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Gericht stoppt Wahl-O-Mat: Angebot „völlig überraschend“ vorerst abgeschaltet

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Millionen Wähler nutzten bisher den Wahl-O-Maten im Netz als Entscheidungshilfe. Doch ein Gericht sieht Kleinparteien dort benachteiligt. Die Bundeszentrale für politische Bildung hat jetzt die Wahl: Klagen – oder die Software überarbeiten.

Köln – Der sogenannte Wahl-O-Mat darf vorerst nicht weiter betrieben werden. Das Verwaltungsgericht Köln verbot der Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn am Montag, das Internetangebot, das eine Orientierungshilfe bei Wahlen geben soll, in seiner derzeitigen Form anzubieten. Es gab damit einem Antrag der Partei „Volt Deutschland“ statt. „Wir schalten umgehend ab“, versicherte ein Sprecher der Bundeszentrale. Am frühen Abend war die Seite nicht mehr zu erreichen.

Das Gericht begründete den Schritt damit, dass man auf der Seite seine politischen Auffassungen nur mit dem Programm von bis zu acht Parteien abgleichen könne. Das sei eine Benachteiligung kleinerer und unbekannterer Parteien. Der Anzeigemechanismus verletze das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf Chancengleichheit. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster eingelegt werden.

Wahl-O-Mat zur Europawahl gestoppt: BpB „völlig überrascht“

Der Sprecher der Bundeszentrale bedauerte die Entscheidung gegenüber der Welt. Ein Sprecher erklärte, dass die Gerichtsentscheidung die Bundeszentrale „völlig überrascht“ habe, schließlich gebe es den Wahl-O-Mat in seiner derzeitigen Form seit 2002. Ob die bpb nun Beschwerde einlegen werde oder eine technische Lösung suche, sei noch nicht entschieden. Inwieweit das technisch möglich sei und welchen Aufwand es verursache, könne er nicht beurteilen, sagte der Sprecher.

Aus Sicht der bpb gelte die Entscheidung des Gerichts nur für den Wahl-O-Mat zur Europawahl. Deshalb werde auch nur dieser und nicht etwa der zur ebenfalls am Sonntag stattfindenden Bremen-Wahl aus dem Netz genommen.

Bisher hatte die Bundeszentrale argumentiert, eine Ausweitung des Programms auf deutlich mehr Parteien sei technisch nicht möglich. Dem war das Gericht aber ausdrücklich nicht gefolgt. Die Bundeszentrale habe eine technische Unmöglichkeit „nicht hinreichend glaubhaft gemacht“, hieß es in der Mitteilung über den Gerichtsbeschluss.

Wahl-O-Mat vor allem für junge Wähler eine Hilfe

Auf der Seite www.wahl-o-mat.de/europawahl2019 konnte man bisher seine Antworten auf 38 Thesen zu unterschiedlichen Themenfeldern der Europapolitik, die von den 41 zugelassenen Parteien und politischen Vereinigungen beantwortet wurden, mit den Positionen von bis zu acht Parteien abgleichen lassen. Ein Prozentwert zeigt den Grad der Übereinstimmung an.

Der Wahl-O-Mat versteht sich als Entscheidungshilfe vor allem für junge Wähler und soll zu einer höheren Wahlbeteiligung beitragen. Inzwischen sei die Nutzung zum „demokratischen Volkssport“ geworden, hatte der Präsident der Bundeszentrale, Thomas Krüger, kürzlich in Berlin gesagt. Nach Angaben der Zentrale wurde der Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl 2017 knapp 15,7 Millionen Mal gespielt. Den Wahl-O-Mat zur Europawahl 2019 hatten bis kurz vor seiner Abschaltung laut bpb über 6,4 Millionen Menschen genutzt.

Die AfD entscheidet sich bei ihrer Aussage zum Austritt Deutschlands aus der EU im Wahl-O-Mat zur Europawahl um. Nicht das erste Mal, dass nachträglich Antworten geändert werden.

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