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Brexit-Abstimmung verschoben: Merkel bittet May zum Krisengipfel

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Nach Bahn-Warnstreik: Auch am Dienstag erhebliche Einschränkungen – damit müssen Pendler rechnen

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Premierministerin wirbt um Zugeständnisse

Brexit-Abstimmung verschoben: Merkel bittet May zum Krisengipfel

Die Brexit-Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien gehen auf die Zielgerade. Am Dienstag stimmt das britische Parlament ab. Für Theresa May wird es eng. Der News-Ticker.

  • Am Dienstag will das britische Parlament über den Brexit-Deal abstimmen, den die Regierung mit der EU ausgehandelt hat. Derzeit zeichnet sich keine Mehrheit für den Deal ab. Scheitert Mays Plan im Parlament, muss sie entweder noch einmal abstimmen lassen – oder es braucht einen Plan B. Die Abstimmung steht noch auf der Kippe.
  • Laut dem Brexit-Deal soll Großbritannien am 29. März 2019 geordnet aus der EU austreten. Danach gilt eine Übergangsphase bis mindestens Ende 2020.
  • Am Montag entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass Großbritannien den Brexit ohne Zustimmung der Europäischen Union doch noch abblasen könnte. May will sich am Nachmittag dazu äußern.
  • Hier finden Sie die Brexit-News der vergangenen Tage.

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06.57 Uhr: In der sich zuspitzenden Brexit-Krise will die britische Premierministerin Theresa May am heutigen Dienstag bei EU-Kollegen um Zugeständnisse werben. May trifft zunächst in Den Haag den niederländischen Regierungschef Mark Rutte und am Mittag in Berlin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Am Montag hatte die Premierministerin in Erwartung einer sicheren Niederlage die für heute im Unterhaus geplante Abstimmung über das Brexit-Abkommen verschoben.

EU-Präsident Donald Tusk berief daraufhin einen Brexit-Gipfel für Donnerstag ein, der am Rande des regulären Gipfels der Staats- und Regierungschefs in Brüssel stattfinden soll. Es werde keine Nachverhandlungen zu dem Austrittsabkommen geben, stellte Tusk klar. Allerdings sei die EU bereit zu Gesprächen darüber, "wie die britische Ratifizierung erleichtert werden kann".

May will nun unter anderem in Berlin vorfühlen, auf welche Zugeständnisse sie hoffen kann. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, Merkel werde May "auf Wunsch der britischen Seite" empfangen – eine eher ungewöhnliche Formulierung. Angesetzt ist das Gespräch demnach auf 13.00 Uhr.

Das waren die Meldungen vom Montag

19.31 Uhr: Nach der Verschiebung des Brexit-Votums im britischen Parlament zeigt sich die EU gesprächsbereit: EU-Präsident Donald Tusk berief am Montag einen Brexit-Gipfel als Sondermaßnahme für Donnerstag ein, der am Rande des regulären EU-Gipfels in Brüssel stattfinden soll. Es werde keine Nachverhandlungen zu dem Brexit-Abkommen geben, allerdings sei die EU bereit zu Gesprächen darüber, "wie die britische Ratifizierung erleichtert werden kann", erklärte Tusk.

Nach Verschiebung der Brexit-Abstimmung: So reagieren Deutschland und die USA

18.16 Uhr: US-Außenminister Mike Pompeo hat Großbritannien enge Beziehungen für den Fall eines harten Brexit in Aussicht gestellt. Sollte Großbritannien die EU ohne ein Abkommen verlassen, "bin ich sehr zuversichtlich, dass wir weiterhin ein besonderes Verhältnis haben werden" – einschließlich beim Handel, sagte Pompeo am Montag dem konservativen Radiomoderator Hugh Hewitt. Die USA und Großbritannien arbeiteten schon jetzt "unglaublich eng an allen Fronten" zusammen.

17.39 Uhr: Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) erwartet keine Änderungen am Brexit-Abkommen mit Großbritannien. Die Vereinbarung sei in "schwierigen Verhandlungen" durch beide Seiten erzielt worden, sagte Maas am Montag in Brüssel. "Ich sehe im Moment nicht, was sich daran ändern sollte." Auch Rufe nach einem zweiten Referendum zum Brexit sah er skeptisch: Aktuelle Umfragen seien "auch nicht so viel anders" wie in der Vergangenheit, sagte Maas.

Nach Paukenschlag: May will auch Nachverhandlungen mit EU

16.55 Uhr: May strebt auch Nachverhandlungen mit der EU über das Brexit-Abkommen an. Sie werde ihren EU-Kollegen die "klaren Bedenken" des britischen Unterhauses vortragen und "weitere Zusicherungen" aus Brüssel verlangen, sagte May am Montag vor den Abgeordneten. Die EU-Kommission hatte zuvor allerdings erklärt, dass sie das Abkommen nicht neu verhandeln wolle.

Mays Posten als Premierministerin wackelt unterdessen mehr denn je. Britischen Medien zufolge stehen mehrere Politiker als mögliche Nachfolger in der Startposition, darunter Innenminister Sajid Javid und Ex-Außenminister Boris Johnson, einer der größten Widersacher Mays.

Paukenschlag: May verschiebt Brexit-Abstimmung

16.40 Uhr: Jetzt ist es offiziell: Theresa May verschiebt eine entscheidende Abstimmung über den Brexit im britischen Unterhaus. Das verkündete die Premierministerin soeben bei einer Rede im Unterhaus in London. "Das Abkommen wäre mit einer beträchtlichen Mehrheit abgelehnt worden", sagte sie.

Ein zu lösendes Kernproblem sei die Situation an der irisch-nordirischen Grenze. Zugleich stellte May klar, sie lehne ein zweites Referendum ab. Ein solches würde das britische Volk „nur weiter spalten“. Oppositionsführer Jeremy Corbyn (Labour) rügte, May und ihre Regierung hätten die Kontrolle verloren. Das Land befinde sich im Chaos.

16.04 Uhr: Hinter den Kulissen laufen offenbar bereits Gespräche über ein mögliches weiteres Vorgehen. Die Chefin der nordirischen DUP, Arlene Foster, erklärte vor wenigen Minuten auf Twitter, sie habe gerade eben ein Telefonat mit Premierministerin Theresa May beendet. 

Neue Erkenntnisse bezüglich der Zukunft des Brexit ergeben sich aus dem Tweet allerdings nicht. Foster erklärte lediglich, sie habe May ihren Standpunkt klargemacht – es sei „zu viel Zeit verschwendet“ worden, ein „besserer Deal“ sei nötig. Ob sich ein solcher finden lässt, ist angesichts der ablehnenden Haltung der EU zu neuerlichen Verhandlungen allerdings fraglich. 

May ist bei Abstimmungen im Unterhaus auf die Stimmen der DUP angewiesen. Der Regierungschefin sonderlich gewogen klang Foster allerdings nicht. „Enttäuscht, dass es so lange gedauert hat, bis die Premierministerin zuhört“, ärgerte sie sich öffentlich.

Brexit: „Erbärmliche Feigheit“ – schottische Regierungschefin wettert gegen mögliche Abstimmungs-Verschiebung

15.23 Uhr: Nach wie vor geht das Gerücht, Theresa May wolle die für morgen geplante Brexit-Abstimmung im Unterhaus absagen. Offiziell ist das aber nach wie vor nicht: Ein Regierungssprecher gab auf Anfrage der dpa keine Bestätigung.

Etwa 100 der 315 Abgeordneten aus Mays Konservativer Partei hatten angekündigt, das vorliegende Brexit-Abkommen nicht zu unterstützen. Viele von ihnen fürchten eine zu starke Bindung an die EU. Auch die nordirische DUP, auf deren zehn Stimmen Mays Regierung im Parlament angewiesen ist, kündigte Widerstand ab. Sie lehnt Sonderregelungen für Nordirland ab. Von der Opposition darf sich May ebenfalls keine Unterstützung erhoffen. May braucht mindestens 320 Ja-Stimmen, um den Deal sicher durch das Parlament zu bringen.

Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon bezeichnete die erwartete Entscheidung, die Abstimmung zu verschieben, am Montag als „erbärmliche Feigheit“. Die konservative Regierungspartei stelle damit ihre eigene Interessen über die des Landes, so Sturgeon. Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, forderte May auf, entweder beim Abkommen nachzuverhandeln oder eine Neuwahl auszurufen. „Wir haben keine funktionierende Regierung“, sagte Corbyn einer Mitteilung zufolge.

Brexit-Abstimmung verschoben? Theresa May äußert sich am Nachmittag

13.42 Uhr: Inmitten von Spekulationen, die britische Regierung könnte das entscheidende Parlamentsvotum zum Brexit-Deal mit der EU verschieben, hat Premierministerin Theresa May für Montagnachmittag eine Rede vor den Abgeordneten angekündigt. Die Rede sei für 16.30 Uhr geplant, teilte eine Parlamentssprecherin mit.

Das Votum ist für Dienstag vorgesehen. Angesichts des breiten Widerstands gegen das Brexit-Abkommen wird allgemein damit gerechnet, dass eine Mehrheit der Abgeordneten dagegen stimmen wird. Eine Niederlage könnte zu Mays Ende als Regierungschefin führen.

13.18 Uhr: Die britische Regierung will die Abstimmung zum Brexit-Abkommen im Parlament Medienberichten zufolge verschieben. Das meldete unter anderem die BBC unter Berufung auf Regierungskreise. Bestätigen konnte ein Regierungssprecher das auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur aber zunächst nicht.

Der Termin war ursprünglich für Dienstagabend angesetzt, doch eine Niederlage für die Regierung zeichnete sich immer deutlicher ab. Das Kabinett war am Vormittag zu einer dringenden Telefonkonferenz einberufen worden. Am Nachmittag (16.30 Uhr MEZ) will sich Premierministerin Theresa May nach Angaben der Labour-Fraktion vor dem Parlament äußern.

Kommission: EU wird Brexit-Vertrag nicht neu verhandeln

13.00 Uhr: Einen Tag vor der Abstimmung im britischen Parlament hat die EU Neuverhandlungen über den Brexit-Vertrag ausgeschlossen. "Wir werden nicht neu verhandeln", sagte eine Sprecherin der EU-Kommission am Montag in Brüssel. "Unsere Position hat sich nicht verändert."

12.51 Uhr: Weitere Reaktionen zum Urteil: „Ich glaube, das ist irrelevant“, sagte Außenminister Jeremy Hunt bei einem EU-Treffen in Brüssel. Er verwies auf die 52 Prozent der Briten, die 2016 für den EU-Austritt gestimmt hätten und eine Verzögerung nicht verstehen würden. „Ich glaube, die Leute wären geschockt und sehr böse und das ist bestimmt nicht die Absicht der Regierung“, sagte Hunt. Der britische Umweltminister Michael Gove äußerte sich in der BBC ähnlich.

Der irische Außenminister Simon Coveney sagte: „Die Zukunft Großbritanniens ist Angelegenheit Großbritanniens.“ Doch beobachte Irland die Entwicklung in London sehr genau, da der Brexit große Folgen für sein Land habe. Coveney bekräftigte, dass die EU Nachverhandlungen ablehne: „Der Deal ist der Deal.“

11.57 Uhr: Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) zeigte sich noch vor dem EuGH-Urteil überzeugt, dass die EU nicht erpressbar werden könne. Das könne er sich nicht vorstellen, sagte Maas in Brüssel. Er hoffe ansonsten, "dass unter Anwendung größtmöglicher Vernunft in London in dieser Woche gute Entscheidungen getroffen werden".

Die europapolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Franziska Brantner, wertete das Urteil als Beleg dafür, dass der Brexit für die Briten nicht unumkehrbar sei. Dies sei vor der Abstimmung im Parlament ein "wichtiges Zeichen für alle, die auf einen Verbleib Großbritanniens in der EU hoffen", erklärte Brantner. Die Tür zum europäischen Haus stehe für die Briten immer offen.

Exit vom Brexit? May unter Druck

10.28 Uhr: Ein Urteil, das alles auf den Kopf stellen könnte: Scheitert Mays Plan im Parlament, muss sie entweder noch einmal abstimmen lassen – oder es braucht einen Plan B. Aus der britischen Regierung und der Opposition mehren sich Signale, dass dann eine engere Anbindung an die EU erwogen werden könnte, zum Beispiel der Verbleib in Binnenmarkt und Zollunion. Nicht mehr undenkbar ist ein zweites Referendum – oder eben sogar ein Rückzieher vom Brexit.

10.27 Uhr: EU-Ratschef Donald Tusk nehme das Urteil zur Kenntnis, werde aber nicht reagieren, hieß es aus EU-Kreisen. Tusk hatte Großbritannien in der Vergangenheit immer wieder angeboten, in der EU zu bleiben.

Der schottische Europaabgeordnete Alyn Smith aus der Grünen-Fraktion erklärte, die EuGH-Entscheidung sende eine klare Botschaft an das britische Parlament, „dass es einen Ausweg aus diesem Schlamassel gibt“. Wenn Großbritannien sich umentscheide, sollte die EU das Land wieder mit offenen Armen empfangen, meinte Smith.

Das Urteil dürfte den Brexit-Gegnern in Großbritannien Auftrieb geben. May hatte noch am Wochenende abermals für ihr Brexit-Paket geworben. Es besteht aus einem knapp 600 Seiten starken Austrittsvertrag, der die Bedingungen der Trennung regelt, so etwa die Rechte der EU-Bürger in Großbritannien und finanzielle Pflichten Londons gegenüber der EU. Ergänzt wird der Vertrag durch eine rechtlich nicht bindende politische Erklärung zu den künftigen Beziehungen.

EuGH: Großbritannien kann Brexit ohne EU-Zustimmung stoppen

Update vom 10. Dezember, 9.15 Uhr: Großbritannien könnte den für 2019 angekündigten Brexit noch einseitig ohne Zustimmung der übrigen EU-Länder stoppen. Dies entschied der Europäische Gerichtshof am Montag in Luxemburg.

Ein Rückzieher der Austrittsankündigung sei „in Übereinstimmung mit den verfassungsrechtlichen Notwendigkeiten“ in Großbritannien möglich. Dann bliebe das Vereinigte Königreich unter unveränderten Bedingungen Mitglied der EU, entschieden die Luxemburger Richter.

Die „eindeutige und bedingungslose Entscheidung“ zum Verbleib in der EU müsse dem Rat schriftlich mitgeteilt werden. Dann bliebe das Vereinigte Königreich unter unveränderten Bedingungen Mitglied der EU, entschieden die Luxemburger Richter.

EuGH-Urteil zum Brexit könnte von entscheidender Bedeutung sein

Ein Rückzieher von der Absicht zum Austritt sei wie diese selbst ein souveräner Akt des Mitgliedsstaats. Würde man die Zustimmung der übrigen Staaten zur Bedingung machen, widerspräche das dem Prinzip, dass kein EU-Land gegen seinen Willen zum Austritt gezwungen werden könne, erklärte der EuGH.

Abgeordnete des schottischen, des britischen und des Europaparlaments hatten eine Klärung dieser Frage angestrebt. Das oberste schottische Zivilgericht legte den Fall dem EuGH vor. Die Entscheidung der Luxemburger Richter könnte für einige britische Abgeordnete bei der geplanten Abstimmung am Dienstag ein weiteres Argument sein, gegen die Vereinbarung zu stimmen.

Wichtige Entscheidung heute: Können die Briten den Brexit zurückziehen?

Update vom 10. Dezember, 9.05 Uhr: Vor der Brexit-Abstimmung am Dienstag im Londoner Parlament haben die Richter in Luxemburg das Wort. Das oberste EU-Gericht urteilt, ob Großbritannien den Austritt aus der Europäischen Union ohne Zustimmung der übrigen EU-Länder stoppen könnte.

Es sind Schicksalstage für Großbritannien und die EU: Vor der entscheidenden Abstimmung über das Brexit-Abkommen am Dienstagabend im Parlament in London richten sich die Blicke nach Luxemburg. Dort urteilt das oberste EU-Gericht am Montag, ob Großbritannien den Austritt aus der Europäischen Union ohne Zustimmung der übrigen EU-Länder stoppen könnte. Das oberste schottische Zivilgericht hatte den EuGH um diese Bewertung gebeten. (Rechtssache C-621/18).

Der zuständige EuGH-Generalanwalt meint, die Entscheidung liege allein in London. Seine Meinung ist aber nur eine Einschätzung, der der EuGH nicht zwingend folgen muss – dies allerdings meistens tut. Folgen ihm die Richter, wäre die Schwelle für eine Abkehr vom Brexit viel niedriger als gedacht. Für diesen Fall fürchtet die EU allerdings, dass andere Länder dem britischen Vorbild folgen könnten: Austritt androhen, auf Zugeständnisse hoffen und Austritt zurückziehen. Selbst wenn die EU in diesen Fällen keine Zugeständnisse machen würde, könnte sie auf den Kosten des jahrelangen Prozesses sitzen bleiben und in ihrer Handlungsfähigkeit geschwächt werden.

Großbritannien hatte der EU im März 2017 offiziell die Absicht zum Austritt mitgeteilt. Damit begann ein zweijähriges Verfahren, das nach jetzigem Stand mit dem Brexit am 29. März 2019 endet.

Brexit: EuGH-Urteil fällt einen Tag vor der wichtigen Abstimmung im britischen Parlament

Das Urteil in Luxemburg fällt einen Tag vor der Abstimmung des britischen Parlaments über das von Regierungschefin Theresa May mit der EU mühsam ausgehandelte Brexit-Vertragspaket. Dafür zeichnet sich keine Mehrheit ab. Im Falle einer Niederlage sind auch ein Rücktritt Mays und Neuwahlen möglich.

„Wenn ihr den Brexit wollt, dann holt ihn euch, und darum geht es bei diesem Deal“, sagte May der „Mail on Sunday“. Oppositionsführer Jeremy Corbyn warte nur darauf, Neuwahlen zu erzwingen. Ein Nein zum Deal würde große Unsicherheiten mit sich bringen. Es bestünde dann auch die Gefahr, dass Großbritannien gar nicht mehr die EU verlasse.

Scheitert Mays Plan im Parlament, muss sie entweder noch einmal abstimmen lassen – oder es braucht einen Plan B. Aus der britischen Regierung und der Opposition mehren sich Signale, dass dann eine engere Anbindung an die EU erwogen werden könnte, zum Beispiel der Verbleib in Binnenmarkt und Zollunion. Nicht mehr undenkbar ist ein zweites Referendum.

Der sozialdemokratische Europawahl-Spitzenkandidat Frans Timmermans lud die Briten ausdrücklich ein, den Brexit zu stoppen. Die Welt und die EU hätten sich seit dem Brexit-Votum 2016 geändert, sagte der Vizepräsident der EU-Kommission in Lissabon.

„El Mundo“: Der Brexit wird Mays politisches Grab sein

Update 10. Dezember, 8.17 Uhr: Der Premierministerin des Vereinigten Königreichs Theresa May weht auch in der internationalen Presse ein harscher Wind entgegen. Zur bevorstehenden Brexit-Abstimmung im Londoner Parlament schreibt die spanische Zeitung „El Mundo“ am Montag: „Wenn es sich nicht um den größten historischen Fehler der letzten Jahrzehnte handeln würde, müsste man das lächerliche Bild, das die britische Regierung in punkto Brexit abgibt (…), als Scherz auffassen. Theresa May scheint nicht in der Lage zu sein, im britischen Parlament die nötige Unterstützung zu bekommen, um für die Austrittsvereinbarung mit der EU grünes Licht zu haben (…). Der Brexit ist die Geschichte eines Scheiterns und soweit abzusehen ist, das politische Grab für May.“

Auch die Tagesthemen urteilten mehrfach vernichtend über den Brexit. Eine Kommentatorin sprach von Abscheu und Empörung. 

Wer will was im Brexit-Streit? Der aktuelle Stand im britischen Parlament

Update 10. Dezember, 5.03 Uhr: Am Dienstag, 11. Dezember, soll das britische Parlament über das ausgehandelte Brexit-Abkommen abstimmen. Premierministerin May zieht alle Register, um für den Deal zu werben – doch es dürfte sehr schwer werden, eine Mehrheit zu bekommen. Die Lage im Parlament ist kompliziert.

London (dpa) – Die britische Premierministerin Theresa May braucht 320 Stimmen im Parlament in London, damit ihr Brexit-Abkommen sicher ratifiziert wird. Derzeit sieht es nicht so aus, als könne sie genügend Abgeordnete von ihrem Deal überzeugen. Grob gerechnet muss May rund 100 Abgeordnete auf ihre Seite ziehen oder doppelt so viele zu einer Enthaltung bringen. Welches Lager will was im Parlament?

Tory-Loyalisten (dafür): Mindestens 150 Abgeordnete aus der konservativen Fraktion gelten als absolut loyal. Sie haben neben ihrem Mandat Jobs in der Regierung und müssten sie abgeben, um gegen das Abkommen zu stimmen. Premierministerin May kann insgesamt wohl auf rund 220 treue Parteifreunde hoffen.

Brexit: Diese Parteien sind gegen das ausgehandelte Abkommen

Konservative Brexit-Hardliner (dagegen): Bis zu 80 Mann stark ist die so genannte European Research Group um den exzentrischen Hinterbänkler Jacob Rees-Mogg. Wie viele Parlamentarier aus dieser Gruppe auf jeden Fall mit Nein stimmen werden, ist unklar. May müsste aber den Großteil dieser Gruppe auf ihre Seite ziehen, um eine Chance zu haben. Knapp 30 Parlamentarier haben bereits versucht, May zu stürzen.

In London hatten sich zuletzt Anhänger von Ukip für den Brexit demonstriert. Unter die Anhänger der Partei der EU-Gegner hatten sich auch Rechtsextremisten gemischt.

Labour-Loyalisten (dagegen): Labour-Chef Jeremy Corbyn spekuliert auf eine Neuwahl, sollte das Brexit-Abkommen scheitern. Rund 180 Abgeordnete dürften seinem Aufruf folgen und gegen den Deal stimmen.

DUP (dagegen): Die zehn Abgeordneten der nordirischen Protestantenpartei könnten zum Zünglein an der Waage werden. Parteichefin Arlene Foster lässt allerdings keinen Zweifel daran, dass ihre Partei das Abkommen nicht unterstützen will. Zudem droht die DUP damit, die Regierung fallen zu lassen. Die DUP will keinerlei Sonderstatus für Nordirland akzeptieren, wie er im Brexit-Abkommen vorgesehen ist. May ist seit der vorgezogenen Neuwahl im vergangenen Jahr auf die Stimmen der DUP angewiesen. Fraglich ist, ob sich die Nordiren mit weiteren Geldversprechen für ihre wirtschaftlich abgehängte Provinz kaufen lassen.

EU-freundliche Labour-Hinterbänkler (dagegen):

Auf den Hinterbänken bei Labour ist eine starke Bewegung entstanden, die ein zweites Referendum und eine Abkehr vom Brexit fordert. Die rund 60 Parlamentarier um den charismatischen Abgeordneten Chuka Umunna dürften das Abkommen ablehnen.

Weitere Opposition (dagegen): Die Schottische Nationalpartei (SNP), die Liberalen, Grünen, die Waliser-Partei Plaid Cymru – die kleineren Oppositionsparteien haben gemeinsam rund 50 Abgeordnete. Die meisten haben sich klar gegen den Brexit positioniert und fordern ein zweites Referendum. SNP-Fraktionschef Ian Blackford gehört zu den entschiedensten Kritikern des Abkommens.

Brexit: Diese Parteien sind für das ausgehandelte Abkommen

EU-freundliche Tories (halb-halb): Eine Gruppe von rund zwölf Abgeordneten um den ehemaligen Generalstaatsanwalt Dominic Grieve kämpft für eine möglichst enge Anbindung an die EU oder gar eine Abkehr vom EU-Austritt. Im Brexit-Abkommen dürften einige die Chance sehen, wenigstens einen harten Bruch mit der EU zu vermeiden.

Labour-Rebellen (dafür): Bis zu 20 Labour-Abgeordnete könnten versucht sein, für Mays Brexit-Abkommen zu stimmen. Entweder, weil sie selbst vom EU-Ausstieg überzeugt sind, oder, weil sie wie die Abgeordnete Caroline Flint in ihren Wahlkreisen eine große Brexit-Wählerschaft haben.

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