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Istanbul-Wahl: Umfragen lehren Erdogan das Fürchten – Pleite hätte drastische Konsequenz

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Eigentlich wurde Imamoglu schon zum neuen Bürgermeister von Istanbul gewählt. Die Erdogan-Partei AKP schaffte es aber die Wahl annullieren zu lassen. Ein Verlust von der Metropole würde Erdogan viel Geld kosten. 

Istanbul – Die Kommunalwahl in Istanbul ist fast drei Monate her. Am 31. März wurde in der bevölkerungsreichsten Stadt der Türkei der CHP-Kandidat Ekrem Imamoglu zum Bürgermeister gewählt. Mit einem Vorsprung von 14.000 Stimmen. Antreten konnte er sein Amt aber nicht. Die Erdogan-Partei AKP hatte kurz nach der Wahl einen Antrag auf Annullierung und Wiederholung der Kommunalwahl gestellt. Sie klagte über „organisierte Unregelmäßigkeiten“ beim Wahlablauf. Seit Jahren regiert die AKP die wichtige Metropole am Bosporus schon, ein Verlust der Stadt an die Opposition wäre eine Katastrophe. 

Türkei/Istanbul-Wahl: Eine erneute Wahl-Niederlage wäre eine Katastrophe für Erdogan und die AKP

Die Wahlkommission gab schlussendlich dem Druck der Regierungspartei nach und annullierte die Wahl. Am 23. Juni wird daher die Kommunalwahl in Istanbul wiederholt. Für Präsident Erdogan steht dann eine Menge auf dem Spiel. Sollte seine Partei erneut verlieren, geht es nicht nur um den Verlust von Ansehen und möglichen Auswirkungen auf weitere Wahlen in der Türkei, sondern auch um viel Geld. Die AKP hat offenbar jahrelang die Kassen der Stadt geplündert und ihren Anhängern millionenschwere Subventionen und gut dotierte Jobs zugeschoben, darüber berichtet Spiegel Online.

Türkei/Istanbul-Wahl: Erdogans Familie bedient sich aus den Kassen der Stadt

Die Opposition unterstellt der Regierung schon lange, dass sich Erdogan und seine Getreuen illegal bereichern. Die Stadtverwaltung von Istanbul soll sie mit lukrativen Posten versorgt und befreundete Unternehmer bei der Vergabe städtischer Aufträge bevorzugt haben. Zu den Begünstigten gehören vor allem Erdogans Kinder und ihre Ehepartner. Sein Schwiegersohn, der Wirtschaftsminister Berat Albayrak, soll in seiner Zeit als Chef einer Firma namens Calik Holding zu einem beachtlichen Vermögen gekommen sein. 

Besonders brisant: Während der Regierungszeit der AKP sollen religiöse Stiftungen viele Zuschüsse bekommen haben. In den anderthalb Jahren vor der Wahl im März sollen von der Istanbuler Stadtverwaltung 847 Millionen Lira (umgerechnet etwa 160 Millionen Euro) an diese konservativ-islamischen Stiftungen geflossen sein. Das geht aus einem internen Bericht hervor, den der CHP-Stadtrat Tarik Balyali veröffentlicht hatte.

Viele der Organisationen stehen wohl im Zusammenhang mit der Familie des Präsidenten, andere mit islamischen Bruderschaften. Die Stiftungen Türgev, Tügva und Ensar kümmern sich stark um die Jugend und um Bildung. Erdogan treibt seit jeher eine engere Bindung von Staat und Kirche voran und will eine „fromme Generation“ von Türken heranziehen. Erdogans Sohn Bilal sitzt im Aufsichtsrat der Türkischen Jugendstiftung (Tügva). Sie alleine bekam, Balyalis Bericht zufolge, 74,3 Millionen Lira an Zuschüssen. Im Verwaltungsrat von Türgev (bekam 51,6 Millionen Lira) sitzt Esra, die älteste Tochter des Präsidenten, die mit Wirtschaftsminister Albayrak verheiratet ist. 

Auch die Türkische Technologie-Team-Stiftung (T3), erhielt wohl 41,1 Millionen Lira von der Stadt Istanbul. Den Aufsichtsrat leitet der Rüstungsunternehmer Selcuk Bayraktar, der mit Erdogans zweiter Tochter Sümeyye verheiratet ist.

Türkei/Istanbul-Wahl: Imamoglu will gegen die Korruption und Vetternwirtschaft kämpfen 

Ekrem Imamoglu hatte vor der Wahl angekündigt, dass er das „System der Verschwendung“ schnell beenden wolle. Er will dafür sorgen, dass die Stadtverwaltung nicht länger „gewissen Individuen, Vereinen, Stiftungen und Gemeinschaften“ dient. Jedoch muss er vorher erst die Wahl gewinnen. Die AKP will einen erneuten Sieg des CHP-Kandidaten jedoch verhindern und ist sich auch für plumpe Schmutzkampagnen nicht zu schade.

Wien-tv berichtet, versuchen sie ihn als Griechen darzustellen, um so die Stimmen der Nationalisten zu gewinnen. Imamoglu stammt aus der Provinz Trabzon, die in der Nähe des Schwarzen Meeres liegt und in der Antike von Griechen regiert wurde. Nurettin Canikli, stellvertretender Vorsitzender der AKP sagte: „Die Griechen sagen, dass Ekrem Imamoglu Grieche ist. Es gibt viele Fragen und Zweifel. Du solltest beweisen, dass dein Geist, dein Herz und deine Gedanken bei der türkischen Nation sind.“

Türkei/Istanbul-Wahl – Umfragen: Imamoglu liegt vor Erdogan-Kandidat in Istanbul

Viel brachten die Kampagnen jedoch nicht, in den Umfragen liegt Imamoglu mit gut 180.000 Stimmen vor dem Kandidaten der konservativen Regierungspartei in Führung. Die heiße Phase des Wahlkampfes hat längst begonnen. Der Höhepunkt wird das TV-Duell der beiden Kandidaten Binali Yildirim und Ekrem Imamoglu am 16. Juni sein.

Es wird zum ersten Mal seit 17 Jahren ein politisches Duell im TV zu sehen geben. Erdogan und seine Partei sind solchen Duellen bislang immer aus dem Weg gegangen. Zu groß war die Gefahr, die Mehrheit aufs Spiel zu setzten. Der Machtapparat forcierte bislang die Strategie die Presse aufzukaufen und auf Linie zu bringen. Als kürzlich Imamoglu live im TV interviewt wurde, wurde das Gespräch abgebrochen, als er auf die Korruption zu sprechen kam. Das TV-Duell kann also mit Spannung erwartet werden, genauso wie die Wahl am 23. Juni.

md

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