Politik

„Meinungsfreiheit“: Rosenheimer AfD-Abgeordneter sprach von „Negern“ – fürchten muss er nichts

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Dass ein AfD-Politiker aus Rosenheim auf der Bühne von „Negern“ spricht und auch Albaner pauschal als Diebe hinstellt, sorgte überregional für Empörung. Ein Ermittlungsverfahren muss er nicht fürchten.

Kein Ermittlungsverfahren gegen Rosenheimer AfD-Politiker Winhart

Update 12. Februar 2019: Die Staatsanwaltschaft Traunstein hat die Prüfung mehrerer Strafanzeigen gegen den bayerischen Landtagsabgeordneten Winhart abgeschlossen und verkündet kein Ermittlungsverfahren gegen den Politiker einzuleiten.

Die Anzeigeerstatter warfen Winhart aufgrund seiner Äußerungen anlässlich einer Wahlkampfveranstaltung der AfD am 30.09.2018 in Willing bei Bad Aibling Volksverhetzung vor.

„Bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts war die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zum Grundrecht der Meinungsfreiheit entscheidend. Demnach genießen Äußerungen im politischen Meinungskampf besonderen Schutz. Insoweit besteht das Recht auf polemische Zuspitzung und zur bewussten Provokation. Bei mehrdeutigen Äußerungen muss eine straflose Bedeutung der Äußerung nachvollziehbar ausgeschlossen werden“, heißt es in der Begründung. „Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist der Tatbestand der Volksverhetzung noch nicht als verwirklicht anzusehen“, verkündete die Staatsanwaltschaft Traunstein nun.

Winhart hatte sich abwertend über albanische und kosovarische Pflegekräfte sowie über schwarzafrikanische Flüchtlinge geäußert (“Neger“) und es als möglich bezeichnet, Seenotrettungsschiffe zu versenken (lesen Sie dazu die Erstmeldung weiter unten im Text.)

Begründung: Winhart (AfD) könnte sich für eine gesundheitspolitische Maßnahme ausgesprochen haben …

„Der Umstand, dass die Äußerungen beleidigend und beschimpfend gegenüber Bevölkerungsgruppen sind, genügt alleine nicht, um den Tatbestand der Volksverhetzung zu erfüllen“, so die Staatsanwaltschaft. Die Aussagen in Bezug auf schwarzafrikanische Flüchtlinge stünden im Zusammenhang mit weiteren Äußerungen zur Gesundheitspolitik. „Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass sich Andreas Winhart für eine gesundheitspolitische Maßnahme aussprechen wollte. Hinsichtlich der Aussage zu den albanischen und kosovarischen Pflegekräften ist zu berücksichtigen, dass diese auf einer Wahlkampfveranstaltung getroffen wurde und keine ausdrückliche Bezeichnung dieser Personen als Straftäter erfolgte“, so die Begründung.

Die Staatsanwaltschaft weiter: „Seine Äußerung muss nicht zwingend dahingehend verstanden werden, dass er tatsächlich zum Versenken von Schiffen aufrufen wollte. Aufgrund des Gesamtzusammenhangs kommt auch eine Interpretation der Passage als Aufruf zur Änderung der Flüchtlingspolitik dahingehend, dass weniger Flüchtlinge in Deutschland aufgenommen werden, in Betracht.“

AfD-Abgeordneter sprach von „Negern“ – mittlerweile beobachtet ihn der Verfassungsschutz

Update 1. November 2018: Nun ist klar: Die umstrittenen Äußerungen des AfD-Abgeordneten Andreas Winhart haben ein weiteres Nachspiel. Das Innenministerium hat nun preisgegeben, dass Winhart durch seine Aussagen auch in den Fokus des Landesamts für Verfassungsschutz geraten ist.

Update 16. Oktober 2018: Der Ärger um eine skandalöse Rede des AfD-Politikers Andreas Winhart (siehe unten) ist noch nicht ausgestanden. Dennoch steht nun fest: Der umstrittene Kandidat aus dem Wahlkreis Rosenheim-Ost wird in den bayerischen Landtag einziehen. Nach Auszählung der Stimmen wird er auf Rang fünf der AfD-Liste für Oberbayern geführt – die ersten sechs Kandidaten haben den Sprung ins Parlament geschafft. 15.590 Gesamtstimmen wurden für Winhart gezählt, rund 1.200 mehr als für den erste AfDler unter jenem ominösen Strich, der den Einzug über die oberbayerische Bezirksliste verwehrt.

Update 16. Oktober 2018: Der AfD-Bundesvorstand sprach nach Angaben aus Teilnehmerkreisen eine Abmahnung gegen den bayerischen AfD-Politiker Andreas Winhart aus, meldet die dpa. Winhart hat gute Chancen auf einen Einzug in den Bayerischen Landtag. Derzeit sind noch nicht alle Zweitstimmen-Ergebnisse in Oberbayern ausgewertet, der AfD-Kandidat aus dem Stimmkreis Rosenheim-Ost liegt jedoch aussichtsreich im Rennen. 

Auf Facebook entschuldigte sich Winhart nun öffentlich für die Wortwahl „Neger“, jedoch nicht für andere Kritikpunkte, wie die pauschale Vorverurteilung von Albanern als Kriminelle. „Es tut mir leid, dass ich im Zuge meiner Rede in Willing Schwarzafrikaner nicht politisch korrekt angesprochen habe. Das hat zu berechtigter Kritik geführt“, schrieb er unter anderem.

Video: Innerparteiliche Gruppierung „Juden in der AfD“

„Neger“ und „Zigeuner“ – wann trennen wir uns von manchen Wörtern? Diskutieren Sie hier auf Merkur.de mit! 

AfD-Kandidat Winhart droht juristisches Nachspiel nach „Neger“-Zitat

Update 14. Oktober 2018: Eine Gruppe von rund 20 Personen hat bei der Staatsanwaltschaft Traunstein einen Strafantrag gegen den AfD Landtags-Kandidaten Andreas Winhart eingereicht. Grund dafür ist der für die Gruppe erfüllte Tatbestand der der Volksverhetzung. Mehr dazu finden Sie bei den Kollegen von Rosenheim24.de*.

Bei Anne Will: AfD-Chef Meuthen muss zum Neger-Zitat Stellung beziehen

Update 14. Oktober 2018 Uhr: Auch Anne Will thematisiert die Aussage des AfD-Mannes. AfD-Chef Meuthen rechtfertigt sich: „Er äußert sich indiskutabel. Wir werden das in unserer Partei sorgsam prüfen, gehen Sie davon aus. Wir dulden so etwas nicht und gehen gegen solche Mitglieder in aller Entschiedenheit vor.“ Man werde das in der Sitzung am Montag diskutieren. Auch ein Parteiausschluss steht im Raum.

Sprecher von Alice Weidel behauptet: Sie habe „Neger“-Zitat überhört 

Update 9. Oktober 2018: Auf Anfrage von Merkur.de nahm nun das Büro von Dr. Alice Weidel Stellung zu dem Vorfall in Bad Aibling. Ihr Pressereferent teilte in einer E-Mail mit, dass sie die „Neger“-Äußerung nicht gehört habe. Möglicherweise sei sie „durch ein kurzes Gespräch“ abgelenkt gewesen. 

Gleichzeitig rügt die AfD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag die Wortwahl des AfD-Landtagskandidaten Winhart: „Äußerungen solcher Art lehnt sie strikt ab“, heißt es in der E-Mail. 

Schock nach Wahl-Fiasko: Nahles lässt ARD-Reporterin eiskalt stehen

Erstmeldung am 8. Oktober 2018: AfD-Kandidat Winhart mit Entgleisung – Weidel sitzt daneben

Bad Aibling – Entgleisungen bei einem AfD-Wahlkampfauftritt in Bad Aibling. Kurz vor der Landtagswahl lud der AfD-Kreisverband Rosenheim Dr. Alice Weidel ein, Fraktionsvorsitzende der Partei im Bundestag. Ans Rednerpult durfte auch Andreas Winhart, ein Landtagskandidat der Rosenheimer AfD. 

Möglicherweise aufgeputscht von dem hohen Besuch aus Berlin, poltert Winhart am Mikro gegen Migranten und Asylbewerber. Wer nicht wolle, dass Albaner und Kosovaren künftig als mobile Pflegekräfte „nach Hause kommen und die Bude ausräumen“, solle sein Kreuz bei der AfD machen.

Danach nimmt sich Winhart die Asylbewerber vor. Er habe vom Gesundheitsamt Rosenheim „nachrecherchieren lassen“, dass es durch die Flüchtlinge zu weitaus mehr HIV-, Krätze- und TBC-Fällen im Landkreis gekommen sei. Dann benutzt er in seiner öffentlichen Rede das Wort „Neger“. „Ich möchte wissen, wenn mich in der Nachbarschaft ein Neger anküsst oder anhustet, dann muss ich wissen, ist er krank oder ist er nicht krank“, fordert der AfD-Politiker und erntet Applaus dafür. 

Hier können Sie den Ausschnitt aus der Rede Winharts sehen:

In den Sozialen Netzwerken verbreiten sich derzeit seine Zitate, dort werfen ihm Kommentatoren Volksverhetzung und Rassismus vor. 

Gesundheitsamt Rosenheim wehrt sich gegen Behauptungen

Das Gesundheitsamt Rosenheim reagierte jetzt mit einem Statement auf die Behauptungen, die Winhart offenbar in mehreren Reden bereits wiederholt hat. 

„Etliche Bürgerinnen und Bürger kontaktieren derzeit das Staatliche Gesundheitsamt wegen der Wahlkampfauftritte des AfD-Kandidaten Andreas Winhart“, heißt es auf der Homepage des Amtes. Dann erklärt das Gesundheitsamt: „Wir stellen fest, dass ‚unglaublich viele HIV-, TBC- und Krätzefälle‘, wie Winhart behauptet, durch das Gesundheitsamt für Stadt und Landkreis Rosenheim nicht bestätigt werden können.“

Die Fakten: Ganze zwei Asylsuchende im Landkreis Rosenheim wurden positiv auf HIV getestet. Zwischen 2015 und 2018 wurden 118 Tuberkulose-Fälle registriert, „bei 43 Personen war dem Gesundheitsamt der Status als Asylbewerberin oder -bewerber oder UMA (unbegleitet, minderjährig) bekannt“. Bei Krätze-Fällen wurde im Juli 2017 für Leiter von Gemeinschaftsunterkünften eine Meldepflicht eingeführt. Seitdem gab es sieben Fälle in drei Unterkünften im ganzen Landkreis Rosenheim. 

„Keine relevante Infektionsgefährdung durch Asylsuchende“

Das Gesundheitsamt hat Winhart außerdem darüber informiert, dass das Robert Koch-Institut „keine relevante Infektionsgefährdung der Allgemeinbevölkerung durch Asylsuchende“ sehe. "Diese sind grundsätzlich durch die gleichen Infektionskrankheiten gefährdet wie die einheimische Bevölkerung in Deutschland. Die anstrengende Reise, ein oft fehlender Impfschutz und die enge räumliche Situation in den Aufnahmeeinrichtungen können jedoch dazu führen, dass Asylsuchende empfänglicher für einige Infektionskrankheiten sind. Meistens handelt es sich um Erkältungskrankheiten und Magen-Darm-Infekte“, heißt es in der Stellungnahme des Gesundheitsamtes in Rosenheim.

Auch Panorama berichtete schon über Winhart und die Rosenheimer AfD

Bereits bei der Bundestagswahl 2017 trat Winhart für die Rosenheimer AfD als Kandidat an. Er landete mit 13 Prozent der Erststimmen auf den zweiten Platz. Zuletzt geriet Winharts Kreisverband durch Recherchen des ARD-Politikmagazins Panorama in Verdacht, illegale Wahlkampffinanzierung zu erhalten, wie rosenheim24.de* berichtete.

Lesen Sie hier einen ausführlichen Artikel über den Auftritt von Alice Weidel in Bad Aibling auf rosenheim24.de*.

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