Politik

Europawahl 2019: Die Kandidaten Weber, Meuthen, Barley, Lucke und andere im Porträt

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Europawahl 2019: Das sind die Kandidaten der großen Parteien, von denen am Ende einer als neuen EU-Kommissionspräsident gewählt werden soll.

Brüssel – Die Uhr tickt. Vom 23. bis 26. Mai können die Bürger in den Mitgliedstaaten der EU ihre Stimme bei der Europawahl 2019 abgeben.

Mittlerweile haben die wichtigsten der derzeit im Europäischen Parlament vertretenen deutschen Parteien ihre interne Wahl getroffen und Spitzenkandidaten aufgestellt. Zwar hat jede europäische Partei einen oder zwei Spitzenkandidaten, doch zusätzlich treten in den EU-Ländern auch nationale Spitzenkandidaten oder Parteilose an. 

Die Bedeutung der Europawahl mag für viele Deutsche noch unklar sein. Dem wollen wir in einer Artikelserie zum Thema Abhilfe schaffen. Wir zeigen die wichtigsten zur Wahl stehenden Kandidaten im Kurzportrait: 

Manfred Weber (CSU): Kandidat der EVP für die Europawahl 2019

Manfred Weber ist nicht nur Stellvertretender Parteivorsitzender der CSU, sondern auch Vorsitzender der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. Bereits seit 2014 sitzt er dort. 

Zur Europawahl 2019 ist er Spitzenkandidat der europäischen konservativen Großfraktion, in der insgesamt 51 christlich-demokratische, bürgerlich-konservative und national-konservative Mitgliedsparteien der Europäischen Union sitzen. Am politischen Aschermittwoch der CSU in Passau Anfang März zeigte er sich im Hinblick auf seine Erfolgschancen bei der Wahl siegesgewiss: „Ich will, ich kann und ich werde Kommissionspräsident werden, mit eurer Unterstützung.“ 

Seine Hoffnungen darauf sind nicht unberechtigt. Laut den aktuellen Umfragen zur Europawahl 2019 dürfte die EVP stärkste Fraktion werden und traditionell hat deren Spitzenkandidat die besten Chancen, auch Präsident der Europäischen Kommission zu werden. 

Doch wofür steht Weber eigentlich? Was ihn privat und politisch ausmacht, verraten wir im Porträt von Manfred Weber. Unter anderem bespricht er etwa Schritte in seiner politischen Karriere stets mit seiner Frau.

Weitere Einblicke, vor allem politischer Natur, gab er zudem beim politischen Aschermittwoch der CSU in Passau. Dort sprach er etwa darüber, wie er einen möglichen EU-Beitritt der Türkei sieht. Zum Brexit und zu seinem Verhältnis zum CSU-Vorsitzenden Markus Söder hat er sich zudem im Interview mit dem Münchner Merkur geäußert. 

Doch zuletzt gab es auch viel Gegenwind für Manfred Weber und die EVP. Der Grund: Viktor Orban, der rechtsnationale ungarische Ministerpräsident und dessen Partei „Fidesz“, die ebenfalls Teil der EVP sind. Orban zieht mit seinem Kurs hin zu einem illiberaleren System in Ungarn und einer Hetzkampagne gegen den aktuellen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker viel Kritik auf sich.

Zwar wurde Orbans Fidesz-Partei vorerst aus der EVP suspendiert, doch der Rauswurf, den viele forderten, ist das nicht. Weber selbst hat die Kritik an dem Kompromiss zurückgewiesen. Er wolle Europa zusammenhalten, sagte er gegenüber dem Deutschlandfunk. Am Ende alle auszuschließen, sei nicht der klügste Weg, so Weber weiter. 

Der Wahlkampf für die Europawahl ist für Weber auch bereits in vollen Zügen im Gange. Der Teilnahme des Vereinigten Königreiches bei der Europawahl (trotz Brexit) steht er im Wahlkampf kritisch gegenüber.

Nationale Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl 2019: Katarina Barley

Mit einer Zustimmung von 99 Prozent war Bundesjustizministerin Katarina Barley im Dezember auf der SPD-Europadelegiertenkonferenz zur nationalen Spitzenkandidatin für die Europawahl gewählt worden. Doch die SPD liegt in den Umfragen aktuell hinter der Union und sogar hinter den Grünen. 

Barley hatte am politischen Aschermittwoch die Union deutlich für den Umgang mit Viktor Orban kritisiert. „Wer Viktor Orban so lange so hofiert hat, wie das die CSU getan hat, ihn immer wieder auf ihre Parteitage eingeladen hat, so jemand will kein funktionierendes Europa, das auf einem solidarischen Geben und Nehmen beruht.“ 

Ihr geht es nach eigenem Bekunden um ein solidarisches und einheitliches Europa. „Was wir brauchen, ist ein wirklich solidarisches Europa, eines, das sich als Einheit begreift und nicht weißblaue Schönwetter-Europäer, die kurz vor der Wahl ihr Fähnlein nach dem Wind hängen.“ 

Der Entwurf für das Programm der SPD zur Europawahl 2019 sei indes vor allem auf Arbeitnehmerrechte und Steuergerechtigkeit ausgerichtet, kündigte Barley im Februar an. 

Wie Weber musste auch sie sich zuletzt Kritik gefallen lassen. Allerdings aus anderen Gründen. Als im Europäischen Parlament über eine Reform des Urheberrechts abgestimmt wurde, stimmte sie für den Beschluss – trotz ihrer Abneigung gegen die sogenannten Upload-Filter. In vielen Städten gab es deswegen Proteste. 

Die ehemalige Familienministerin äußerte sich kürzlich zudem ganz privat. Wie sie dem Spiegel sagte, praktizierten sie und ihr Mann nach der Scheidung das sogenannte Wechselmodell. Heißt, ihre Kinder verbringen etwa genauso viel Zeit beim Vater wie bei der Mutter. 

Nationaler Spitzenkandidat der SPD für die Europawahl 2019: Udo Bullmann

Zweiter Spitzenkandidat der SPD für die Europawahl 2019 auf nationaler Ebene in Deutschland ist der hessische Abgeordnete Udo Bullmann. Er steht direkt hinter Katarina Barley auf der Wahlliste.

Sonderlich präsent in der breiteren Öffentlichkeit ist der Fraktionsvorsitzende der SPE im Europäischen Parlament allerdings bislang nicht. Er und die SPD haben sich vor allem den Kampf gegen die Populisten auf die Fahnen geschrieben.

Beim Parteikongress der SPE im Februar in Madrid sagte er: „Die skandalösen Ungerechtigkeiten unserer Zeit sind sozialer und politischer Sprengstoff, der extremistischen Kräften Vorschub leistet.“ 

Europäischer Spitzenkandidat der Sozialdemokraten: Frans Timmermans

Als Spitzenkandidat für die Europäischen Sozialdemokraten geht der Niederländer Frans Timmermans ins Rennen. Er ist bislang Erster Vizepräsident der Europäischen Kommission hinter Jean-Claude Juncker. Als europäischer Spitzenkandidat der Sozialdemokraten wird er sich vor der Europawahl mit seinem CDU-Pendant Manfred Weber auch ein TV-Duell liefern. 

Wofür er politisch steht, ließ er zum Beispiel auf dem SPE-Parteitag in Madrid im Februar durchblicken. Dort sprach er unter anderem über Fluchtursachen und wie man sie bekämpfen kann. „Dafür braucht es eine neue Partnerschaft mit Afrika und einen umfangreichen europäischen Investitionsplan für Afrika.“ Weiter sagte er: „Jeder Mensch, der im Mittelmeer ertrinkt, hinterlässt eine Narbe auf Europas Seele.“

Europäische Spitzenkandidaten der Grünen: Ska Keller und Bas Eickhout


Die Grünen setzen bei der Europawahl auf ein weitgehend unbekanntes Spitzenduo. Eine von ihnen ist Ska Keller, seit 2016 Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament. Sie wurde bereits im Alter von 27 Jahren ins Europäische Parlament gewählt. 

Die Brandenburgerin, die uns im Interview mit Merkur.de* Rede und Antwort stand, beschäftigt sich vor allem mit Migrations- und Handelspolitik. Zur Seite steht ihr der Niederländer Bas Eickhout. Beide setzen nach eigenem Bekunden auf ein geeintes Europa.

Die Hoffnungen dürften derweil groß sein, diesmal sogar hinter der Union auf Platz zwei zu landen. In den Umfragen vor der Europawahl 2019 lagen die Grünen in Deutschland zuletzt vor der SPD. 

Auch die Grünen hatten sich für einen Ausschluss der Orban-Partei „Fidesz“ stark gemacht. Allen voran Ska Keller. Orban habe in Ungarn die Pressefreiheit ausgehebelt, Universitäten geschlossen und Nichtregierungsorganisationen drangsaliert, kritisierte die Fraktionschefin im Europaparlament. „Wer so jemanden in der Parteienfamilie behält, macht sich dafür mitverantwortlich.“

Auch lobt sie das erfolgreiche Volksbegehren „Rettet die Bienen“ in Bayern. Aus ihrer Sicht habe es die Chance, „das leuchtende Beispiel für ganz Europa“ zu sein. 

Die Flüchtlingspolitik der EU verurteilt sie dagegen als „einfach nur unsolidarisch und furchtbar“. Zwar gebe es Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten, „aber das Problem ist, dass sich viele Regierungen erst bewegen, wenn sich andere Regierungen auch bewegen.“ Da machten sich viele „einen schlanken Fuß“. 

Und das auf Kosten der Menschlichkeit. „Regierungen glauben, dass sie mit Menschlichkeit keinen Blumentopf gewinnen, sondern nur mit einer harten Linie.“ Das sei aber falsch. Dass darüber diskutiert werde, ob man Menschen überhaupt noch aus Seenot retten solle, widerspreche fundamentalen Menschenrechten.

Nationale Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahl 2019: Nicola Beer


Spätestens seit Nicola Beer 2013 Generalsekretärin der FDP wurde, ist sie auf der politischen Bühne keine Unbekannte mehr. Nun ist sie nationale Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahl 2019 und will mit ihrer Partei vor allem mehr Schüleraustausch, eine europäische Armee und weniger Geld für Bauern. 

Die FDP sieht die kommende Europawahl als eine Richtungsentscheidung. „Es geht um ein Europa, das wir stärken müssen, weil wir es brauchen“, sagte Beer zuletzt beim politischen Aschermittwoch in Dingolfing. Sie drängte zudem darauf, aus dem Brexit zu lernen und die Konflikte zwischen „Ost und West, Nord und Süd, großen und kleinen Mitgliedsstaaten“ zu beenden.

Die FDP-Generalsekretärin forderte weiter im Hinblick auf die Europawahl 2019: „Es geht vor allem um ein Europa, das mit einer gemeinsamen, starken Stimme spricht. In der Außenpolitik, in der Verteidigungspolitik, bei Bürger- und Menschenrechten, im Umweltschutz.“

Und sie rief die Anhänger der FDP zum Wählen auf: „Europa ist zu wichtig, um es den Populisten zu überlassen. Egal ob von rechts oder von links.“

Nationale Spitzenkandidaten der Linken: Özlem Alev Demirel und Martin Schirdewan


Das Spitzenduo, das Die Linke für die Europawahl 2019 ins Rennen schickt, dürfte wohl auch den eingefleischten politischen Lesern eher unbekannt sein. Eine bewusste Entscheidung. Man setze absichtlich auf „eine neue Generation, für die Europa gelebte Selbstverständlichkeit bedeutet“, sagt Parteichef Bernd Riexinger.

Deutliche Ergebnisse fuhren die beiden jedenfalls ein. Während Martin Schirdewan trotz eines Gegenkandidaten 83,8 Prozent bekam, votierten für Özlem Alev Demirel 84,4 Prozent. 

Dennoch liegen Zweifel nahe, ob unbekannte Gesichter von Vorteil für den Wahlkampf vor der Europawahl 2019 sind. Überhaupt steht Die Linke nach Sahra Wagenknechts angekündigtem Rückzug vor einer ungewissen Zeit. Kehrt nach den Grabenkämpfen Ruhe ein oder sackt die Partei ohne eine ihrer beliebtesten Politikerinnen ab? Die Wahlergebnis der Europawahl 2019 dürfte ein Gradmesser werden. 

Nationaler Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl 2019: Jörg Meuthen

Trotz ihrer Europa-Skepsis dürfte die AfD bei der Europawahl 2019 auf einige Stimmen spekulieren. Nach einer zähen Wahl hat die rechtspopulistische Partei insgesamt 30 Kandidaten für die Europawahl nominiert. 

Die Spitzenkandidaten der AfD für die Europawahl 2019 sind Jörg Meuthen und Guido Reil. Meuthen ist bereits seit 2017 Abgeordneter im Europäischen Parlament und gleichzeitig Bundessprecher der AfD. Reil ist seit 2017 dritter Beisitzer im Bundesvorstand der AfD.

Lesen Sie auch: Wahl-o-mat zur Europawahl AfD ändert brisante Aussage

Unter den AfD-Politikern gehört Parteichef Jörg Meuthen sicher zu den bekanntesten Köpfen. Und wofür er steht, hat er schon deutlich gemacht: Sollte die EU nicht zu grundlegenden Reformen bereit sein, sei auch der Austritt Deutschlands aus der EU eine Option. „Es ist aber gar nicht das Ziel der AfD, dass wir aus der EU austreten, sondern wir sagen: Das ist die letzte Option“, betonte Meuthen nach dem Europa-Parteitag der AfD im sächsischen Riesa. 

Auch im Streit um die Rolle Orbans in der EVP hat Jörg Meuthen sich klar positioniert. „Ich würde ihm den roten Teppich ausrollen“, sagt er.

Vorerst jedoch hat er andere Sorgen. Denn im Zuge der Affäre um dubiose Wahlkampfhilfen aus der Schweiz gerät der AfD-Chef immer stärker unter Druck.

Nationaler Spitzenkandidat der LKR für die Europawahl 2019: Bernd Lucke

Dass die AfD heute so erfolgreich ist – daran hat er einen entscheidenden Anteil. Bernd Lucke hat die Partei einst gegründet, 2015 hat er sie verlassen. Begründet hatte er diesen Schritt seinerzeit mit dem Rechtsruck der Partei.

Gerade erst fiel er zudem mit einem offenen Brief auf, in dem er die AfD-Mitglieder aufforderte, die rechtsextremistischen unter ihnen auszugrenzen. „Warum lassen Sie es zu, dass die Rechtsextremen bei Ihnen eine Heimstatt gefunden haben?", heißt es etwa in dem Brandbrief des Volkswirtschafts-Professors.

Nach seinem Ausstieg bei der AfD gründete er eine neue Partei namens Alfa. Nach einem Namensstreit musste sich Alfa jedoch in Liberal-Konservative Reformer umbenennen. 

AfD-Gründer und Ex-Parteichef Bernd Lucke tritt zur Europawahl 2019 für die Liberal-Konservativen Reformer (LKR) an.

Nationaler Spitzenkandidat von Die PARTEI: Martin Sonneborn

Ernsthaft auf dem Schirm muss man sie wohl nicht haben, Martin Sonneborn und DIE PARTEI. Die Satiriker fallen allerdings immer mal wieder mit außergewöhnlichen Aktionen auf. Allen voran: Martin Sonneborn. Er sitzt bereits im Europaparlament und tritt auch zur Europawahl 2019 wieder als Spitzenkandidat an.

Zuletzt machte er sich in einer bitterbösen Rede über Bundeskanzlerin Angela Merkel lustig*. Lange hatte Deutschland Kleinstparteien wie DIE PARTEI verbieten wollen. Doch die Sperrklausel wurde Ende Februar abgeschmettert.  

Europawahl 2019: Was Wähler sonst wissen müssen

Die Europawahl findet alle fünf Jahre statt. Jeder EU-Bürger über 18 Jahre darf wählen. In Österreich dürfen sogar 16- und 17-Jährige ihre Stimme abgeben. Alles, was sonst wichtig ist, lesen Sie hier. Wir haben außerdem eine Übersicht über die Wahlprogramme der großen Parteien in Deutschland für die Europawahl zusammengestellt. Wie Sie den Stimmzettel für die Europawahl gültig ausfüllen, lesen Sie ebenso hier nach.

Um im Vorfeld der Wahl auf dem Laufenden zu bleiben, haben wir für Sie unseren News-Ticker zur Europawahl. Hier finden sie alle aktuellen Nachrichten zur Europawahl. 

Der EU-Gipfel findet dieses Jahr in Sibiu in Rumänien statt. Zwei Wochen vor der Europawahl machen sich die 27 Staaten Mut.

*Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks

Katarina Barley (SPD): Ehemann, Kinder und Privatleben der Spitzenkandidatin

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