interview mit Zeitungen der Funke-Mediengruppe hinter das vereinbarte Vorhaben, jahrelangen Beitragszahlern eine Rente oberhalb der Grundsicherung zu garantieren. Altmaier pochte aber auf die im Koalitionsvertrag vereinbarte Bedingung, dass nur Bedürftige diese Sonderleistung erhalten. „Für jemanden mit viel Geld stellt sich die Lage anders dar als für eine Witwe mit einem kleinen Häuschen, das sie den Kindern vererbt. Deshalb ist die Bedürftigkeitsprüfung bei der Grundrente elementar.“

Söder hält SPD-Pläne für „nicht finanzierbar“ und spricht von „ideologischem Linksruck“

8.20 Uhr:Der CSU-Vorsitzende Markus Söder hat die Pläne der SPD für eine Grundrente als „nicht finanzierbar“ bezeichnet. Zudem seien diese Vorschläge nicht vom Koalitionsvertrag gedeckt, sagte Söder der „Bild am Sonntag“. „Wir verhandeln keinen neuen Koalitionsvertrag. Natürlich reden wir miteinander, aber es darf keinen ideologischen Linksruck der Regierung geben.“ Vor allem brauche es eine Bedürftigkeitsprüfung, damit Leistungen gezielt dort ankämen, wo sie gebraucht würden. Für das weitere Vorgehen innerhalb der Bundesregierung schlug Söder vor: „Mit der Grundrente soll sich die Rentenkommission beschäftigen und dort in Ruhe darüber diskutieren. Wir werden keine übereiligen Entscheidungen bei der Rente treffen.“

Update vom 10. Februar 2019, 6.32 Uhr: Führende Politiker von CDU und CSU haben die geplante Neuausrichtung der SPD scharf kritisiert und ihr eine Abkehr vom Koalitionsvertrag vorgeworfen. „Die SPD plant die Beerdigung der sozialen Marktwirtschaft“, sagte der CDU-Vizevorsitzende Volker Bouffier den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Mit ihrem Wunsch, wieder Wähler zu gewinnen, hat sie sich für einen strammen Linkskurs entschieden.“ 

Reform des Arbeitsmarkt, von Hartz IV und finanzieller Leistungen für Kinder: Klausur der SPD-Parteiführung

Der SPD-Vorstand will mit einem umfassenden Paket für eine Reform des Arbeitsmarkts, von Hartz IV und der finanziellen Leistungen für Kinder das linke Profil der Partei schärfen und aus dem anhaltenden Umfragetief wieder herausfinden. Dazu kommt die Parteiführung an diesem Sonntagnachmittag (14.00 Uhr) im Berliner Willy-Brandt-Haus zu einer zweitägigen Klausur zusammen.

Die wegen des Umfragetiefs unter Druck stehende Partei- und Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles will mit dem Konzept eine Trendwende erreichen – es ist das bisher umfassendste Ergebnis des Erneuerungsprozesses. Weiteres Thema soll am Montag auch der anstehende Europawahlkampf sein.

Kritik an Plänen: „So entzaubert sich die SPD vollends“

Bouffier sagte: „Die SPD kann nicht Verantwortung in der Bundesregierung übernehmen und zugleich täglich Vorschläge machen, die in dieser Koalition nicht zu machen sind. So entzaubert sich die SPD vollends.“ Und: „Das ganze Land nimmt Schaden, wenn der eine Regierungspartner sich von der Grundlinie des Koalitionsvertrags absetzt und in eine andere Richtung rennen will.“

Bouffier bezog sich damit wie Söder auf die Pläne von Arbeitsminister Heil, für langjährige Beitragszahler die vereinbarte Grundrente oberhalb der Grundsicherung einzuführen – und zwar unabhängig von einer Bedürftigkeit. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD war eine Bedürftigkeitsprüfung aber ausdrücklich als Bedingung vereinbart gewesen.

Söder sagte: „Die große Koalition sollte in diesem Jahr gemeinsam regieren und nicht überwiegend Wahlkampf machen.“ Er schlug vor, über die Grundrente in der Rentenkommission „in Ruhe“ zu diskutieren – das will Heil aber nicht.

Positives Echo: Darum befürwortet die SPD Nahles‘ Sozialstaats-Konzept

Berlin – SPD-Chefin Andrea Nahles geht mit breiter Unterstützung aus den eigenen Reihen in die am Sonntag beginnende Vorstandsklausur. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) stellte sich hinter ihre Pläne für eine Reform des Sozialstaates. Parteivize Malu Dreyer sagte: "Wir haben gute Argumente, den Menschen wieder besser zu erklären, warum die SPD gebraucht wird." Der frühere Parteichef Sigmar Gabriel forderte, die SPD müsse "mehr wollen als gute Sozialpolitik betreiben".

Scholz sagte der "Süddeutschen Zeitung" vom Wochenende, es sei die SPD, die den Sozialstaat "auf der Höhe der Zeit hält". Und weil die Zeit sich gewandelt habe, schlage die SPD gut 15 Jahre nach den bislang letzten grundlegenden Reformen nun "abermals eine Modernisierung des Sozialstaates vor".

Der Wandel der Arbeitswelt durch technischen Fortschritt und Globalisierung dürfe nicht mit weniger Sicherheit einhergehen. "Das ist kein Naturgesetz", sagte Scholz. Er halte deshalb etwa "Verbesserungen bei der Dauer des Arbeitslosengeldbezuges" für nötig.

Das Reformkonzept, das auf der SPD-Vorstandsklausur beraten werden soll, sieht ein Bürgergeld statt des bisherigen Hartz IV, längeres Arbeitslosengeld I sowie eine Kindergrundsicherung vor.

Wer länger in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, soll auch länger ALG I erhalten. Unabhängig vom Alter soll sich die Anspruchszeit bei mindestens 20 Jahren Beitragszeit um drei weitere Monate, ab 25 Jahren um sechs Monate und ab 30 Jahren um neun Monate erhöhen. Bislang liegt die maximale Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld I für Menschen unter 50 Jahren bei zwölf Monaten.

Zudem will die SPD einen Leistungsanspruch für Qualifizierung einführen, das Arbeitslosengeld Q. In der geplanten Kindergrundsicherung sollen das Kindergeld, der Kinderzuschlag, das Bildungs- und Teilhabepaket und etwaige Hartz IV-Zahlungen zusammengeführt werden.

Im Zuge des neuen Bürgergeldes will die SPD ein Recht auf Arbeit einführen, außerdem sollen die bisherigen Hartz-IV-Sanktionen gelockert werden.

„Die zentrale Säule des Sozialstaats“

Dreyer sagte der Zeitung "Welt" vom Samstag, Fort- und Weiterbildung sollten zu einer "neuen zentralen Säule des Sozialstaats werden". Arbeitnehmer könnten den bevorstehenden Strukturwandel bewältigen, wenn der Sozialstaat der Weiterbildung entsprechende Priorität gebe. Dafür müsse auch die Arbeitslosenversicherung verändert werden. Sie bekräftigte die Forderung nach einem Mindestlohn von zwölf Euro. Diese Höhe hatte auch Scholz ins Gespräch gebracht.

Mit Blick auf kritische Äußerungen von Altkanzler Gerhard Schröder und Ex-Parteichef Gabriel in Richtung Nahles sagte Dreyer: "Es gibt derzeit in der Tat einzelne Stimmen, die dazwischenfunken, während wir größtenteils gemeinsam an einem Strang ziehen." Für bestimmte Kommentare "fehlt mir da das Verständnis". Personaldebatten hätten "erst recht keinen Sinn". Schröder hatte Nahles kürzlich "Amateurfehler" bescheinigt und sich für eine Rückkehr Gabriels an die Parteispitze ausgesprochen.

Gabriel mahnte seine Partei derweil erneut, die eigene Wirtschaftskompetenz zu stärken. Die SPD dürfte sich nicht auf das Thema Soziales reduzieren lassen, sagte er der "Augsburger Allgemeinen" vom Samstag. "Wir müssen mehr sein wollen als der Betriebsrat der Nation."

AFP

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