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Ermittlungen gegen dritten Tatverdächtigen von Chemnitz eingestellt

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Vor vier Monaten wurde in Chemnitz ein Mann gewaltsam getötet. Die Ermittlungen gegen einen von drei Tatverdächtigen wurden nun eingestellt.

18. Januar, 14.59 Uhr: Die Ermittlungen gegen einen dritten Tatverdächtigen im Fall des getöteten Deutschen in Chemnitz sind eingestellt worden. Der Iraker sei zwar zweifelsfrei am Tatort gewesen, teilte die Staatsanwaltschaft Chemnitz am Freitag mit. Dass der Mann jedoch an der Auseinandersetzung beteiligt gewesen sei, habe sich nicht bestätigt.

Ende August 2018 war ein 35 Jahre alter Deutscher erstochen worden. Vor mehr als einer Woche hatte die Staatsanwaltschaft Chemnitz bekanntgegeben, dass sie Anklage gegen einen Syrer erhoben habe. Zudem werde noch immer nach einem weiteren Iraker gesucht.

Versuchter Totschlag: Der erste Tatverdächtige aus Chemnitz wird angeklagt

8. Januar, 14:04: Der gewaltsame Tod eines 35 Jahre alten Chemnitzers am Rande des Stadtfestes kommt vor Gericht. Gut vier Monate nach der Gewalttat hat die Staatsanwalt Chemnitz gegen einen der drei Tatverdächtigen Anklage erhoben. Wie die Behörde am Dienstag mitteilte, wird dem in Untersuchungshaft befindlichen Syrer gemeinschaftlicher Totschlag sowie gemeinschaftlicher versuchter Totschlag und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. 

Laut Staatsanwalt soll der Asylbewerber Alaa S. am 26. August gemeinsam mit dem auf der Flucht befindlichen Iraker Farhad A. den 35 Jahre alten Deutschen durch Messerstiche getötet haben. Zudem sollen beide einem weiteren Mann eine schwere Stichverletzung im Rücken beigebracht haben. Das Verfahren gegen den Iraker, der weltweit mit Haftbefehl gesucht wird, wird den Angaben zufolge abgetrennt.

Das Vorgehen mit dem dritten Tatverdächtigen ist noch unklar

Ob gegen einen dritten Tatverdächtigen Anklage erhoben werde, werde in absehbarer Zeit entschieden, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Der Iraker Yousif A. war Mitte September aus der Untersuchungshaft entlassen worden, weil gegen ihn kein dringender Tatverdacht mehr besteht.

Nach der Gewalttat war es in Chemnitz zu fremdenfeindlichen Übergriffen, rechten Demonstrationen mit zahlreichen Straftaten wie Zeigen des Hitlergrußes sowie Anschlägen auf ausländische Restaurants gekommen.

Beide Täter stachen auf die Männer ein

Im Zuge der Ermittlungen sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft mehr als 100 Zeugen vernommen und eine Vielzahl von Spuren ausgewertet worden. Danach soll sich die Tat wie folgt abgespielt haben: Nach einem lautstarken Streit zunächst nur zwischen dem flüchtigen Iraker und dem später getöteten Daniel H. kam es zu wechselseitigen Tätlichkeiten, wobei der Asylbewerber stürzte.

Der jetzt Angeklagte Alaa S. soll dem Mann dann zu Hilfe gekommen sein. Beide Asylbewerber sollen anschließend mit Messern in Oberarm und Brustbereich des 35-Jährigen sowie in den Rücken eines seiner Begleiter gestochen haben. Daniel H. starb den Angaben zufolge an einem Herzstich und einen Lungendurchstich. Sein Begleiter erlitt eine drei bis vier Zentimeter tiefe Stichverletzung und musste mehrere Tage im Krankenhaus behandelt werden.

Weiter unklar ist der Anlass für den Streit. Ebenfalls noch offen ist die Rolle des auf freiem Fuß befindlichen Irakers.

Am Tatort hatten Familie, Freude, Bekannte und Sympathisanten einen Gedenkort aus Blumen, Kerzen, Fotos und einem Kreuz errichtet. Kurz vor Weihnachten war nach Absprache mit der Familie des Getöteten an gleicher Stelle eine Erinnerungsplatte in den Gehweg eingelassen worden.

dpa

Krawalle von Chemnitz: Drastischer Vorwurf – hat die Polizei Warnungen ignoriert?

21. Dezember: Berlin/Chemnitz – Die Eskalation der Gewalt in Chemnitz im August hätte offenbar verhindert werden können. Der sächsische Verfassungsschutz habe die Polizei im Vorfeld einer Demonstration am 27. August eindrücklich vor gewaltbereiten Rechtsextremisten gewarnt, berichtet der Spiegel laut Vorabmeldung in seiner neuen Ausgabe. Am Tag zuvor war der Chemnitzer Daniel H. mutmaßlich von Flüchtlingen erstochen worden.

Der Inlandsgeheimdienst wies laut dem Nachrichtenmagazin in einem dreiseitigen internen Schreiben auf anreisende rechte Fußballfans und Kampfsportgruppen und einen "sehr hohen Emotionalisierungsgrad" hin. Der Totschlag von Chemnitz werde als "ein willkommener Anlass für erneute körperliche Auseinandersetzungen und gezielte Konfrontationen mit Flüchtlingen, Asylbewerbern und politischen Gegnern gesehen".

Chemnitz: Warnung vor gewaltbereiten Rechten soll unbearbeitet bei Chemnitzer Polizei liegengeblieben sein

Die schriftliche Warnung blieb demnach aber offenbar zunächst mehrere Stunden unbearbeitet in der Polizeidirektion Chemnitz liegen. Warnungen gab es auch von Polizeibehörden aus dem Bundesgebiet, wie aus einem internen Lagefilm der Polizei hervorgeht. So hätten Beamte in Thüringen von einem Mann berichtet, der für Chemnitz mobilisiere und angeblich Zugriff auf 6000 Skinheads habe.

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Die Polizei in Baden-Württemberg registrierte laut Spiegel Anreisen aus der Schweiz und Frankreich. Trotzdem forderte die Chemnitzer Polizei zunächst keine Verstärkung an. Als die Lage eskalierte, waren keine zusätzlichen Polizisten mehr verfügbar.

Spiegel-Bericht zu Chemnitz: Gab es Verbindungen zwischen „Pro Chemnitz“ und einer rechten Terrorzelle?

Wie Recherchen zudem zeigen, gab es offenbar auch Verbindungen zwischen der mutmaßlichen Terrorzelle "Revolution Chemnitz" und den Protesten der rechtspopulistischen Bewegung Pro Chemnitz. Einer der vom Generalbundesanwalt Beschuldigten soll am 14. September als Ordner bei einer von Pro Chemnitz angemeldeten Demonstration aktiv gewesen sein; das habe er in einer Vernehmung ausgesagt.

In Polizeiakten wird der Mann demnach als "politisch motivierter Straftäter rechts" geführt. Pro Chemnitz bezweifelt das dem Bericht zufolge auf Nachfrage; Ordner würden von der Polizei überprüft und Vorbestrafte nicht zugelassen.

Nach dem gewaltsamen Tod des jungen Chemnitzers Ende August war es zu fremdenfeindlichen Übergriffen und Demonstrationen auch rechter Gruppen gekommen, die teils in Gewalttätigkeiten mündeten. Sie sorgten bundesweit, aber auch international für Aufsehen.

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