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Nach Angela Merkels drittem Zitteranfall: Psychologen nennen mögliche Gründe

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Nach drei Zitteranfällen hat Angela Merkel offen gelassen, wie es um ihre Gesundheit steht. Psychologen sind sich jedoch über eine Ursache ziemlich einig.

München – Es ist Tag zwei nach Angela Merkels drittem öffentlichen Zitteranfall. Erneut ein Staatsbesuch, diesmal von der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen. Die Kanzlerin weiß: Sie steht unter Beobachtung, die kleinste Regung ihres Körpers kann zu größten Spekulationen führen. Doch diesmal macht Merkel etwas anders: Sie lässt auf einem kleinen Podest vor dem Kanzleramt zwei Stühle mit weißem Stoffbezug aufstellen – und setzt sich hin. Neben ihr nimmt Frederiksen Platz.

Die beiden Regierungschefinnen hören am Donnerstagmittag die Nationalhymnen – dies geschieht normalerweise im Stehen. Und siehe da: Merkel zeigt kein Zittern. Die Kanzlerin, die einen weißen Blazer und eine schwarze Hose trägt, lässt die Hände auf dem Schoß liegen, sie wirkt ganz ruhig. Nachdem die Hymnen abgespielt sind, schreitet sie zusammen mit Frederiksen die Ehrenformation der Bundeswehr ab.

Angela Merkel: Zittern als Schutzreaktion vor zu viel Stress

„Es ist vorbildlich, wie Angela Merkel immer wieder in diese Situation geht“, sagt Prof. Willi Butollo, Psychologe und Psychotherapeut aus München, der unter anderem an der Ludwig-Maximilians-Universität lehrt. Obwohl förmlich alle auf den nächsten Zitteranfall warteten, kopple sich die Kanzlerin von diesen Erwartungen ab. „Eine gigantische Leistung von ihr.“

Dass Merkel unter Panikattacken leide, hält Butollo für unwahrscheinlich. „Aus der Ferne kann ich das natürlich nicht beurteilen. Aber es macht nicht diesen Eindruck. Ich erkenne auch akut keine bedrohlichen körperlichen Reaktionen. Ich würde es eher als somatisches Zittern einordnen.“

Grundsätzlich lässt sich ein solches Zittern folgendermaßen erklären: „Man ist beim ersten Auftritt körperlich belastet und zittert. Daran erinnert sich der Körper – ob man es will oder nicht. Dieses Zittern ist vielleicht zu verstehen als eine Schutzreaktion vor Stress. Wenn man sich beim nächsten Mal gedanklich darauf fixiert, chronifiziert sich das Ganze. Sprich: Man zittert erneut.“

Video: Merkel absolviert Begrüßung nach Zitteranfall teilweise im Sitzen

Ähnlich beurteilt das auch Felicitas Heyne, Psychologin und Kolumnistin: „Das Problem bei Angstreaktionen ist ja, dass sehr schnell ein Teufelskreis entsteht. Man erlebt also eine höchst unangenehme Situation, und diese Erfahrung löst starke Ängste aus und gräbt sich deshalb tief ins ,Panikgedächtnis‘ ein.“ Das Problem: In der nächsten vergleichbaren Situation aktiviere sich die Erinnerung an die frühere Situation, das löse Stress im Körper aus. „Adrenalin, Cortisol und andere Stresshormone werden ausgeschüttet und erzeugen Symptome wie Atemnot, Schweißausbruch – oder eben Zittern“, erklärt die Psychologin. Damit werde der Zyklus wiederholt und verfestige sich.

Angela Merkel schweigt über Zitteranfall-Details

Doch wie lässt sich ein solcher Teufelskreis unterbrechen? „Der Patient muss lernen, die Bewertung ,Gefahr!’, die spontan auf die Wahrnehmung des körperlichen Symptoms in seinem Kopf stattfindet, anzupassen“, rät Heyne. Das erfolge normalerweise über eine kognitive Verhaltenstherapie: Der Patient lerne, Katastrophen-Gedanken durch rationale, beruhigende Gedanken zu ersetzen. „Ich persönlich beneide die Kanzlerin nicht darum, dass sie das alles unter derartiger Beobachtung machen muss – das ist schon für ganz normale Angstpatienten im ganz privaten Therapiesetting oft anstrengend und langwierig genug.“

Die Kanzlerin selbst verliert kaum Worte über ihre Zitteranfälle. Angeblich habe sie sich aber bereits intensiv untersuchen lassen – ohne nennenswerte Ergebnisse, so zumindest kursiert es in Berlin. Offen spricht Merkel darüber wenig.

Bei einer Pressekonferenz mit der dänischen Ministerpräsidentin sagt sie allerdings deutlich: Man dürfe davon ausgehen, „dass ich erstens um die Verantwortung meines Amtes weiß und deshalb auch dementsprechend handele – auch was meine Gesundheit anbelangt. Und zweitens dürfen Sie davon ausgehen, dass ich auch als Mensch ein großes persönliches Interesse daran habe, dass ich gesund bin und auf meine Gesundheit achte.“

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