Wirtschaft

Gründer-Erfolg mit Gesundheit-Tees

0

Fitvia-Gründer Sebastian Merkhoffer gilt als Pionier des Internetmarketings. Jetzt hat er mit Dermapharm einen Großaktionär an Bord geholt.

Jetzt teilen:

WIESBADEN – Für ein natürliches Gefühl von Leichtigkeit. Tamarinde, Cranberrystücke, Hibiskusblüten, Bohnenschalen, rosa Pfeffer, Apfelstücke, süße Brombeerblätter, Ingwer, Hagebuttenschalen, Rosenblüten sowie besonders viele Kirschen und grüner Rooibos machen den „Cherry Body Tea“ zum „perfekten Begleiter deines figurbewussten Lebensstils“. So wirbt das Wiesbadener Gesundheit-Lifestyle-Unternehmen Fitvia für seine Tees, Kapseln, Superfruits-Riegel, Body Shakes und High Protein Müsli.

Erste Mischungen daheim am Küchentisch gepackt

Die ersten Teesorten aus eigener Kreation hat Gründer Sebastian Merkhoffer im Jahr 2014 noch selbst daheim am Taunussteiner Küchentisch verpackt und im Internet angeboten. Inzwischen summiert sich der Fitvia-Umsatz auf 20 Millionen Euro. Und im Gegensatz zu vielen anderen Online-Start-ups werden schwarze Zahlen geschrieben. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) beträgt 3,5 Millionen Euro.

„Fitvia hat mit der börsennotierten Dermapharm AG jetzt einen strategischen Partner an Bord geholt“, berichtet der 30-jährige Merkhoffer im Gespräch mit dieser Zeitung. Der Münchner Hersteller von patentfreien Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln hat 70 Prozent der Fitvia-Anteile übernommen und soll das Unternehmen bei der Produktentwicklung und dem weiteren Wachstum sowie der Internationalisierung unterstützen. Die restlichen 30 Prozent hält der Gründer Merkhoffer, der das mittlerweile in Wiesbaden arbeitende Unternehmen mit derzeit 65 Beschäftigten weiter führen wird.

GESUNDHEITS-LIFESTYLE-MARKT

Sebastian Merkhoffer setzt mit seiner Fitvia-Gründung auf den Gesundheits-Lifestyle-Markt. Der Umsatz mit „Functional Food“, also mit Zusatzstoffen wie Vitaminen angereicherten Lebensmitteln, schätzt er europaweit auf 30,8 Milliarden Euro. Den Umsatz mit Tee taxiert Merkhoffer auf 3,8 Milliarden Euro, mit Nahrungsergänzungsmitteln auf 25,5 Milliarden Euro und mit Müsli auf 7,1 Milliarden Euro – mit steigender Tendenz.

Insbesondere zwischen 18 und 35 Jahre alte Frauen sind die auf den sozialen Netzwerken im Internet umworbene Zielgruppe. Merkhoffer setzte als einer der ersten Unternehmer in Deutschland auf die sogenannte Influencer Werbung, das heißt Prominente vom Fitness- und Food-Blogger bis zum TV-Star werben im Netz für Fitvia-Produkte wie den „Inner Beauty“ oder den „Marshmallow Beauty Tea“. Mehr als 300 000 Nutzer haben auf Facebook den „Gefällt mir“-Button gedrückt. Auf der Fotoplattform Instagram sind es 155 000 Abonnenten. Reichte es anfangs aus, dass die Netz-Promis zum Produkttest eingeladen wurden, wird jetzt Popsängerin Sarah Lombardi schon mal auf die Mauritius-Inseln geflogen. Dort zeigt die „Deutschland-sucht-den-Superstar“-Zweite, wie sie mit dem Fitvia-Tee ihr Leben entschleunigt. Der Aufwand lohnt sich, immerhin hat sie 1,1 Millionen Fans im Netz. „Die Spots müssen mittlerweile als Anzeige gekennzeichnet werden, aber das ist für die Zielgruppe kein Problem“, erläutert Merkhoffer. „Das ist ein stark von Personen getriebenes Geschäft, die direkten Beziehungen zu den Influencern sind nach wie vor entscheidend“, berichtet der Gründer. So wurden beispielsweise etwa 100 Internet-Berühmtheiten aus vier Ländern zur Dinnerparty nach Mainz eingeladen, um den Kontakt zu pflegen. „Die Influencer müssen zum Produkt passen“, weiß Merkhoffer. Inzwischen sei diese Spielart der Werbung teurer geworden, aber man erreiche auch deutlich mehr Kunden über die Netz-Prominenten. Allerdings änderten sich deren Reichweiten ebenso schnell wie die Beliebtheit der einzelnen sozialen Netzwerke.

Der in Wiesbaden geborene Gründer hat während des BWL-Master-Studiums an der European Business School mit verschiedenen Grünteesorten seine Nervosität vor Klausuren bekämpft. Daraus entstand die Idee, mit gesunden Lifestyle-Teesorten eine jüngere Zielgruppe anzusprechen, die mit der altbackenen Tee-Präsentation im Supermarkt nicht erreicht wird. Die ersten exotischen Sorten tüftelte er aus persönlicher Leidenschaft selbst aus.

Einzelhandel spielt für Vertrieb keine Rolle

„Tee wirkt“, ist der in Taunusstein aufgewachsene Merkhoffer überzeugt. Tee fördere den Stoffwechsel, stärke das Immunsystem und diene der Entspannung. Inzwischen werden die Fitvia-Tees von einem Lager in der Nähe von Wetzlar aus auch in Österreich, Schweiz, Spanien, Polen, Frankreich und Italien vertrieben. 99 Prozent des Umsatzes werden über den Internethandel erzielt. „Der Einzelhandel spielt für uns keine Rolle.“

Einen klassischen Investor hat Fitvia nicht. Nur zwei Business Angels sind in den Anfangsjahren mit einer niedrigen Quote beteiligt worden. „Wir sind organisch gewachsen und haben keinen einzigen Kredit auf der Firma liegen“, berichtet Merkhoffer. Die nächsten Schritte sollen mit dem neuen Mehrheitseigentümer Dermapharm folgen. Das Wachstum werde mit dessen Hilfe im Ausland und über eine Ausweitung des Produktangebots vorangetrieben. Fitvia fühlt sich für Merkhoffer wie ein eigenes Baby an, das immer selbstständiger laufen lernt.

Wirtschaft zittert: Konjunktur und Jobs auf der Kippe

Previous article

Stichproben in der Region: Wie sicher ist mein Job?

Next article

You may also like

Comments

Leave a reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

More in Wirtschaft